Freidenker
Freidenker sind Menschen ohne religiöse Bindung, die sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren und sich zum Humanismus bekennen.
Im Gegensatz zum älteren (und eher abwertenden) Begriff des Freigeistes, d.h. dessen, der nach Immanuel Kant keine Pflicht und keinen moralischen Grundsatz anerkennt, bestehen Freidenker zwar auf ihrer Unabhängigkeit von Glaubensregeln wie Tabus und Dogmen, beziehen sich aber ausdrücklich auf ethische Grundsätze von Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Gewaltverzicht.
Weil im 19. Jahrhundert nicht-kirchliche feierliche Zeremonien zu Geburt, Erwachsenwerden, Heirat und Bestattung praktisch unmöglich sind, entwickeln Freidenker eine Reihe weltlicher Riten wie Namensweihe (heute oft Begrüßungsfeier genannt), Schulentlassungsfeier (später Jugendweihe oder Jugendfeier), Lebensbundfeier und feierliche Feuerbestattung.
Auch heute, wo vieles möglich, aber oft wenig festlich ist, bietet der Freidenker-Verband Anleitung und Unterstützung bei der Gestaltung weltlicher Riten an.
Geschichte
Ursprünge in England und Frankreich
Free-Thinker nennen sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts Deisten in England, die sich zwar gegen die Institution der Kirche und deren umfassenden Einfluss auf die menschlichen Lebensumstände wenden, nicht jedoch gegen den Gottesglauben an sich. Diese Bezeichnung wird 1697 erstmals von William Molyneux in einem Brief an John Locke verwandt und 1713 durch Anthony Collins in seinem Discourse of Free-Thinking populär gemacht. Erst die französischen Enzyklopädisten wie Denis Diderot, Jean le Rond d'Alembert und Voltaire besetzen den Begriff Libre-Penseur stärker atheistisch.Deutsche Freigeister, Freireligiöse, Freidenker und Monisten
In Deutschland wird bereits im Vormärz (1815-1848), also in den Jahren vor der europäischen Märzrevolution von 1848, der Widerstand bürgerlicher Freigeister gegen die Dogmen der Kirche deutlich geäußert. Ab 1844 entstehen unter dem Einfluss von Johannes Ronge und Robert Blum zahlreiche freireligiöse Gemeinden, die sich 1859 zum Bund Freireligiöser Gemeinden zusammenschließen. Dieser Bund besteht noch heute, einige Gemeinden nennen sich mittlerweile Freie Humanisten. In dem 1881 in Frankfurt am Main von Ludwig Büchner gegründeten Deutschen Freidenkerbund versammeln sich die ersten ausdrücklichen Atheisten. In Hamburg entsteht im Frühjahr 1882 die sozialdemokratische Freidenker-Gesellschaft – das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, bekannt unter der Bezeichnung Sozialistengesetz, ist noch in Kraft. Schließlich wird 1906 von Ernst Haeckel der Deutsche Monistenbundbund gegründet.Spaltung und internationale Vereinigung
Die Arbeiter-Freidenkerbewegung trennt sich in vielen Ländern mehr und mehr von der ersten, eher "bürgerlichen" ab, was 1925 in Teplitz-Schönau zur Gründung der Internationale Proletarischer Freidenker führt, die sich 1930 weiter in die sozialdemokratische IPF und die kommunistische IpF aufspaltet. 1931 wird auf dem XXII. Weltkongress des Internationalen Freidenkerbundes in Berlin diese Spaltung wieder aufgehoben, die sozialdemokratische Internationale Proletarischer Freidenker und der Internationale Freidenkerbund verschmelzen zur Internationalen Freidenkerunion (IFU), der sich 1936 auch die kommunistische IpF anschließt.Unterdrückung und Widerstand
Von den Nationalsozialisten werden in Deutschland ab 1934 unterschiedslos fast alle Freidenkerorganisationen verboten. Viele Freidenker sind im Widerstand aktiv, der damalige Vorsitzende des Freidenker-Verbandes Max Sievers wird 1944 hingerichtet.Neubeginn
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bilden sich zahlreiche Gruppierungen neu, seit 1951 besteht der Deutsche Freidenker-Verband und ist seit 1952 Mitglied der Weltunion der Freidenker mit Sitz in Paris.Weltliche Riten
Literatur
Weblinks