Formenbau
Der Formenbau ist ein Spezialgebiet des Werkzeugbaus und stellt Werkzeuge (Formen) für die Massenproduktion her.In der Massenproduktion hergestellte Gegenstände werden in der Technik, im Haushalt usw. verwendet. Mit Hilfe von Formen ist ab einer gewissen Mindeststückzahl eine kostengünstige und schnelle Teileherstellung gewährleistet. Der Formenbau beschäftigt sich hautpsächlich mit der Herstellung von dreidimensionalen, aber auch zweidimensionalen Formen. Die eigentliche Form besteht in der Regel aus gehärtetem oder vergütetem Werkzeugstahl oder aus Hartmetall. Die meistens sehr genauen Formkonturen werden mit Hilfe von verschiedenen Werkzeugmaschinen eingearbeitet.
Verfahren
Der Formenbau dient der Herstellung von Werkzeugen (Formen) für verschiedenste Verfahren:
- Spritzgießen (Verarbeitung von Kunststoff)
- Druckgießen (Verarbeitung von Nichteisen-Legierungen, z. B. Aluminium, Magnesium und Zink)
- Spritzpressen
- Formpressen
- Strangpressen
- Gesenkschmieden (Verarbeitung von Metall)
Formbestandteile
Der Formenbau hat unter anderem die Aufgabe, die verschiedensten Werkstücke nach Konstruktionszeichnung und NC-Daten herzustellen, die zusammen mit eingekauften Normteilen und Normalien ein komplettes Werkzeug ergeben. Insgesamt kann eine fertig montierte Form aus bis zu mehreren hundert Einzelteilen Formbestandteilen bestehen.
Eine Form (Werkzeug) besteht mindestens aus einer Matrize, welche das Negativ der Außenform für das herzustellende Massenteil bildet. Um die Innenform dieses Teils zu bilden wird der so genannte Kern benötigt.
Der Formaufbau besteht aus mehreren Teilen und dient verschiedensten Funktionen. Matrize und Kern werden darin in abgestimmter Position zu einander festgehalten. Das Werkzeug kann mit Hilfe von Aufspannplatten einfacher auf der Verarbeitungsmaschine befestigt werden. Auch ein Angusssystem (Heißkanal) und die Ausstoßerei befindet sich im Aufbau. Daneben erfüllt der Formaufbau aber noch weitere Funktionen.
Entformung
Je nach Verfahren wird ein herzustellendes Massenteil anders entformt. Zum Teil werden komplizierte Mechanismen angewendet, um ein Teil aus dieser Form wieder herauslösen zu können. Die kompliziertesten Mechanismen werden beim Spritzgießen und beim Druckgießen angewendet. Neben ganz gewöhnlichen Ausstoßern oder Abstreifern werden Schieber, Schrägausstoßer oder sogar Zusammenfallkerne verwendet, um Hinterschnitte entformen zu können. Diese Entformungsvarianten können auch miteinander kombiniert werden.
Schwindung
Damit die verschiedenen Materialien (Werkstoffe) in der Massenfertigung verarbeitet werden können, müssen diese erwärmt werden oder es entsteht bei der Verarbeitung Wärme. Beim Abkühlen wird dabei das endgültige Werkstück etwas kleiner. Diese Verkleinerung nennt man Schwindung (Schwund). Die Schwindung hängt hauptsächlich vom verwendeten Material, aber auch vom angewendeten Verfahren, dessen Verarbeitung und weiteren Faktoren ab. Die Schwindung muss bei der Herstellung einer Form berücksichtigt werden. Das heißt, dass eine Kontur (jedes Maß) um einen bestimmten Prozentsatz vergrößert werden muss. Dies wird in der Konstruktion berücksichtigt.
Oberflächenbeschaffenheit
Ein Massenteil weist immer eine ganz bestimmte Oberflächenbeschaffenheit und Rauheit auf. Diese Oberflächenbeschaffenheit muss beim Herstellen einer Form berücksichtigt werden. Je nach Bedürfnis des Endkunden wird die Oberfläche einer Form poliert, nach einem bestimmten Muster strukturiert (z. B. ätzen oder sandstrahlen) oder im angewendeten Herstellungsverfahren der entsprechenden Werkzeugmaschine belassen.
Wichtige Funktionen in einer Form:
Bei komplexeren Formteilkonturen kann die Ausstoßerei auch aufwändigere Funktionen wie Schrägausstoßer, Hülsenauswerfer oder Flachauswerfer beinhalten. Die Ausstoßerei ist zum Teil durch Endschalter abgesichert um Fehlmanipulationen und damit einer Beschädigung der teuren Formpartien vorzubeugen.
Solche Hinterschnitte am Formteil können eine Form massiv verteuern, auch wenn diese nur sehr klein sind. Die Lage des Hinterschnittes, welche die Richtung der Entformung angibt, ist mitbestimmend für den Aufwand zur Herstellung eines Werkzeuges.
Schieber werden entweder mechanisch durch Schrägzugbolzen während dem Öffnen der Form oder hydraulisch betätigt, um das Spritzteil oder Gussteil bei den Hinterschnitten zu befreien.
In bestimmten Situationen ist auch eine Heizung notwendig, um zum Beispiel eine Form auf eine gewisse Temperatur für das Giessen zu bringen.
Die heutige Fertigung verlangt immer schnellere Wechsel der Produkte und damit kleinere Serien, die hergestellt werden (Just-in-Time). Bei den damit verbundenen häufigen Wechseln der Form auf der Produktionsmaschine kann ein Schnellspannsystem sinnvoll sein. Dieses vereinfacht die Aufspannung und den schnellen Anschluss von Kühlung, Hydraulik oder Pneumatik.
Angusssystem
Der Anguss dient der Materialzuführung an das zu giessende Werkstück und kann unterschiedlich ausgestaltet sein. Das Werkstück wird entsprechend dem Kundenwunsch entweder über eine "Rübe", einen Tunnel (Tunnelanguss), evtl. mit Kaltkanal oder durch ein ganzes Heisskanalsystem (Hotrunner) angegossen. Der Preis einer Form wird wesentlich von der Angussart mitbestimmt. Dafür können bei der Verarbeitung je nach Angussart wieder Kosten eingespart werden.Ausstoßerei
Die Ausstoßerei dient der Entformung eines gespritzten oder gegossenen Teiles. Sie besteht im Wesentlichen aus einer Ausstoßplatte und einer Halteplatte sowie von der Teilekontur abhängigen Anzahl, in der Regel runden Auswerfern. Die von der Halteplatte durch einen Bund festgehaltenen Auswerfer werden via Ausstoßbolzen und Ausstoßplatte nach vorne geschoben, um das Teil aus der Form auszuwerfen respektive auszustoßen.Schieber
Schieber dienen dazu, Partien zu entformen, die nicht in normaler Entformungsrichtung entformt werden können. Das heisst, dass das gespritzte oder gegossene Teil nicht durch das alleinige Öffnen der Form in der so genannten Trennebene entformt werden kann. Diese Partien nennt man Hinterschnitte. Kühlung oder Heizung
Die Kühlung einer Form bestimmt wesentlich die Zykluszeit in der Produktion und damit die Kosten des herzustellenden Serienteiles. Je besser die Kühlung, desto kürzer ist die Zykluszeit. Auch der Teileverzug und damit die Qualität des gespritzten oder gegossenen Teiles kann damit beeinflusst werden.Aufspannung
Um eine Form in der Giessmaschine zu befestigen dient in der Regel beidseitig eine Aufspannplatte. Diese wird meistens mit Spannnuten versehen, die auf den entsprechenden Maschinentyp abgestimmt sind.Zusatzfunktionen
Immer öfter werden vom Kunden Zusatzfunktionen erwartet, die nur indirekt mit dem eigentlichen Werkzeug (Form) in Verbindung stehen:Zufuhr- oder Handlingssystem
Zur Entnahme der gespritzten oder gegossenen Teile oder für die Zuführung von Einlegeteilen wird ein Handlingssystem benötigt. Es dient der Automatisierung in der Produktion, unter anderem auch für den Schichtbetrieb.Entgratwerkzeug
An der Trennung der beiden Fromhälften entsteht ein Grat (Formtrenngrat). Dieser wird zusammen mit dem Angusssystem und den allfälligen Überlauf per Stanzentgraten entfernt.Engineering
Die heutige Entwicklung von Produkten verlangt nach parallelem Arbeiten zwischen Kunde und Werkzeughersteller. Man nennt dies Simultaneous Engineering, welche die Entwicklungszeit für Produkte verkürzt. Ein Teil oder die gesamte Engineeringarbeit kann dabei auch durch den Formenbau ausgeführt werden.