Expedition Endurance
Die Expedition Endurance beschreibt Ernest Henry Shackletons gescheiterte Antarktisdurchquerung, bei der er und seine 27 Männer ein gefährliches Abenteuer auf dem weissen Kontinent bestanden.
Offizieller Name der Expedition war "Imperial Trans-Antarctic Expedition". Ehrgeiziges Ziel war es, die Antarktis zu überqueren, eine Strecke von 2.900 Kilometern. Es war das letzte, große antarktische Abenteuer, nachdem Roald Amundsen und Robert Falcon Scott bereits 1911 den Südpol erreicht hatten.
Am 1. August 1914, drei Tage bevor Großbritannien Deutschland den Krieg erklärte, startete die Endurance, Shackletons neues Expeditionsschiff von den Docks Londons Richtung Antarktis. An Bord befanden sich neben Shackleton 27 weitere Männer. Shackleton bot sich und sein Expeditionsteam zwar noch der britischen Admiralität als Kriegsteilnehmer an, doch mittels eines Telegramm mit dem simplen Befehl "Proceed" (was sich mit: "Machen Sie weiter" übersetzen ließe), lehnte die Admiralität ab. Das Deckblatt, das Shackletons Bibel ziert, trägt eine Widmung der Königin Alexandra (Gemahlin von König Georg V) für die Mannschaft der Endurance:
Am 5. Dezember 1914 startete die Endurance vom Hafen des südgeorgischen Grytviken.
Ein Teil des Expeditionsteams wurde an Bord der Aurora am Ross-Schelfeis abgesetzt mit der Aufgabe, für den anderen Teil des Expeditionsteams, die von der Weddell-Meer aus die Antarktis überqueren wollten, Lebensmitteldepots anzulegen.
26. Februar 1915: Shackleton lässt die Endurance für die Überwinterung vorbereiten. Die Mannschaftskabinen, die eher ausserhalb des Schiffes liegen, werden geräumt; Die Mannschaft zieht in den wärmeren Schiffsbauch. Sie nennen ihre neue Bleibe das "Ritz". Am 1. Mai geht die Sonne unter, um erst drei Monate später wieder aufzugehen, Temperaturen von minus 26 Grad Celsisus sind keine Seltenheit. Routineaufgaben halten die Männer bei Laune und am Leben, jeder Geburtstag und jedes Ereignis werden gefeiert.
Am 3. Juni 1915, dem 181. Tag der Expedition, treibt die Endurance weiterhin gen Norden. Das Team ist jetzt schon 250 Kilometer nordwestlich von ihrem südlichsten Punkt. Die Stimmung an Bord ist auf dem Tiefpunkt.
Ab 26. Juli kann Shackletons Mannschaft wieder den Sonnenaufgang beobachten, da diese wieder aufgegangen ist. Doch das Frühjahr bringt Veränderungen ins Eis, oft bietet sich ein Anblick wie nach einem Erdbeben. Das treibende Eis kratzt immer stärker am Schiff.
Drei Wochen lang versuchen sie, das Schiff zu retten, indem sie Wasser abpumpen, das Eis hacken, und Befestigungen bauen. Doch am 27. Oktober 1915 wird die Endurance letztendlich am 327. Expeditionstag vom Packeis zerstört.
Shackleton und seiner Besatzung bleibt nichts anderes übrig, als auf dem Treibeis auszuharren, bis sie das offene Meer wieder erreichen können. Bei 69°S/51°W waren sie weit entfernt von jeglicher Zivilisation: Nach Südgeorgien sind es 1.800 Kilometer, nach Kapstadt ca. 5.700 Kilometer.
Seine Bibel lässt Shackleton zurück, als das Gepäck für die Reise reduziert werden muss. Nur die Widmung und einen Vers aus dem Buch Hiob nimmt er mit:
Doch die Männer sind bald müde, nachdem sie einige Tage pro Tag zehn Kilometer gewandert sind - jedoch wegen der Umwege nur 1,5 Kilometer tatsächlich vorankommen. Es wird beschlossen, weiter auf den Eisschollen nach Norden zu treiben, um dann später noch einmal zu versuchen, zu entkommen.
1. November 1915: Das Lager "Ocean Camp" wird nahe der zerstörten Endurance (2,5 Kilometer Entfernung) errichtet. Gejagte Tiere bringen benötigte Nahrung und Brennstoff. Die Langeweile lässt die Zeit nicht verstreichen; Die Encyclopaedia Britannica wird oft als Referenz verwendet, wenn über Geburtenraten, Kunst im alten Ägypten oder Schiffskonstruktion diskutiert wird.
23. Dezember 1915: Ein weiterer Ausbruch aus dem weissen Gefängnis scheitert; Das Lager "Patience Camp" wird errichtet. Mitte Januar 1916 lässt Shackleton die Hunde töten, um an Lebensmitteln zu sparen, was die durch die Langeweile gereizte Stimmung weiter senkt.
Die Eisscholle, auf der das "Patience Camp" steht, wird zusehends kleiner. Am 8. April 1916 ist sie nur noch ein Dreieck mit ca. 100 Meter Kantenlänge. Angst breitet sich aus, da keiner weiss, wie lange das brüchige Eis noch halten wird. Shackleton plant, mit den Booten auf Elephant Island in 100 Kilometer Entfernung zuzusteuern. Sein Optimismus ist jetzt zurück, er ist humorvoll wie früher. Am 9. April starten sie gegen 13:30. Es ist eine äußerst gefahrvolle Fahrt zwischen den treibenden Packeis. Trotz aller Gefahr ist wenigstens Frank Worsley auch in der Lage, die sie umgebenden treibenden Eisschollen auch zu genießen und in ihnen wunderliche Gestalten zu sehen:
Am 14. April 1916 entdecken die Mannschaft die Clarence-Insel, die Elephant Island benachbart liegt. Kurze Zeit später wird auch sie gesichtet: Shackleton gratuliert Worsley.
Im Morgengrauen des 498. Tags, dem 15. April 1916, landeten sie auf dieser Insel, die zu den südlichen Shetlandinseln gehörte. Nach einer Verlegung des ersten Lagers auf dieser Insel nennen sie ihr neues Lager "Cape Wild".
Es bestand keinerlei Chance, dass sie von dieser Insel zufällig gerettet würden und der antarktische Winter stand kurz bevor. So entschied sich Shackleton für den Versuch, mit fünf seiner Männer und dem am wenigsten beschädigten Rettungsboot, der James Caird, die 700 Meilen entfernte Walstationen auf Südgeorgien zu erreichen. Das Unternehmen ist mutig: Mit einem Rettungsboot 1.200 Kilometer im Südatlantik zu dieser Jahreszeit fahren ist ein großes Wagnis.
Die Mannschaft, die den Versuch wagen will, besteht aus Shackleton selbst, seinem Navigator Frank Worsley, dem 2. Offizier Tom Crean, dem Zimmermann Harry McNeish, dem Seemann Timothy McCarty und dem Matrosen Jack Vincent. Sie wollen für die Überfahrt hin und zurück nur einen Monat benötigen.
Bereits am dritten Tag war alles an Bord vollkommen durchnäßt, auch die sechs Schlafsäcke aus Rentierhäuten. Am sechsten Tag ist die Ortsbestimmung möglich: 58°38'S/50°W. Am achten Tag müssen sie mit Äxten das Eis von der James Caird schlagen und der Kompaß arbeitet fehlerhaft.
Trotzdem gelingt es Shackleton und dem Skipper der Endurance, Frank Worsley in einer seemännischen und navigatorischen Meisterleistung nach 15 Seetagen Südgeorgien um 12:30 zu erreichen. Erst am 10. Mai schaffen sie es an Land zu gehen. Nach 48 Stunden ohne Wasser essen und trinken die Männer, fangen langsam wieder an zu leben.
Sie landeten jedoch an der unbewohnten Küste dieser Insel, so dass dieser unglaublichen Reise ein ebenso unglaublicher Gewaltmarsch von Shackleton und zwei seiner Begleiter über den Bergrücken der Insel folgte. In die James Caird bringt die Männer nichts mehr, also schied die Umrundung der Insel aus. Shackleton muss mit seinen Begleitern Gletscher und Berge überqueren, die noch nie zuvor bestiegen wurden und benötigt für die 30 Meilen trotz der winterlichen Bedingungen nur 36 Stunden. Am 20. Mai 1916 erreichen sie die Stromness Walstation.
Als sie den Manager des Walfangstation treffen, gibt es ein überraschendes Wiedersehen: Thoralf Sørlle war 1914 Gast auf Shackletons Schiff. Die Männer erfahren, dass der Krieg noch nicht vorbei ist. Am nächsten Tag werden die Männer in der anderen Bucht der Insel abgeholt.
Viel können die Männer nicht tun; Die Tage bestehen aus Essen, Schlafen, Jagen, Tagebuch schreiben. Samstags spielt der Meteorologe Leonard Hussey auf einem geretteten Banjo - die Mannschaft hat so viel Zeit, dass sie bald zu alten Melodien neue Verse singt. Im August 1916 warten die Leute schon vier Monate. Die Stimmung ist düster.
Die Leute um Shackleton raten ihm jetzt schon, er sollte auf die "Discovery" warten, die um den 14. August 1916 einen englischen Hafen Richtung Falkland-Inseln verlässt; Er habe doch schon alles menschenmögliche getan, um seine Kameraden zu retten. Doch Shackleton will nicht warten, nimmt seine ganze Kraft zusammen und bittet die chilenische Regierung um die "Yelcho".
Am 30. August 1916, am 635. Tag nach Aufbruch der Expedition, findet der Kapitän der "Yelcho" zur Mittagszeit das Lager der zurückgebliebenen Mannschaft. Als diese das Schiff erspäht, kommt große Aufregung ins Lager: Alle rennen zum Strand, rufen und winken wild mit den Händen; Die letzte Dose Petroleum wird als Signal verwendet. Als Shackleton im Boot näherkommt, ruft er: "Sind alle wohlauf?" - die Antwort von Frank Wild: "Ja, alle gesund, alle wohlauf."
Auf der Rückfahrt reflektiert Shackleton nochmal über das Abenteuer: Zehn Monate Herumirren mit der "Endurance"; Fünf Monate auf Eisschollen; Zwei Wochen Bootsfahrt für ihn, vier Monate verlassenes Warten für seine Mannschaft - aber alle leben noch. "Ich habe es geschafft" schreibt er seiner Frau Emily.
3. September 1916: Die "Yelcho" geht in Punta Arenas an Land, der gesamten Mannschaft wird ein ehrwürdiger Empfang bereitet. Eine Woche lang werden sie gefeiert. Im Dezember des selben Jahres startet Shackleton selbst mit einem neuen Schiff von Südgeorgien aus, um die Expeditionsteilnehmer zu erreichen, die vom Ross-Schelfeis aus Nahrungsmitteldepots aus angelegt hatten.
Als ob die weisse Hölle nicht schon genug Abenteuer wäre, ziehen die meisten von Shackletons Leuten in den Krieg. Einige fallen, Shackleton ist bei Kriegsende 44 Jahre alt.
Beginn der Expedition und Untergang der Endurance
Die Expedition beginnt
1913 soll in der Londoner Times eine Anzeige erschienen sein, die zu den berühmtesten in der Geschichte dieser Zeitung zählt und die Shackleton veranlasst haben soll:
"Men wanted for hazardous journey. Small wages. Bitter cold. Long months of complete darkness. Constant danger. Safe return doubtful. Honour and recognition in case of success."
Gesucht wurden Teilnehmer für eine Antarktis-Expedition, die bis heute trotz ihres Scheiterns zu den berühmtesten der Antarktisfahrten zählt.
(frei übersetzt etwa: "Für die Mannschaft der Endurance von Alexandra. 31. Juli 1914. Möge Gott Euch helfen, eure Taten zu vollbringen + Euch durch alle Gefahren an Land und zu Wasser geleiten. 'Möget Ihr die Werke Gottes + all seine Wunder in der Tiefe sehen'.").Die Endurance strandet
Die Endurance erreichte am 10. Januar 1915 das Wedell-Meer erreichte, doch bereits am 19. Januar 1915 wurde sie vom Packeis "wie eine Mandel in einem Stück Schokolade" eingeschlossen. Befreiungsversuche mit Hacken scheitern und das Packeis treibt die Endurance mit der Strömung immer weiter vom Kontinent fort.
schrieb Shackleton über die Tage, in denen die Endurance im Eis gefangen war.Shackletons Fehler
Shackleton hatte eine Abneigung gegen die Planung von Details, und so war auch die Expedition Endurance schlecht vorbereitet:
Ähnliche Fehler hatten ihm schon vorher Probleme bereitet (Skorbut, Lebensmittel- und Brennstoffmangel), aber er war offensichtlich nicht gewillt, aus ihnen zu lernen. Er ist zu stürmisch, und will unbedingt den Zeitplan einhalten, als dass ihm diese Dinge sorgen machen.Die Reise mit der James Caird
Märsche durchs Eis
Da die Endurance nun zerstört war, gab es keinen Grund für das Team, noch an dieser Stelle zu bleiben. Shackleton will einen Fußmarsch zur Paulet-Insel wagen, wo es eine Hütte eines schwedischen Teams mit Lebensmitteln geben soll. Zudem würde der lange Weg die Männer auf andere Gedanken bringen, die Stimmung heben.
Auch die Boote werden trotz ihres hohen Gewichts mitgenommen. Am 30. Oktober 1915, nur drei Tage nach Zerstörung der Endurance, brechen sie auf.Reise nach Elephant Island
Nach langer Fahrt in den Booten mit Übernachtung auf Eisschollen kann Worsley, der Navigator, zum ersten Mal die Position bestimmen. Eine Enttäuschung erfüllt die Männer, als sie erfahren, dass die Strömung sie über 50 Kilometer abgetrieben hat; Sie sind jetzt weiter von Elephant Island entfernt, als vor ihrer Abreise. Shackleton belügt seine Leute, er will die Stimmung nicht noch weiter trüben. Er sagt nur, dass sie nicht so weit gekommen seien, wie sie erhofft hatten.Shackleton holt Hilfe
Die James Caird ist nicht länger als 6,7 Meter, ihre Bootswände kaum höher als die Wände einer Badewanne. Keiner der sechs an Bord hat ausreichend Platz, um auch nur aufrecht zu sitzen, als sie am Ostermontag, dem 24. April 1916 aufbrechen.Rettung der 22 Männer auf Elephant Island
Die restliche Mannschaft auf Elephant Island wartet nun schon seit vier Wochen. Mit Felsblöcken wurden unter gemeinsamer Anstrengung zwei Mauern hochgezogen, die jetzt gegen den Schnee und die Stürme mit bis zu 160 km/h Windgeschwindigkeit schützen. Der Kommandant der Gruppe ist Frank Wild.Erster Rettungsversuch (Fischtrawler "Southern Sky")
Shackleton chartert am 21. Mai 1916 die "Southern Sky", einen Walfänger von der Station Husvik. Er kommt mit dem Schiff bis 130 Kilometer an seine Leute heran, muss aber umkehren als der Kohlevorrat des Schiffs zur Neige geht. Am 31. Mai 1916 gehen sie auf den Falkland-Inseln an Port Stanley an Land.Zweiter Rettungsversuch (Forschungsschiff "Instituto de Pesca No. 1")
Die britische Regierung kann Shackleton frühestens im Oktober ein Schiff anbieten. Shackleton weiss aber, dass das viel zu spät sein wird. Er bekommt von der uruguayischen Regierung ein kleines Fischereiforschungsschiff, die "Instituto de Pesca No. 1". Am 17. Juni 1916 stechen er, Worsley und Crean in See. 35 Kilometer vor der Küste Elephant Islands liegt ein Eisring, der weder zu umfahren noch zu durchbrechen ist. Nach einigen Tagen müssen sie erneut umkehren.Dritter Rettungsversuch ("Emma")
Shackleton setzt auf einem britischen Postschiff nach Südamerika über, nach Punta Arenas. Die Landsleute bringen genug Geld auf, damit Shackleton die "Emma" chartern kann. Am 12. Juli verlässt er Punta Arenas wieder, mit der "Emma" und dem chilenischen Dampfschiff "Yelcho". Doch die "Emma" ist zu schwach, und bald muss Shackleton zum dritten Mal umkehren. Er ertränkt seine Sorgen im Whisky und schreibt seiner Tochter Cecily von seinen Männern.Vierter Rettungsversuch ("Yelcho")
Die "Yelcho" ist ein altes Schiff in schlechtem Zustand, absolut ungeeignet für das Eismeer, aber Shackleton will jedes Risiko eingehen. Seine Leute auf Elephant Island müssten jetzt schon fast dem Hunger erlegen sein, je nachdem wie glücklich sie auf der Jagd waren. Shackleton ist dennoch frohen Mutes, er ist sich sicher, dass er es diesesmal schaffen wird.Literatur
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