Exonym
Ein Exonym (v. griech.: exo "außerhalb", -onymos "Name") ist in der Namensgebung (Toponomastik) eine Ortsbezeichnung (Toponym), die – im Gegensatz zum Endonym – nicht an diesem Ort, sondern an einem anderen Ort eine geläufige oder übliche Ortsbezeichnung ist.Exonyme haben den Vorteil, dass sie in der jeweiligen Sprache leichter auszusprechen sind und - wo nötig - gebeugt werden können (z.B.: Mailänder Scala, statt Scala von Milano).
Exonyme sind ein natürlicher Bestandteil einer jeden Sprache. Wie viele es aber gibt, variiert sehr stark und hat vor allem mit folgenden Komponenten zu tun:
- soziale Kontakte
- gemeinsame Geschichte
- Sprachgeschichte: Im Laufe der Zeit kann sich die Aussprache eines Ortsnamens verändern
- in der Ausgangssprache, während in der Zielsprache die ursprüngliche Aussprache erhalten bleibt, vgl. alttschechisch Praga > deutsch Prag (neutschech. Praha); altfranz Paris (ausgesprochen: [pa'ris]) > deutsch Paris (aber neufranz. = [pa'ʁi] ohne -s)
- in der Zielsprache, während in der Ausgangssprache keine Veränderung eintritt, vgl. mittelhochdeutsch = Schweizerdeutsch Schwyz "(als Orts-, Kantons- und Landesname)" > später mittelhochdeutsch Schweiz (Diphthongierung)
- lautliche Kompatibilität zwischen Ausgangs- und Zielsprache:
- auf der Ebene der Einzellaute d. h. sind die Einzellaute eines betreffenden Toponyms in der Zielsprache vorhanden oder müssen sie durch einen passenden ähnlichen Laut ersetzt werden, vgl. span Madrid (ausgesprochen = [ma'ðrið]) > deutsch Madrid (ausgesprochen = [ma'dʀɪt])
- auf der Ebene der Phonotaktik (Verbindungen von Einzellauten), vgl. deutsch Schweiz > finn Sveitsi (ausgesprochen = ['svejtsi]), also mit Ersatz des im Finnischen unbekannten
(= [ʃ]) durch (= [s]) und durch den Sprossvokal -i am Wortende, da ein Wortauslaut -ts im Standardfinnischen unmöglich ist.
Die Medien haben im Falle seltener auftretender Exonyme einen entscheidenden Einfluss auf ihren Fortbestand. War Barcelona mit [ts] vor den Olympischen Spielen von 1992 ein weit verbreitetes und akzeptiertes lautliches Exonym, gilt die typisch deutsche Aussprache inzwischen beinahe als ignorant.
Neben der Zeit sind das Ausmaß sprachlicher Bildung, aber auch das Selbstverständnis und Selbstvertrauen im Hinblick auf die eigene Sprache entscheidende Faktoren im Umgang mit Exonymen. Stellt man etwa spanische und deutsche Muttersprachler gegenüber, unterscheiden sie sich in diesen beiden Punkten beträchtlich.
Deutsche Exonyme für fremdsprachige Toponyme sind beispielsweise:
- Kalkutta für Kolkata
- Peking für Beijing
- Florenz für Firenze
- Nizza für Nice
- Venedig für Venezia
- Lissabon für Lisboa
- Rom für Roma
- Neapel für Napoli
- Arnheim für Arnhem
- Prag für Praha
- Belgrad für Beograd
- Ungarn für Magyarország
- Griechenland für Ellas
- Albanien für Shqipëria
- Mark Aurel für Marcus Aurelius
- Ludwig XIV für Louis Quatorze
- Konfuzius für 孔夫子 bzw. 孔子
- Cologne (en., frz.) für Köln
- Aix-la-Chapelle (en., frz.), bzw. Aquisgrán (span.) für Aachen
- Lipsk (ru.) für Leipzig
- Monaco (it.) für München
- Bécs (ung.) bzw. Beč (serbisch und kroatisch), für Wien
- Celovec (slo.) für Klagenfurt
- Gradec (slo.) für Graz
- Njemačka, Nemačka, Niemcy, Němačko etc. für Deutschland in slawischen Sprachen
- Allemagne (frz.) für Deutschland
- Saksamaa (fin.) für Deutschland
- Vakucija (let.) für Deutschland
- Nimsa (arab.) für Österreich
- Rakousko (tschech.) für Österreich
Literatur
Otto Back, Übersetzbare Eigennamen. Eine synchronische Untersuchung von interlingualer Allonymie und Exonymie, Wien 32002, ISBN 3706901463