Eurozentrismus
Unter \'Euro-, bzw. Ethnozentrismus' versteht man im allgemeinen das subjektive Urteil nach einer, durch die eigene Gesellschaft bestimmten, Norm- und Werteskala. Eurozentrismus, ist somit eine Einstellung, die Europa unhinterfragt in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns stellt.Eine totale Befreiung von jeder Form von Hervorhebung oder Anstrengung eines Vergleichs scheint dem menschlichen Auffassen unmöglich. Dies wird auch beim Lesen der Definitionen in alten Enzyklopädien ziemlich schnell klar. Jede der Definitionen von Europa weicht irgendwann vom rein wissenschaftlichen Jargon ab und streut einige propagandistisch angehauchte Sätze zum Standpunkt Europas in der Welt ein.
Besonders deutlich wird dies in der ältesten der konsultierten Enzyklopädien (1741-2000). Nachdem sowohl Mythos als auch Geographie behandelt sind, beginnt ein neuer, wohl kaum auf wissenschaftliche Forschung beruhender Teil.
So schreibt beispielsweise Zedler 1741: "Obwohl Europa das kleinste unter allen 4. Theilen der Welt ist, so ist es doch um verschiedener Ursachen willen allen übrigen vorzuziehen. [...] Es hat an allen Lebensmitteln einen Ueberfluß. Die Einwohner sind von sehr guten Sitten, höflich und sinnreich in Wissenschaften und Handwercken."
Gegen Ende des Textes geht die positive Beschreibung so weit, dass man erfährt, es sei allein der Geschicklichkeit und Tapferkeit der Europäer zuzuschreiben, dass sie die vortrefflichsten Teile der Welt in ihren Machtbereich gebracht haben. Außerdem werden einige geläufige Stereotypen als wissenschaftlich vertretbar angenommen. Außerdem wird versucht bestimmte zu verstärken und andere, weniger schmeichelhafte, zu widerlegen:
"Die Teutschen sind verständig, aufrichtig, tapffer und arbeitsam, wurden aber vorzeiten insgemein der Trunckenheit beschuldiget, deren sie doch mehr aus einer Gewohnheit als Trieb ihrer Natur ergeben gewesen."
Dennoch ist dies nicht nur eine Erscheinung, die im 18. Jahrhundert Gang und Gebe war. Auch in den anderen Erklärungen finden wir solche semiwissenschaftliche Erzählungen zum Stand Europas. In der Brockhaus Enzyklopädie von 1954 beinhaltet bereits der ersten Satz zum Stichwort Europa europazentristisches Gedankengut. Hier heißt es, Europa sei seiner „terrestrischen Gliederung wie seiner kulturhistorischen und politischen Bedeutung nach unbedingt der wichtigste unter den fünf Erdtheilen, über die er in materieller, noch mehr aber in geistiger Beziehung eine höchst einflussreiche Oberherrschaft erlangt hat.“ Später heißt es weiter, dass Europa, da ansonsten eben so klein, wohl vom „tüchtigsten und zur politischen Entscheidung geschicktesten“ Menschenschlag bewohnt sein muss. In der Enzyklopädie vom selben Verlag aus dem Jahre 1968 ist von diesen Europazentrismen nichts mehr zu spüren, sieht man davon ab, dass Schwarze aus den ehemaligen Kolonien nach wie vor pejorativ als „Neger“ bezeichnet werden und die überholte Rassenlehre immer nocheingesetzt wird: „Rassistisch betrachtet überwiegen die Europiden“ . Ansonsten ist dies eine sehr wissenschaftliche und unpolemische Erklärung und setzt sich somit deutlich vom Vorgänger ab.
= Literatur =
Zedler, Johann Heinrich Grosses Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden worden [1741] 2. vollständige photomechanischer Nachdruck, Akademische Druck und Verlagsanstalt, Graz, 1998
Meyers Konversationslexikon 3. Auflage, Vlg. des Bibliographischen Instituts, Leipzig, 1875
Brockhaus Enzyklopädie, F.A. Brockhaus, Wiesbaden, 1954
Brockhaus Enzyklopädie, F.A. Brockhaus, Wiesbaden, 1968