Essener
Die Sekte der Essener oder Essäer (aramäisch die Frommen) wurde vermutlich um 150 v. Chr in Erwartung des nahen Weltendes gegründet. Sie bildete bis 70 n. Chr neben den Pharisäern und den Sadduzäern die dritte, jeweils sowohl von Josephus Flavius als auch von Philo von Alexandria erwähnte bedeutende religiöse Gruppe jener Zeit und Gegend. Im Neuen Testament werden die Essener hingegen nicht erwähnt. Doch könnten sowohl Johannes der Täufer als auch Jesus ihnen (zeitweise) nahe gestanden haben. Wegen vieler Gemeinsamkeiten mit der Qumran-Sekte erscheint es mittlerweile sehr wahrscheinlich, dass es sich in diesen beiden Fällen um eine einzige Gruppierung oder bei den Qumran-Essenern um eine Untergruppe der Essener handelt.Die Essener können als Vorläufer späterer Mönchsorden angesehen werden. Sie lebten getrennt vom Tempeljudentum und in Anlehnung an Jer 31,31-34 als Neuer Bund in klösterlicher Einsamkeit. Sie forderten asketische Ordensgemeinschaft mit Gütergemeinschaft, ähnlich den ägyptischen Therapeuten bei Alexandria, bei denen es allerdings auch weibliche Mitglieder gab. Wie die Pharisäer wandten sie sich gegen die Ernennung Jonatans zum Hohenpriester und widersetzten sich seiner Führung. Das Priesterkönigtum der Hasmonäer verabscheuten sie.
Die Sektenmitglieder waren überzeugt, die letzten wahren Gläubigen ihrer Zeit und somit auch die letzten Gläubigen am Ende der Zeit zu sein. Charakteristisch für ihr streng geregeltes Leben waren die täglichen Waschungen, das tägliche Kultmahl und die genau festgelegte Rangordnung. Zu ihrer Endzeitlehre gehörte unter anderem die Vorstellung von der Auferstehung des Fleisches. Von Ideen aus dem iranischen Raum beeinflusst, erwarteten sie einen welterschütternden Kampf zwischen den Mächten des Guten und den von Satan, dem Fürst der Finsternis, angeführten Heeren des Bösen als Vorzeichen der Endzeitkatastrophe.
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Überlieferungen
Die ältesten und wichtigsten Quellen zu den _Essenern_ aus dem 1. Jahrhundert n. Chr stammen von Philo von Alexandria, Josephus Flavius und Plinius der Ältere.
Philo von Alexandria
Aus seinem Werk Quod omnis probus liber sit erfahren wir:
Es ist aber auch das palästinische Syrien nicht unfruchtbar an sittlicher Vortrefflichkeit. In diesem Land wohnt ein nicht geringer Teil des sehr menschenreichen jüdischen Volkes. Einige unter ihnen werden Essener genannt, über Viertausend an der Zahl. Ihr Name ist meiner Meinung nach - mit einer ungenauen Wortprägung der griechischen Sprache - von Heiligkeit abgeleitet, da sie im höchsten Maße zu Dienern Gottes wurden, nicht durch Tieropfer, sondern dadurch, dass sie es für ihre Pflicht halten, ihren Geist zu heiligen. Das erste was an ihnen hervorsticht, ist, dass sie in Dörfern wohnen und vermeiden, in Städte zu kommen wegen der Ruchlosigkeit, die den Bewohnern der Städte zur Gewohnheit wurde. Sie wissen nämlich, dass der Umgang mit Ruchlosen die Seelen unheilbar infiziert wie eine Krankheit, die durch todbringende Luft hervorgerufen wird. Einige von ihnen bearbeiten das Land, andere befassen sich mit Künsten, welche den Frieden fördern, und so bringen sie sich selbst und ihrer Umgebung Nutzen. Sie verwahren weder Silber und Gold in der Schatzkammer noch erwerben sie große Ländereien aus Gier nach Einkünften, sondern beschaffen sich lediglich, was zum notwendigen Lebensbedarf gehört. Sie sind fast die einzigen von allen Menschen, die nicht aus Mangel an Glücksgütern, sondern vielmehr mit Absicht weder Geld noch Land besitzen und dabei doch für sehr reich gehalten werden, weil sie es als ein Übermaß an Reichtum - was es ja auch ist - betrachten, wenig zu bedürfen und genügsam zu sein. Man kann bei ihnen niemanden finden, der Pfeile, Speere, Dolche, Helme, Brustpanzer oder Schilde herstellt, sowie überhaupt keinen Waffenschmied, Kriegsmaschinenbauer oder sonst jemanden, der Dinge anfertigt, die im Krieg gebraucht werden. Sie betreiben aber auch nichts, was zwar dem Frieden dient, jedoch leicht zur Bosheit verleiten kann. Denn Großhandel, Krämerei und Reederbetrieb kennen sie nicht einmal im Traum, da sie alles verabscheuen, was Anlass zur Habsucht geben kann. Sklaven gibt es bei ihnen überhaupt nicht, sondern alle sind frei und leisten einander Gegendienste. Herren, die Sklaven haben, beurteilen sie geringschätzig nicht nur als ungerecht, weil sie die Gleichheit verletzen, sondern auch als gottlos, weil sie die Satzung der Natur zerstören, die alle in gleicher Weise gebar und nährte wie eine Mutter und sie zu wirklichen Brüdern machte, und das nicht nur dem Namen nach, sondern tatsächlich.Josephus Flavius
Er erwähnt die Essener sowohl in den Jüdischen Altertümern (8,1), als auch in seinem Der jüdische Krieg. Das folgende Zitat stammt aus letzterem (Buch 2, Kapitel 8, Abschnitt 2):
Bei den Juden gibt es nämlich drei Philosophenschulen: die Pharisäer, die Sadduzäer und schließlich die Essener, von denen allgemein behauptet wird, dass sie sich tatsächlich um eine besondere Selbstheilung bemühen. Es sind der Abstammung nach Juden, die sich jedoch in besonderem Grade einander vebunden fühlen. Sie lehnen jede sinnliche Lust ab und sehen darin eine SÜnde, während sie Enthaltsamkeit und den Widerstand gegen die Begierden als Tugend erachten. Über die Ehe urteilen sie abträglich, doch nehmen sie Kinder anderer auf, solange sie noch in einem bildungsfähigen Alter stehen, und sehen in ihnen Zugehörige und formen sie nach ihren Idealen. Damit lehen sie die Ehe und die daraus entstandene Nachkommenschaft wohl nicht gemeinhin ab, doch sie verschanzen sich gegen die Lüsternheit der Frauen, von denen sie überzeugt sind, dass sie in keinem Fall einem einzigen Mann die Gattentreue bewahren.Plinius der Ältere
In seiner Historia Naturalis schreibt er:
Westlich des Toten Meeres leben die Essener. Sie halten sich von der Küste entfernt, soweit diese gefährlich ist. Sie sind Außenseiter und Leute, die man mehr als alle anderen auf der Welt bewundern muß. Sie haben keine Frauen, führen ein keusches Leben, haben kein Geld und lieben die Palmen. Sie erneuern sich tagtäglich gleichmäßig; denn jene, die des Lebens überdrüssig sind, strömen ihnen in Massen zu. Das wechselvolle Schicksal treibt sie dazu, ihren Gepflogenheiten zu folgen. So lebt denn für Tausende von Generationen - es ist schier unglaublich! - ein ewiges Volk, in dem kein einziger Mensch geboren wird. Wie fruchtbar ist für sie aber die Reue über das andere Leben!