Enrico Dandolo
Enrico Dandolo († 1205) war 1192-1205 der Doge von Venedig. In seine Amtszeit fiel der Vierte Kreuzzug.
Herkunft und Werdegang
Dandolo entstammte einer prominenten venezianischen Familie. Sein Vater Vitale war ein enger Berater des Dogen Vitale II Michiel, ein Onkel, der ebenfalls Enrico hieß, war der Patriarch von Grado. Diese Männer wurden beide alt, so dass der junge Enrico bis zu seinen eigenen sechziger Jahren in ihrem Schatten stand.
Dandolos erster Auftritt auf der politischen Bühne fand 1171 und 1172 statt, als die byzantinische Regierung zuerst den Besitz tausender von Venezianern konfiszierte um sie schließlich einzukerkern. Durch den aufgebrachten Volkswillen hatte sich der Doge zunächst gezwungen gesehen, Truppen für eine Vergeltungsexpedition zu sammeln. Diese fiele jedoch, durch die Pestepidemie im Frühjahr 1171 dezimiert, auseinander. Stattdessen wurden Dandolo und ein anderer Botschafter zu Verhandlungen nach Konstantinopel geschickt.
In den folgenden Jahren reiste Dandolo noch zweimal in diplomatischer Mission zu König Wilhelm II. von Sizilien und 1183 nochmals nach Konstantinopel, um über die Wiederherstellung des venezianischen Viertels in der Stadt zu verhandeln.
Er war alt (zumindest in den späten Siebzigern), als er ins Amt kam und zudem blind, aber körperlich und intellektuell außergewöhnlich leistungsfähig. 1202 strandeten die Kreuzfahrer des Vierten Kreuzzuges in Venedig und waren nicht in der Lage, die vielen von Venedig angemieteten Schiffe zu bezahlen, da sich weit weniger Truppen als erwartet hatten anwerben lassen. Dandolo erkannte, daß der einzige Weg, die Schiffe zu vorteilhaft zu nutzen, darin lag, ein venezianisches Kontingent auf den Kreuzzug zu schicken. In einer ergreifenden und Aufsehen erregenden Zeremonie in der Basilika San Marco di Venezia nahm Dandolo das Kreuz. Bald folgten Tausende Venezianer seinem Beispiel. Dandolo stellte sich rasch an die Spitze der venezianischen Kreuzzugsbewegung.
Zara und Konstantinopel
Urprünglich war die direkte Überfahrt nach Ägypten geplant, Dandolo überzeugte die Truppen jedoch, in der dalmatinischen und früher von Venedig kontrollierten Hafenstadt Zara, heute Zadar, die unter ungarischer Herrschaft stand, zu landen. Viele Kreuzfahrer ahnten, was er vorhatte und verweigerten ihre Hilfe. Andere ließen sich von Dandolos Versprechen, daß ihre während der Wartezeit in Venedig angehäuften Schulden getilgt würden, überzeugen. Der Papst verbot den Angriff und exkommunizierte das gesamte Kreuzfahrerheer dafür.
Zara wurde belagert und am 15. November 1202 erobert. Kurz danach traf Alexios Angelus, Sohn des abgesetzten byzantinischen Kaisers Isaak II, in der Stadt ein und überzeugte die Anführer der Kreuzfahrer mit Dandolos Hilfe, Konstantinopel zu belagern. Sein Plan war, hierdurch auf den Thron des byzantinischen Reiches zu gelangen. Als Konstantinopel schließlich am 12. April 1204 fiel, war Dandolo direkt beteiligt. Er war noch rüstig genug, um an einer Expedition gegen die Bulgaren teilzunehmen und starb 1205. Er ist in der Hagia Sophia in Konstantinopel beigesetzt; sein Grab ist noch heute erhalten, auch wenn man es wegen seiner Kleinheit leicht übersieht.
Erblindung
Es ist nicht bekannt, wann und auf welche Weise Dandolo erblindete. Eine nach dem Vierten Kreuzzug kursierende (und von manchen Historikern akzeptierte) Erzählung läßt ihn durch die Byzantiner während seiner Mission 1171 geblendet werden. Wahrscheinlicher aber geschah es infolge einer Kopfverletzung zwischen 1176 und seinem Antritt des Dogenamtes 1192.Literatur
Vorgänger: 'Orio Mastropiero | Doge von Venedig | Nachfolger: Pietro Ziani |