Elektronische Beschaffung
Unter elektronischer Beschaffung versteht man die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen über das Internet. Sie wird auch E-Procurement genannt. Sie wird vorallem im Bereich des betrieblichen, also des professionellen Einkaufs genutzt.Mit diesem Begriff wird üblicherweise erst dann operiert, wenn gesicherte Zugänge in Extranets oder Intranets erfolgen. Häufig werden dabei VPNs benutzt (virtual private network), die besonders abgesichert sind und für Dritte nicht zugänglich sind.
Table of contents |
2 Halboffene Systeme 3 Offene Systeme 4 Der Nutzen 5 Öffentliche Beschaffungen 6 Sicherheitsaspekte 7 Technische Realisierung 8 Kommerzielle Realisierung |
Geschlossenes System
In einem geschlossenen System werden die beiden Firmennetze des Lieferanten und des einkaufenden Unternehmens miteinander verbunden. Dies bedeutet im Regelfall einen erheblichen Aufwand, um die Schnittstellen einander anzupassen. Verwenden beide Firmen bzw. Organisationen gleichartige Softwaresysteme, gestaltet sich der verbund einfacher. Heutzutage erfolgt häufig über die plattformneutrale Beschreibungssprache XML die Datenübertragung. Gleichwohl bleibt immer noch ein erheblicher Aufwand zur Einrichtung. Aus diesem Grund rentieren sich solche Systeme nur, wenn ein erheblicher Beschaffungsumfang zwischen dem Lieferanten und dem Kunden erfolgt. Dies ist z. B. bei Zulieferern der Automobilindustrie der Fall.
Das Schaubild zeigt die grundsätzliche Anordnung. Links haben wir das Netz des Lieferanten, rechts das des Kunden. Die Daten werden zwischen beiden Netzen über das Internet ausgetauscht. Das übliche VPN ist eingezeichnet.
Daneben werden Übertragungsfehler vermieden, die beim Wiedereinlesens des Papiers ansonsten erfolgen können - auch automatische Scanner arbeiten nicht völlig fehlerfrei. Die Verfügbarkeit der Ware kann sofort geprüft werden und so sofort die Entscheidung getroffen werden, ein Ersatzprodukt auszuwählen, das Projekt zu verschieben oder einen anderen Lieferanten zu beauftragen.
Üblicherweise werden in solchen Systemen nicht nur die Beschaffungsvorgänge als solche elektronisch abgewickelt. Insbesondere die Rechnungsstellung erfolgt meist ebenfalls über das System. Hierbei müssen die entsprechenden Vorschriften der Finanzverwaltung für die steuerliche Anerkennung der elektronischen Rechnungen berücksichtigt werden.
Ebenfalls automatisiert werden üblicherweise die Rabattsysteme sowie diverse statistische Auswertungen.
Halboffene Systeme
Insbesondere von Großhändlern mit vielen Kunden (Einzelhändlern) werden halboffene Systeme bereitgestellt. Solche Systeme sind auf Lieferantenseite in das interne Netz eingebunden, während auf der Kundenseite typischerweise zwei Varianten angeboten werden. Über eine Standardschnittstelle, die in einem Browser läuft, können die Kunden unmittelbar in die Abläufe des Lieferanten eingreifen, Bestellungen plazieren, den Stand der Lieferung verfolgen, den Lagerbestand ansehen usw. Meist wir parallel dazu eine Schnittstelle (z. B. mit Java) angeboten, über die der Kunde die Anbindung in sein eigenes System selbst vornehmen kann oder dies durch ein Softwarehaus erledigen lassen kann.Offene Systeme
Insbesondere bei indirekten Gütern (MRO) finden häufig auch offene Systeme, die meist asynchron und per Internet miteinander verbunden sind. Der Datenaustausch findet auf Basis von Produktkatalogen statt, die meist in größeren zeitlichen Abständen (Wochen bis Monate) von den Lieferanten per Datei bereitgestellt und vom Einkäufer geprüft werden. Die dazu nötigen Prozesse definiert das Katalogmanagement. Der Nutzen
Durch die unmittelbare Verbindung zweier interner Netze ergeben sich für beide Seiten meist erhebliche Prozesskosteneinsparungen. Die betriebsinternen Vorgänge (= Prozesse) erfolgen ohne einen so genannten Medienbruch. Ohne E-Procurement werden Bestellungen normalerweise im Kundensystem auf Papier ausgedruckt, in irgendeiner Weise (Telefax, Postversand) dem Lieferanten übermittelt und dort wieder in das Lieferantensystem eingegeben. Die Ersparnis dieses Umwegs über Papier betrifft sowohl Kosten als auch insbesondere Zeit.Öffentliche Beschaffungen
Eine besondere Bedeutung gewinnt das E-procurement bei öffentlichen Beschaffungen. Durch Rechtsänderungen sind seit kurzem elektronische Ausschreibungen möglich geworden und derzeit in der Testphase. Die Verbindlichkeit der Angebote erfolgt z. B. durch elektronische Signatur.Sicherheitsaspekte
Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der elektronischen Beschaffung ist die Sicherheit der Daten.
Technische Realisierung
Die technische Realisierung ist sehr vielfältig. Die Datenübertragung mit XML ist neueren Datums. Bei bestehenden Systemen werden meist noch eigens entwickelte Datenformate benutzt. Als Programmierbasis wurde häufig Java genommen. Dies setzt aber eine klare Definition der technischen Anforderungen an den Rechner der anderen Seite voraus und wird daher in der Praxis nur bei geschlossenenen Systemen eingesetzt. Bei halboffenen Systemen kann ein Einsatz erfolgen, wenn die eine Seite die Marktmacht besitzt, dem Vertragspartner die Nutzung bestimmter Hard- und Software vorzuschreiben. Durch den Einsatz von XML ist man bezüglich der Programmiersprachen flexibler geworden.Kommerzielle Realisierung
Selten werden beide Seiten eine gleiche Marktmacht haben. Deshalb kann man von Lieferantensystemen und von Beschaffersystemen sprechen.
Lieferantensysteme
Bei Lieferantensystemen gibt der Lieferant das System vor und nennt die Anforderungen, die der Kunde erfüllen muß, um das System zu nutzen. Da der Lieferant am Geschäft interessiert ist, bietet er häufig auch ein vereinfachtes System an, bei dem auf Kundenseite nur ein PC mit einer geeigneten Schnittstelle steht. In besonders einfachen Fällen genügen handelsübliche PC's mit Standard-Browsern. Die Zurverfügungstellung der erforderlichen Softwareroutinen erfolgt teils kostenlos, teils gegen Gebühr. Eventuell erforderliche Hardware wird definiert, so dass sich der Kunde sie beschaffen kann. Gelegentlich wird Spezial-Hardware (oft aus Sicherheitsgründen) zum Kauf oder zur Miete angeboten.Beschaffersysteme
Bei Beschaffersystemen definiert der Abnehmer (Beschaffer) die technischen Anforderungen für das Bestellsystem. Als Lieferanten kommen nur Firmen in Frage, die diese Bedingungen erfüllen und die oft erheblichen Investionskosten tragen. In der Automobilindustrie sind z. B. Lieferantensysteme im Einsatz.
Martkplatzsysteme
In Marktplatzsystemen bieten die Betreiber sowohl der Lieferantenseite als auch der Abnehmerseite eine deutliche Kostenersparnis, da die Integrationskosten für beide Seiten nur einmal anfallen, durch die Teilnahme am Marktplatz aber zahlreiche Geschäftspartner bedient werden können.