Edvard Kocbek
Edvard Kocbek (* 27. September 1904 in Sveti Jurij ob Scavnici (St. Georgen an der Stainz) bei Maribor; † 3. November 1981 in Ljubljana) war ein bekannter slowenischer Schriftsteller und Publizist. Er wird zu den bedeutendsten Intellektuellen Sloweniens im 20. Jahrhundert gezählt.Kocbek wurde in der slowenischen Oststeiermark geboren. Nach einem kurzen Theologiestudium im Priesterseminar wandte er sich während des spanischen Bürgerkrieges 1937 zum Linkskatholizismus.
Als Mittelschulprofessor und überzeugter Katholik wandte er sich nach Studien in Paris – wo er mit dem Philosophen Emanuel Mounier in Berührung gekommen war – und Berlin gegen die slowenischen Bischöfe, die im spanischen Bürgerkrieg die Faschisten unterstützten und trat für die Republik ein.
Er trat 1941 nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Jugoslawien den Partisanen (Osvoboldina Fronta) bei; sein „Partisanentagebuch“ gilt heute als wichtigste Quelle einer objektiven Berichterstattung über diese umstrittene Ära. In der Darstellung seines Werkes (von Lev Detela, Wien) und der Ausgabe wichtiger Texte wird deutlich, dass der Intellektuelle von Tito missbraucht und teilweise als „nützlicher Idiot“ benutzt wurde, um die Christen in der Koalition der Volksbefreiungsbewegung zu halten.
Kocbek verarbeitete die heute vieldiskutierten Massaker an den Domobranci (1945) zunächst in romanhafter Form. Dies führte zu seiner Entlassung als Kulturminister Jugoslawiens und zum Schreibverbot.
Die Ermordung Tausender nach dem Zweiten Weltkrieg entwaffneter Domobranci (Mitglieder der slowenischen Heimwehr) behandelte Kocbek 1951 in der Novellensammlung Strah in pogum (Furcht und Mut), deren Folge ein Publikationsverbot war.
Ein Interview mit dem Schriftsteller Boris Pahor über dieses Thema führte 1975 zu einem neuerlichen Konflikt mit dem Staat; das Eingreifen von Heinrich Böll bewahrte Kocbek vor weiteren Repressionen. Der Staatssicherheitsdienst Udba sammelte über 5000 Seiten Berichte über ihn.
1976 nahm er in einem Interview mit Boris Pahor öffentlich zu diesen Gräueln Stellung. Die Intervention von Heinrich Böll – sein Schreiben wird hier ediert – rettete ihn vor der Verhaftung. Kocbeks Reflexionen zum Zusammenleben von Deutschen und Slowenen und zur Rolle der „Kleinen“ in Europa erhalten gerade in der Situation der EU-Erweiterung aktuelle Bedeutung.
Der Zerfall Jugoslawiens und das Ende des Titoismus erlaubte die Neubewertung seines Schaffens.
Eine Bibliographie der Rezeption in deutsch-sprachigen Organen zeigt die frühe Auseinandersetzung mit seinem Werk in Österreich; seine Essays zu Kierkegaard und Karl Barth den philosophischen Diskurs jenseits der Karawanken.