Druckgradientenmikrofon
Ein Druckgradientenmikrofon ist eine bestimmte Bauart eines Mikrofons, dessen Mikrofonkapsel mit der Membran im Gegensatz zu der eines Druckmikrofons rückseitig offen ist, das heißt, sie ist für den Schall von allen Seiten zugänglich. Das deutliche Merkmal eines Druckgradientenmikrofons besteht darin, dass die Membran, welche die Schallwelle aufnimmt, von beiden Seiten dem Schallfeld ausgesetzt ist. Die Membran wird durch diese "Schalldruckdifferenz" auf beiden Seiten der Membran bewegt. Nichts anderes heißt das Wort "Druckgradient". Besonders in der Lehre (Dickreiter: "Handbuch der Tonstudiotechnik") wird dieses Mikrofon gerne "Druckgradientenempfänger" genannt.Da der Schall auch die Rückseite der Membran erreicht, folgt diese nicht dem Schalldruck, wie es beim Druckempfänger der Fall ist, sondern dem Druckgradienten, also der Druckdifferenz zwischen Vorder- und Rückseite. Diese Differenz ergibt sich, da der Schall um die Membran herumwandern muss, um sich auch auf ihrer Rückseite auszuwirken. Trifft daher ein Signal genau von der Seite (90°) auf die Membran, so ergibt sich keine Druckdifferenz und somit auch keine Membranbewegung. Daraus folgt, dass bei Beschallung der Membranrückseite die Phasenlage des resultierenden Mikrofonsignals gedreht ist.
Die Richtcharakteristik ist in der beschriebenen Grundbauweise die einer Acht. Durch die Symmetrie der Mikrofonkapsel und ihre Aufhängung im Mikrofon lassen sich andere Richtcharakteristiken realisieren. Die Hersteller arbeiten mit akustischen Laufzeitgliedern (akustische "Umwege" zwischen Membranvorder- und Rückseite) und mit nach hinten akustisch halb abgeschlossenen Systemen. So ergeben sich Richtcharakteristiken, die zwischen Kugel und Acht liegen, wie die "Breite Niere", die Niere, die Superniere und die Hyperniere, einschließlich der Acht. Sämtliche Richtcharakteristiken außer der Kugel (Druckmikrofon) können nur mit Druckgradientenmikrofonen realisiert werden. Manchmal haben Kondensatormikrofone in Gradientenbauweise eine umschaltbare Richtcharakteristik. Solche Großmembran-Systeme werden als Doppelmembranmikrofone (auch Doppelgradientenempfänger genannt) gebaut, die mit zwei kombinierten Membranen mit Nierencharakteristik Rücken an Rücken arbeiten.
Druckgradientenmikrofone sind nicht für die Aufnahme tiefster Frequenzen geeignet. Die tiefste gewandelte Frequenz hängt vom Umweg ab, den der Schall zurücklegen muss, um den Druckgradienten an der Membranrückseite auszugleichen. Ein weiterer Effekt ist der Nahbesprechungseffekt: Auf die Membran eintreffende Wellenfronten sind nah der Schallquelle stark gekrümmt, da sie sich kugelförmig ausbreiten. Dadurch steigt der Gradient und damit die Empfindlichkeit zu tiefen Frequenzen hin an. Bei Mikrofonabständen zur Schallquelle, die unterhalb etwa eines halben Meters liegen, reagieren Druckgradientenempfänger daher mit deutlicher Bassanhebung. Umgekehrt klingen Druckgradientenmikrofone im größeren Abstand von der Schallquelle recht tiefenarm.
Druckmikrofon, Mikrofon, Stereo, Laufzeitstereofonie, Intensitätsstereofonie, Nahbesprechungseffekt, RichtcharakteristikSiehe auch: