Doppelmoral
Der Ausdruck Doppelmoral bezeichnet eine gesellschaftlich praktizierte oder auch stillschweigend sanktionierte Moral, die "mit zweierlei Maß" misst.So werden in den öffentlichen Medien mit dem Gestus der Empörung Gewalt- oder Sexualdelikte angeprangert. Zugleich werden die Geschehnisse mit einschlägigen Abbildungen illustrativ dargestellt. Damit werden ein verbreitetes Sensationsbedürfnis und ein allgemeiner Voyeurismus bedient.
Eine bekannte Metapher für individuelle Doppelmoral findet sich schon im Evangelium. Jesus kritisiert hier, dass man wohl den Splitter im Auge seines Nächsten sieht, aber nicht den Balken im eigenen Auge.
Diese weit verbreitete Form von "Doppelmoral" wird in der Psychologie auch als Projektion bezeichnet.
Zunächst wurde der Begriff Doppelmoral dafür verwendet, die im Patriarchat unterschiedlichen Normen für das Sexualverhalten von Männern und Frauen anzuprangern. So wird es zum Beispiel in patriarchalischen Gesellschaften häufig als positiv angesehen, dass junge Männer frühzeitig viele unterschiedliche sexuelle Abenteuer mit verschiedenen Frauen erleben, während die gleichen Männer darauf bestehen, dass die Frau, die sie heiraten, Jungfrau sein muss. Ein Relikt dieser Doppelmoral ist die heute noch oft von Männern an ihre Frauen herangetragene paradoxe Forderung, zugleich "Hure und Mutter" zu sein. Mit dieser Umschreibung ist der nicht erfüllbare Anspruch (double-bind) gemeint, dass der Mann zugleich stolz auf ihre Begehrtheit (auch bei anderen Männern) sein will und die Sicherheit absoluter "Treue" beansprucht.
siehe auch: Bigotterie Heuchelei Scheinheiligkeit Sexualmoral