Dogmatismus
Der Dogmatismus (lateinisch und griechisch dogma: Festsetzung, Beschluss, Dekret, Lehrmeinung, Grundsatz) bezeichnet eine unkritische, unhistorische, metaphysische Denkweise, die von überlieferten "Dogmen" (Singular: Dogma), das heißt Meinungen, Lehr- und Glaubenssätzen ausgeht, an ihnen gleichsam als für alle Zeit und allerorts geltende Wahrheit festhält, ohne sie an der konkret gegebenen historischen Situation, an neuen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen auf ihren Wahrheitsgehalt und Erkentniswert hin zu überprüfen.
In der Antike bezeichneten die Skeptiker, die alle Erkenntnis über die unmittelbare Erfahrung hinaus ablehnten, alle Philosophen, die eine positive Lehrmeinung vertraten als Dogmatiker. Exemplarisch ist das bei Sextus Empiricus zu finden.
Erkenntnistheoretisch beruht der Dogmatismus auf der Tatsache, dass jede Erkenntnis Elemente der absoluten Wahrheit enthält. Der Dogmatismus ignoriert jedoch die Existenz relativer Wahrheiten, die weiter zu erforschen sind (siehe relative und absolute Wahrheit).
Die relative Selbständigkeit des Bewusstseins gegenüber dem Sein bildet eine weitere Quelle des Dogmatismus, wenn die Veränderungen des Seins nicht forlaufend beobachtet, analysiert und berücksichtigt werden. Der Dogmatismus schaltet letztlich die Praxis als eine grundlegende Bedingung der Wahrheitsfindung und -überprüfung aus, verzichtet auf konkrete Analyse des Erkenntnisobjektes und deren theoretische Verallgemeinerung.
Eine solche metaphyische Denkweise hemmt auch die Weiterentwicklung der Naturwissenschaften wie der technischen Wissenschaften. Vor allem wo religiöse Ansichten auf wissenschaftliche Erkenntnisbildung einwirken, kann es zur Verzerrung und Missachtung von neuen Erkenntnissen führen.
Dogmatisches Festhalten an gegebenen bestimmten Erkenntnissen, ohne diese ständig durch den Vergleich mit der objektiven Realität weiterzuentwickeln, hemmt die Entwicklung und Verbreitung objektiv neuer Denkweisen in naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen. Das Finden ständig erweiterter und neuer Lösungswege für neue Mittel und Fertigkeiten bildet ein Charakteristikum des naturwissenschaftlichen und technischen Fortschritts und ein objektives Bedürfnis für ökonomisches Wirtschaften.
Immanuel Kant bezeichnet in seiner Schrift Kritik der reinen Vernunft jede Erkenntnis aus reinen, das heißt nicht auf mögliche Erfahrung bezogenen Begriffen ohne vorhergehende Kritik des Vernunftvermögens Dogmatismus. Von dieser Position ausgehend, wird in der Philosophie der Materialismus als Dogmatismus verstanden. Ihm wird der Kantianismus als "Kritische Philosophie" gegenübergestellt.
Nach Johann Gottlieb Fichte sind beispielsweise nur zwei folgerichtige philosophische Systeme möglich:
Unter Dogmatismus versteht man auch die "unkritische" Annahme der Möglichkeit einer adäquaten Erkenntnis der Welt, während die "kritische" Erforschung unserer Erkenntnisfähigkeiten zur Feststellung führe, dass die Außenwelt nicht erkennbar sei ( Agnostizismus). Hans Albert bezeichnet als dogmatisch ein Begründungsverfahren, das auf nicht mehr begründbare Sätze, für die der Anspruch unmittelbarer Einsichtigkeit ( Evidenz) erhoben wird, zurückgreift.
Der Dogmatismus in der Theologie findet seinen Ausdruck in der Aussage eines Dogmas. So versteht die katholische Kirche unter dem Dogma einen Satz, den die Kirche ausdrücklich als von Gott geoffenbart so verkündet, dass seine Leugnung als Häresie verworfen wird. Auch nach protestantischem Verständnis ist ein Bezug zur Kirche wesentlich. Nach Karl Barth ist das Dogma "die Übereinstimmung der kirchlichen Verkündigung mit der in der Heiligen Schrift bezeugten Offenbarung".Definition
Zur Definition in der Antike bei den Skeptikern
Zu den erkentnistheoretischen Voraussetzungen
Zur Notwendigkeit der Überwindung dogmatischer Denkweisen
Zur Beurteilung des Dogamatismus bei Kant
Zur Definition bei Johann Gottlieb Fichte
und
Dabei versteht er unter Dogmatismus den Spinozismus oder Materialismus. Weitere Urteile über Dogmatismus
Zum Dogmatismus der Theologie