Direkte Demokratie
Dieser Artikel soll neutral bleiben, wird aberUnter Direkte Demokratie werden politische Entscheidungsverfahren und Formen der Bürgerbeteiligung subsumiert, bei denen in der Regel ausgewählte politische Themenbereiche direkt durch Volksabstimmungen entschieden werden können. Im erweiterten Sinne spricht man auch im Zusammenhang mit eher administrativen Formen der Bürgerbeteiligung, wie z. b. Akteneinsichtsrechten, Auslegungsverfahren in der Bauleitplanung oder den sogenannten Planungszellen von Formen direkter Bürgerbeteiligung. In der Praxis sieht Direkte Demokratie in der Regel abgestufte Verfahrensformen über Bürger- oder Volksbegehren bis hin zum eigentlichen Volksentscheid vor. Im Gegensatz dazu meint repräsentative Demokratie eine Form der Organisation von politischen Entscheidungsfindungsverfahren, bei der jede politische Frage - mit Ausnahme der der Zusammensetzung des Parlamentes - mittelbar durch so genannte Volksvertreter getroffen wird. Direkte Demokratie bedeutet nicht, dass die Bürger von ihren direkten Entscheidungsmöglichkeiten oft Gebrauch machen müssen, aber jederzeit können.
Die direkte Demokratie als Urform der Demokratie entstand ursprünglich nicht in Flächenstaaten sondern in kleineren Gemeinwesen, der antiken griechischen polis (Stadtstaaten wie Athen). Hier wurden Entscheidungen in Versammlungen aller Stimmberechtigten, in der Regel die männlichen Vollbürger, eine Minderheit in der Gesamtbevölkerung, getroffen.
Table of contents |
2 Vorteile der direkten Demokratie 3 Nachteile der direkten Demokratie 4 Beispiele für Staaten mit ausgeprägten Elementen direkter Demokratie 5 Literatur 6 Weblinks |
Wenn das Parlament keine dem Mehrheitswillen des Volkes entsprechende Entscheidung trifft, hat das Volk die Möglichkeit, einen Volksentscheid durchzusetzen. Normalerweise wird dafür die Sammlung einer ausreichend großen Zahl von Unterschriften gefordert. Wird das entsprechende Quorum erreicht, kann der Volksentscheid stattfinden. Diesem Verfahrensschritt kann das Volksbegehren vorausgehen, in welchem eine bestimmte Anzahl von Bürgern durch Eintragung in Unterschriftenlisten eine konkrete politische Forderung an das zuständige parlamentarische Organ richtet. Erst wenn dieses Organ dem Begehren nicht folgt, kann im nächsten Schritt ein Volksentscheid folgen, für den je nach Ausformung der Verfahrensvorschriften die erneute Smmlung einer bestimmten Mindestzahl von Unterschriften erforderlich sein kann. Die Verfassungen der deutschen Bundesländer sehen derartige Entscheidungsverfahren vor. Ergänzend besteht in der Regel auch die Möglichkeit, das die jeweilige Regierung Fragen von besonderer Bedeutung der Bevölkerung zur Entscheidung vorlegen kann. Ihre Anwendung ist allerdings traditionell eher die Ausnahme als die Regel. Lediglich in Bayern kommt es häufiger zu Volksabstimmungen.
Damit ist eine viel feinere Steuerung politischer Entscheidungen durch den Bürger möglich als nur durch Wahlen allein. Die Souveränität im Staat liegt in Demokratien ohnehin direkt beim Volk. Es übt diese unmittelbar z.B. per Volksgesetzgebung aus und kann jederzeit anderslautende Entscheidungen per Volksentscheid erzwingen, sofern diese verfassungskonform sind. Diese Möglichkeit des Volkes, selbst in den politischen Entscheidungsprozess einzugreifen und im Zweifelsfall immer das letzte Wort zu haben, hat bereits eine vorbeugende Kontrollfunktion hinsichtlich der repräsentativen Staatsorgane.
Es entstehen jedoch im Zusammenhang mit Verfahren Direkter Demokratie zwei demokratietheoretische Probleme, die nicht unerwähnt bleiben dürfen.
Zum einen müsste ein direktdemokratisch zustande gekommenes Gesetz, da es direkt vom Souverän erlassen wurde, eine höhere Legitimation besitzen als ein parlamentarisches, es dürfte bespielsweise nicht durch Parlamentsbeschluss gleich wieder aufgehoben oder verwässert werden. Man kann entsprechende Bestandsgarantien z. B. zeitlich fest befristen oder an die Dauer einer parlamentarischen Legislaturperiode binden.
Zum anderen erfordert die Durchführung von Volksbegehren mit der Organisierung der öffentlichen Diskussion und Meinungsbildung, der Sammlung von Unterschriften und der Formulierung und Vertretung des Begrehrensinhaltes gegenüber der Legislative und Exekutive wiederum ein bestimmtes Maß einer Organisation, einer Gruppe von Repräsentanten. Hier dringt also die indirekte repräsentative Demokratie erneut in den Bereich der direkten Demokratie ein. Erschwerend kommt hinzu, das die Vertreter einer entsprechenden Volksinitiative anders als Parlamentarier nicht durch Wahl demokratisch legitimiert sind. Den Ausweg aus dieser repräsentativen Falle zu finden, bleibt die Politikwissenschaft bisher noch schuldig.
Direktdemokratische Elemente, kommen auch in anderen Staatsformen vor, haben aber häufig nur appellativen Charakter.
Eine Urform der direkten Demokratie ist die Landsgemeinde einiger Schweizer Kantone oder die Gemeindeversammlung in vielen Schweizer Gemeinden, wo das Parlament jeweils durch eine Versammlung der Bürger ersetzt ist. In gleicher Weise werden in den Neuengland-Staaten der USA zahlreiche kleine Städte von einem Town meeting geleitet.
Die erste direkte Demokratie wurde in der Antike in Athen praktiziert und ist unter der Bezeichnung attische Demokratie bekannt.
siehe auch:
Theo Schiller/Volker Mittendorf (Hrsg.): Direkte Demokratie. Forschung und Perspektiven, Wiesbaden : Westdeutscher Verlag, 2002, ISBN 3-531-13852-9
Funktionsweise
Vorteile der direkten Demokratie
Nachteile der direkten Demokratie
Viele dieser potenziellen Nachteile können jedoch durch entsprechende Verfahrensregelungen abgemildert oder gar beseitigt werden, etwa indem beispielsweise Steuergesetzgebung von der direktdemokratischen Entscheidung ausgeschlossen bleibt oder bestimmte Kernbereiche der Verfassung - im Grundgesetz etwa die Grundsätze der Artikel 1 und 20 - mit einer Ewigkeitsgarantie ausgestattet werden und somit dem populistischen Zugriff auch durch Demagogen und extremistische Organisationen entzogen bleiben.Beispiele für Staaten mit ausgeprägten Elementen direkter Demokratie
Insbesondere die Schweiz und einige US-Bundesstaaten wie z.B. Kalifornien und Oregon haben eine über hundertjährige Tradition der direkten Demokratie.
Außerdem verfügen die deutschen Länder in meist geringem Maße über Direkte Demokratie. Lediglich in Bayern gibt es weitgehende direktdemokratische Elemente auf Landes- und Kommunalebene. Auf Bundesebene kommt direkte Demokratie kaum vor. Einzige Ausnahme ist die Änderung von Landesgrenzen, die laut Grundgesetz der Zustimmung des Volkes bedarf. Literatur
Theo Schiller: Direkte Demokratie. Eine Einführung, Frankfurt a. M./New York : Campus, 2002, ISBN 3-593-36614-2Weblinks