Diesseits
Das Ortsadverb "diesseits" ist wie sein Gegenwort "jenseits" in substantivierter Form zu einem religiös-philosophischen Terminus geworden: das Diesseits - das Jenseits.Die beiden Wörter implizieren, dass die gemeinten "Sachen" unanschaulich und schwer benennbar sind. Sie statuieren eine Grenze, die das Weltganze in zwei "Bereiche" teilt, wobei Diesseits der Bereich ist, in dem sich der Sprecher befindet, Jenseits der andere. Die Grenze wird gewöhnlich mit der Todeslinie identifiziert. Dem Diesseits fallen Attribute wie "endlich, sinnlich, vorläufig" zu, dem Jenseits solche wie "ewig, geistig, endgültig".
Dieser doppelten Sicht der Welt entspricht eine doppelte Sicht des Menschen (s. Anthropologie) als eines zugleich "diesseitigen" und (der Möglichkeit nach) "jenseitigen" Wesens.
Alle Religionen gehen von einer solchen Dualität der Wirklichkeiten aus. Das Typische einer Religion lässt sich geradezu an ihrer Beschreibung, Verhältnisbestimmung und Grenzziehung von Diesseits und Jenseits zeigen.
Auch die große Mehrzahl der philosophischen Systeme enthält in irgendeiner Form die Diesseits-Jenseits-Dialektik. Selbst pointiert "diesseitig" ausgerichtete Denker nehmen zumindest negativ auf Jenseitsvorstellungen Bezug.