Die Tödliche Doris
Die Tödliche Doris war eine Berliner Musik- und Künstlergruppe von 1980–1987. Anfangs personell stark fluktuierend (u.a. Chris Dreier, Dagmar Dimitroff, Max Müller konsolidierte sich bald eine Kernbesetzung um Wolfgang Müller (24. Oktober 1957), Käthe Kruse (10. September 1958) und Nikolaus Utermöhlen (30. Juni 1958 - 17. Mai 1996), sowie von 1982 - 1984 Tabea Blumenschein.
Table of contents |
2 Konzept 3 Werk 4 Diskographie 5 Bibliographie 6 Filmographie 7 Weblinks |
Anfangs vom Schwung des Punk, New Wave und ihrer deutschen Manifestation, der NDW, getragen, löste sich die Gruppe schnell von Kategorien und Bewegungen, wie zum Beispiel den Genialen Dilletanten (sic!), einem Begriff, der auf einen von Wolfgang Müller 1982 veröffentlichten gleichnamigen Merve-Band zurückging.
Der Maler Sigmar Polke bezeichnete Die Tödliche Doris als seine Lieblingsband der 80er.
Bei ihrer Auflösung Ende 1987 – das Projekt war von vorne herein auf sieben Jahre beschränkt worden – war die Gruppe international bekannt. Ausstellungen, Filmvorführungen und Konzerte führten in zahlreiche Städte innerhalb Deutschlands und nach New York, Amsterdam, Brüssel, Basel, Helsinki, Budapest, Warschau, Wien, Paris, Bordeaux, Tokio u.a. 1987 war die Band offizieller Teilnehmer der documenta 8.
Nach der Auflösung bildete sich "Die Schule der Tödlichen Doris". Auf dem eigenen Label veröffentlichte Nikolaus Utermöhlen die Filmmusik "Karlsbad" (1989), Käthe Kruse eine 12inch mit ihren Jugendsongs "Elegie im März" (1989) und Wolfgang Müller eine LP "BAT" (1989), auf der sich die hörbar gemachten Ultraschall-Echolaute einheimischer Fledermäuse befanden. Sowohl Käthe Kruse wie Wolfgang Müller sind weiter musikalisch aktiv und pflegen auch das Werk der Tödlichen Doris.
Seit 2002 bietet Die Tödliche Doris den größten Teil ihres musikalischen Werkes (8 Stunden) auf einer eigenen Website gratis zum Download an.
Während die meisten Künstler im Laufe ihrer Arbeit ein festumrissenes Image, eine bestimmbare Identität aufbauen, ging Die Tödliche Doris daran, die Frage nach ihrer Identität immer wieder zu stellen und die Ausbildung dieser Gestalt zum eigentlichen Thema, zum Kern ihres künstlerischen Werkes zu machen. Auf jede registrierte Festlegung reagierte Die Tödliche Doris mit der Frage nach weiteren, anderen Möglichkeiten, gleichzeitig trug sie ihre Vorstellungen in die unterschiedlichsten künstlerischen Medien und philosphierte dabei mit deren vermuteten oder behaupteten Identität.
Das vielfältige Werk der Berliner Gruppe entstand von der Musik ausgehend und besetzte sukzessive alle Sparten der Kunst von den Medien Film, Literatur und Fotografie über Performance und Video bis hin zu Malerei und Plastik. Der Kunstheoretiker Wolfgang Max Faust prägte für Die Tödliche Doris und ihre Art der medialen Auseinandersetzung 1985 die Bezeichnung Cross Culture, die allerdings von der Gruppe selbst nie verwandt wurde.
Die Tödliche Doris hat in der Zeit ihrer Existenz mehrere Kassetten und LPs in Auflagen zwischen 20 und 3000 Stück veröffentlicht. Darunter eine unsichtbare, die nur entsteht, wenn man die LPS "sechs" und "Unser Debut" gleichzeitig auf den jeweiligen A- und B-Seiten abspielt. Texte und Musik sind genau aufeinander abgestimmt und fügen sich sekundengleich ineinander. Auch musizierte Die Tödliche Doris mit Gehörlosen oder engagierte Unterhaltungsmusik-Combos von der Künstlervermittlung des Arbeitsamts (die Gerry Belz Showband), die zu Noise-Tapes dann live musizierten (1984).
Die Tödliche Doris war Teilnehmer der documenta 8 in Kassel Das Museum of Modern Art in New York sowie das Musée d'Art Moderne Paris luden die Gruppe zu Auftritten und Filmvorführungen ein.
Eines der frühesten Kunstwerke der Tödlichen Doris ist die im gleichen Jahr noch in Kiel, Düsseldorf und Wolfsburg ausgestellte Fotomontage "Material für die Nachkriegszeit", bestehend aus Hunderten von ursprünglich weggeworfenen und teils zerrissenen Automaten-Passbildern aus dem Jahre 1981.
Als Teilnehmer der Ausstellung Der Hang zum Gesamtkunstwerk von Harald Szeemann performte die Gruppe Sylvester 1983/84 im Berliner Delphi-Kino. Mitte 1984 erschien dann unter dem Titel "Chöre und Soli" eine grüne Box, in der sich acht Miniphon-Schallplatten, ein batteriebetriebenes Abspielgerät und ein Begleitbuch befinden, diese " ... witzige Verfremdung der beiden wichtigsten Geräte des Musikkonsumenten ... " (tell 5, März 1984) ist heute ein gesuchtes Sammlerstück.
1985 erarbeitete sie eine Serie von 44 abstrakten Gemälden, funktionierend nach dem Daumenkino-Prinzip, die sie zusammenfassend 1987 in einem Band unter dem Titel "Die Gesamtheit allen Lebens und alles Darüberhinausgehende" veröffentlichte.
Der Berliner Hauptstadtkulturfonds ermöglichte im Jahr 2003 die Restaurierung und Archivierung sämtlicher Super-8-Filme, die die Gruppe zwischen 1980 und 1987 gedreht hatte, insgesamt über 7 Stunden Material. Seitdem sind die Filme in digitaler Form wieder öffentlich zugänglich.
Film "Tapete" (27 Min.) befindet sich in der Sammlung der Design-Universität von Kobe, Japan, "Das Leben des Sid Vicious" (12 Min.) in der Sammlung der Hamburger Kunsthalle.
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