Deutschösterreich
Deutschösterreich (vielmals auch Deutsch-Österreich geschrieben) bezeichnete bis 1918 die von Deutschösterreichern bewohnten Reichsteile der ehemaligen k.u.k. Monarchie. Es war allerdings eine nichtamtliche Bezeichnung. Andere Namen lauteten: Deutsche Kronländer oder auch Deutsche Erblande.
Deutschösterreich umfasste 1910 folgende Teile:
Kronländer Deutschösterreichs
Bei der Volkszählung 1910 umfasste Deutschösterreich 79.866 km² und 6,358 Mio. Einwohner.
Mit dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns wählten am 21.10.1918 die deutschen Abgeordneten der Monarchie (also auch die Sudetendeutschen, Deutschsüdtiroler und Deutsch-Untersteirer) den Vertreter der stärksten Fraktion des österreichischen Parlamentes zum ersten Präsidenten der Provisorischen Nationalversammlung. Dies war der Deutschnationale Franz Dinghofer. Landeshauptstadt wurde die Stadt Wien.
Am 12.11.1918 rief der sozialdemokratischee Staatskanzler Karl Renner in Wien die Republik aus.
Die Republik berief sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und damit auf das 14-Punkte-Programm des amerikanischen Präsidenten Wilson.
Das äußert sich nun im Gesetz über die Staats- und Regierungsform von Deutschösterreich, welches am selben Tage verkündet wurde:
Artikel 1
Deutschösterreich ist eine demokratische Republik. Alle öffentlichen Gewalten werden vom Volke eingesetzt.
Artikel 2
Deutschösterreich ist ein Bestandteil der Deutschen Republik. Besondere Gesetze regeln die Teilnahme Deutschösterreichs an der Gesetzgebung und Verwaltung der Deutschen Republik sowie die Ausdehnung des Geltungsbereiches von Gesetzen und Einrichtungen der Deutschen Republik auf Deutschösterreich.
(...)
Die Republik umfasste nun 118.311 km² und 10,37 Mio. Einwohner.
Erstes Staatsoberhaupt wurde F. Dinghofer.
Mit dem Gesetz vom 22.11.1918 hatte die deutschösterreichische Nationalversammlung das Staatsgebiet wie folgt festgelegt:
Die Republik Deutschösterreich übt die Gebietshoheit über das geschlossene Siedlungsgebiet der Deutschen innerhalb der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder aus.
Das politische Selbstverständnis der Republik Deutschösterreich war seinerzeit eindeutig großdeutsch ausgelegt. Dieses spiegelt sich vielfach aus den Zitaten der damaligen politischen Führungsschicht des Landes. Die meisten von ihnen sind im letzten Abschnitt angeführt und spiegeln die Ansichten der Jahre 1901-1933 wider. Unter anderem übermittelte am 4. Februar 1919 das deutschösterreichische Parlament einstimmig dem Deutschen Reichstag folgende Grußworte, die an dieser Stelle angeführt werden: "Wir hoffen, daß es der deutschen Nationalversammlung im Vereine mit der deutschösterreichischen Volksvertretung gelingen wird, das Band, das die Gewalt im Jahre 1866 zerrissen hat, wieder zu knüpfen, die Einheit und Freiheit des Deutschen Volkes zu verwirklichen und Deutschösterreich mit dem deutschen Mutterlande für alle Zeiten zu vereinen."
Ferner wurde von beiden Seiten beschlossen, dass Wien zweite Reichshauptstadt sein würde und der Deutsche Reichstag alljährlich eine Sitzung in dieser Stadt abhalten müsse.
Als nun in Deutschösterreich bekannt wurde, dass der Staatsname wohl durch die Siegermächte verboten würde, kam es zum wahren Erfindungsreichtum bezüglich des zukünftigen Namens: Karl Renner schlug beispielsweise Südost-Deutschland vor, andere gaben Alpen-Germanien oder Donau-Deutschland den Vorzug.
Am 21. Oktober 1919 wurde die Staatsbezeichnung "Republik Deutschösterreich" jedoch in "Republik Österreich" umgewandelt.
Präsident Dinghofer prophezeite am 6.Dezember 1919: "Diese brutale Gewalt, welche man an uns ausübt, wird sich rächen. Das Wort, daß jede Politik der Gewalt sich am Ende rächt, wird Wahrheit werden, Wahrheit in vielleicht nicht allzu ferner Zeit!"
Und Karl Renner sagte 1928: "Laßt die Bürger Österreichs frei abstimmen – und von 100 werden 98 für die Vereinigung mit Deutschland stimmen!"
(Unter dem Österreicher Adolf Hitler wurde die "politische Einheit" unter nationalsozialistischen Vorzeichen vollendet.)
Republik Deutschösterreich
Bundesländer Deutschösterreichs
Wesen Deutschösterreichs
Im Frühjahr 1919 begannen die Verhandlungen zwischen dem Deutschen Reich und Deutschösterreich, als deren Endziel die Vereinigung der beiden deutschen Staaten war. Der deutsche Reichsaußenminister Graf Brockdorff-Rantzau und der deutschösterreichische Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, der Sozialdemokrat Otto Bauer, schlossen in Berlin ein Geheimabkommen, das den Beitritt regeln sollte. Hier die wichtigsten Punkte:
Wie wir sehen, wäre Deutschösterreich beim Eintritt ins Deutsche Reich unter völliger Wahrung der deutschösterreichischen Identität und seiner historisch gewachsenen Strukturen ein deutscher Teilstaat geworden; seine Stellung unter den deutschen Teilstaaten wäre sogar unabhängiger als die des Freistaates Bayern gewesen!Zitate berühmter Deutschösterreicher und Institutionen (1901-1933)
Die nun angeführten Zitate werden bei manchem einen "bitteren Nachgeschmack" hinterlassen. Doch dürfen wir sie nicht mit den Augen der heutigen Zeit betrachten, sondern müssen versuchen, uns in die damalige Zeit hineinzuversetzen.
(Der Wiener Bürgermeister Dr. Lueger im österreichischen Abgeordnetenhaus, 13. 02.1901)
(Kaiser Franz Joseph I. zum englischen König Eduart VII. im Jahre 1908)
(Entschließung der Sozialdemokraten im Reichsrat, 03.10.1918)
(Beitrittserklärung Oberösterreichs zur Republik Deutschösterreich, 18.11.1918)
(Staatskanzler Dr. Karl Renner in der deutschösterreichischen Nationalversammlung, 24.04.1919)
(Bundeskanzler Ignaz Seipel im Finanzausschuß, 02.09.1926)
(Engelbert Dollfuß, 20.04.1933)