Deutsch-Südwestafrika
Das "Schutzgebiet" Deutsch-Südwestafrika (DSWA) (heute Namibia) war eine deutsche Kolonie. Mit einer Fläche von 835.100 qkm ist Deutsch-Südwestafrika ungefähr 1,5 mal so groß wie das Deutsche Reich.
Es wurde am 24. April 1884 unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt, um die Landerwerbungen des Kaufmanns Lüderitz von 1883 gegen britische Gebietsansprüche zu sichern. Nach ihm ist immer noch die Stadt und die anliegende Küste "Lüderitz(bucht)" benannt (und wird tatsächlich noch mit "ü" geschrieben). 1886 kehrt Adolf Lüderitz nicht von einer Expedition an den Oranje zurück und gilt seither als verschollen.
1890 vergrößerte sich "Deutsch-Südwest" um den Caprivizipfel im Nordosten, von dem sich neue Handelsrouten versprochen wurden. Dieser Gebietsgewinn beruht auf dem Helgoland-Sansibar-Vertrag. Im gleichen Jahr wird die erste Schutztruppeneinheit mit 20 Soldaten unter Hauptmann von Francois gegründet.
DSWA war die einzige Kolonie Deutschlands, in der eine gezielte Ansiedlung Deutscher im größeren Stil erfolgte. Neben dem Abbau von Diamanten und Kupfer ist es insbesondere die Viehzucht, die deutsche Siedler ins Land lockt. 1902 hatte die Kolonie etwa 200.000 Einwohner, davon jedoch nur 2.595 Deutsche, 1.354 Buren und 452 Briten. Bis 1914 kamen weitere 9000 Deutsche Siedler hinzu. Es gab vermutlich etwa 80 000 Herero, 60.000 Owambo, 35.000 Damara und 10.000 Nama (abschätzig "Hottentotten" genannt).
1893/1894 kommt es zum ersten "Hottentotten-Aufstand" der Nama unter ihrem legendären Führer Hendrik Witboi. In den Folgejahren kommt es immer wieder zu lokalen Aufständen gegen die deutsche Herrschaft.
1904 kommt es zum Aufstand der Herero und Nama. Entlegene Farmen werden überfallen, ca. 150 deutsche Siedler ermordet. Die deutsche Schutztruppe von nur 766 Reitern und einheimischen Hilfstruppen ist den Hereros zunächst nicht gewachsen. Die Herero gehen zunächst sogar in die Offensive, schließen zeitweise Okahandja und Windhuk ein und zerstörten die Eisenbahnbrücke bei Osona. Eilig aus Deutschland zugeführte Truppen unter Generalleutnant Lothar von Trotha schlagen die Aufständischen in der Schlacht am Waterberg. Die Herero weichen in die wasserlose Omaheke-Steppe, einen westlichen Ausläufer der Kalahariwüste aus, wo ein großer Teil von ihnen verdurstete. Nur wenige konnten sich ins britische Nachbarland retten.
Im Herbst 1904 griffen auch die Nama unter ihren Anführern Hendrik Witboi und Jakob Morenga in die Kämpfe mit der Kolonialmacht ein. Dieser Aufstand konnte erst 1907/08 endgültig niedergeschlagen werden.
Insgesamt wurde zwischen 25.000 und 100.000 Hereros getötet. Von 20.000 Nama überlebten weniger als die Hälfte die Kämpfe. 1749 Deutsche sind umgekommen.
Im 1. Weltkrieg eröffnen Südafrikanische Truppen am 13. September 1914 mit einem Überfall auf die Polizeistation von Ramansdrift die Feindseligkeiten. Deutsche Siedler werden in das Konzentrationslager bei Pretoria, später in das von Pietermaritzburg abtransportiert. Aufgrund der großen Überlegenheit der Truppen der Südafrikanischen Union gelingt der Schutztruppe nur ein hinhaltender Widerstand, auch burische Freikorps, die auf deutscher Seite in die Kämpfe eingreifen, können nicht viel ausrichten. Am 9. Juli 1915 muss die Schutztruppe kapitulieren.
Nach dem Krieg geht das Gebiet an England und wird später (rechtswidrig) von Südafrika verwaltet. 1989 wird die ehemalige Kolonie unter dem Namen Namibia unabhängig. Seither regiert die ehemalige Befreiungsbewegung SWAPO.
An die deutsche Kolonialzeit erinnern noch eine Vielzahl von deutschen Namen und Geschäften sowie die ca. 20.000 Deutsche bzw. deutschstämmige Siedler, die noch im Land leben.