Des Knaben Wunderhorn
Unter dem Titel Des Knaben Wunderhorn veröffentlichten Clemens Brentano und Achim von Arnim von 1806 bis 1808 eine Sammlung von Volksliedern in drei Bänden. Es enthält Liebes-, Soldaten, Wander- und Kinderlieder vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert.
Im Rahmen eines allgemeinen Streites zwischen der heidelberger Romantikfraktion und des dort ebenfalls ansässigen Gelehrten Johann Heinrich Voß wurde die Möglichkeit einer 'reinen' Abbildung der Volkstümlichen Dichtkunst lange diskutiert, besonders in der romantischen Zeitung "Zeitung für Einsiedler". 1808 veröffentlichte Voß erneut seine "Parodie für die Romantiker", weiterhin beschuldigte er Arnim / Brentano einen "zusammengewürfelten Wußt" vorgelegt zu haben, der zudem noch eigene Machwerke der beiden Romantiker enthielte. Sein Vorwurf, das Verfahren der Herausgeber sei "unphilologisch" wurde in der damaligen Debatte mehrfach erhoben, tatsächlich legt erst Heinz Rölleke eine umfangreiche kritische Ausgabe des "Des Knaben Wunderhorn" vor, in dem er zu vielen aufgeführten Werken eine ausführliche Herkunftsrekonstruktion unternahm. Besonders die Bezeichnungen "mündlich" oder "aus einem fliegenden Blatt" setzten Arnim / Brentano häufig ein, wenn eine genaue Herkunft nicht bekannt war, oder kleine Änderungen vorgenommen wurden. Eben diese führten später auch zu einem Konflikt zwischen den Herausgebern:
Brentano kritisierte an Arnim, dass seine Restaurationen der gefundenen Werke zu "dichterisch" seien und über bloße Restaurationen weit hinausgingen. In die sich daraufhin ausweitende Debatte um Naturpoesie und Kunstpoesie griffen auch die Gebrüder Grimm ein, wobei Jakob Grimm für eine "naive", "wahrhafte" und "notwendige" Poesie eintrat, wohingegen sein Bruder Wilhelm Grimm durchaus die Übersetzbarkeit und Editierbarkeit - beispielsweise von fremdsprachigen Mythen - bejahte.
Goethe, dem der erste Band der Reihe zugeneigt war, veröffentlichte ebenfalls eine Kritik und lobte zugleich den naiven Anspruch der Reihe, als auch deren Eignung für Gelehrte. Er empfahl "Des Knaben Wunderhorn" für jede Küche des "einfachen Volkes" und für jedes Klavier der "Gelehrten".
Der Anspruch einer Sammlung alter deutscher Lieder aus dem Volk bleibt bis heute umstritten, der Vorwurf der Verfälschung und Selbstkreation - besonders gegen Arnim - scheint zwar bisweilen überzogen, die unterschiedlichen Kunstdefinitionen der Herausgeber und möglichen Ansprüche an das Werk sollten aber klar getrennt und differenziert werden.
Einige Liedertexte der Sammlung wurden von Komponisten der Romantik neu vertont. Am bedeutendsten sind die Vertonungen von Gustav Mahler.
Philologischer Streit
Verweise zum Thema
Des Knaben Wunderhorn bei Gutenberg2000.de