Der Untergeher
Der Untergeher ist ein Roman von Thomas Bernhard aus dem Jahr 1983, in dem authentisches und erdichtetes Material so miteinander verwoben werden, dass keine Grenzlinie mehr zu erkennen ist.Die zentralen Personen des Romans sind die drei Pianisten Glenn Gould, die Titelfigur Wertheimer und der Ich-Erzähler, von denen zwei zum Zeitpunkt der Handlung bereits tot sind: Glenn Gould, † 4. Oktober 1982, und Wertheimer, der sich als Folge von Goulds Tod aufhängt. Sie haben sich 1953 kennengelernt, als sie gleichzeitig bei Wladimir Horowitz in der Nähe Salzburgs studierten, wobei dieses Kennenlernen zur Folge hatte, dass Wertheimer unmittelbar und später auch der Ich-Erzähler ihre pianistische Karriere aufgaben beziehungsweise gar nicht erst aufnahmen: die Genialität Goulds beim Vortrag der Goldberg-Variationen war der Anlass, das Erkennen, diese Stufe der Perfektion nie erreichen zu können. Wertheimer, der von Gould den Spitznamen Der Untergeher erhalten hat, geht in den folgenden 28 Jahren dem Müßiggang nach, kujoniert seine Schwester, bis diese sich (fast zeitgleich mit dem Tod Goulds) von ihm trennt, der Ich-Erzähler verschenkt seinen Steinway und beschränkt seine Tätigkeit darauf, immer wieder eine Abhandlung Über Glenn Gould anzufangen und immer wieder zu verwerfen.
Der Roman spielt im österreichischen Wankham nach der Beerdigung Wertheimers. Der Ich-Erzähler reflektiert den gemeinsamen (und parallelen) Lebensweg der drei Protagonisten und den Grund für Wertheimers Selbstmord auf drei ineinander verschränkten Zeitebenen: die Vorgeschichte, den Augenblick der Erinnerung an diese Vorgeschichte (beim Betreten des Wankhamer Gasthauses) sowie den Zeitpunkt der Niederschrift der Erinnerung an diese Vorgeschichte.
Auffällig bei diesem Roman ist die äußere Form. Er ist als einziger Absatz, also ohne jegliche optische Unterteilung, geschrieben, enthält auch keine direkte Rede, statt dessen indirekte Zitate, die als einzige Auflockerung kursiv gesetzt sind. Diese Form kann aber angesichts der Situation des Ich-Erzählers und seiner Reflexion als zwingend angesehen werden.