Der Spiegel
Der Spiegel, Ausgabe 1/1947
Einige junge deutsche Redakteure, angeführt von Rudolf Augstein, versuchten die Forderungen nach kritischem und seriösen Journalismus zu erfüllen und ersparten auch den Alliierten keine Kritik. Die Administration in London, und die drei anderen Besatzungsmächte protestierten gegen diese Form der Aufklärung, und entledigten sich des Magazins, indem sie Diese Woche an die Deutschen abgaben.
Rudolf Augstein erhielt die Verlegerlizenz und benannte das Magazin in "DER SPIEGEL" um. Von der ersten Ausgabe im Januar 1947 an war er Herausgeber und Chefredakteur. Tätig als Herausgeber blieb er bis zu seinem Tode am 7. November 2002, doch firmiert er noch immer als offizieller Herausgeber des Spiegel. Derzeitiger Chefredakteur ist Stefan Aust.
Der Spiegel-Verlag hat seinen Sitz in Hamburg in der Brandstwiete.
Table of contents |
2 Der Spiegel in der Kritik 3 Entwicklung 4 Spiegel online 5 Weblinks |
Für die Aufdeckung bundesdeutscher Skandale in den 1950er und 1960er Jahren erhielt es den Namen "Sturmgeschütz der Demokratie". Zu den Skandalen, die der "Spiegel" an die Öffentlichkeit brachte, gehören:
1957 veröffentlichte der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger seinen Essay Die Sprache des Spiegel, in dem er die "Scheinobjektivität" der Zeitschrift einer vernichtenden Kritik unterzog. Der Journalist und Schriftsteller Erich Kuby veröffentlichte 1987 anlässlich des 40jährigen Bestehens eine kritische Analyse des Wochenblatts unter dem Titel Der Spiegel im Spiegel. Der als "Sprachpapst" bekannte Journalist Wolf Schneider nannte den Spiegel "den obersten Verhunzer der deutschen Sprache"; als Negativbeispiele für schlechtes Deutsch spielen in seinen Stilfibeln Zitate aus dem Spiegel eine große Rolle. In der Spiegel-Online-Kolumne "Zwiebelfisch" wird der Versuch unternommen, Ausgleich für den entstandenen Sprachschaden zu schaffen.
Das Magazin war von Anfang an umstritten; bereits in der Gründungsphase kam es zu Konflikten mit der britischen Lizenzierungsstelle. 1956/57, rund zehn Jahre nach der Gründung des Spiegel, verfasste Hans Magnus Enzensberger seine Analyse über Die Sprache des Spiegel, in der er eine Reihe von Thesen aufstellte: Die Sprache des Spiegel verdunkele, wovon sie spreche, Das deutsche Nachrichtenmagazin sei kein Nachrichtenmagazin, der Spiegel übe nicht Kritik, sondern deren Surrogat, der Leser des Spiegel werde nicht orientiert, sondern desorientiert und der Spiegel sei unentbehrlich, solange es in der Bundesrepublik kein kritisches Organ gebe, das ihn ersetzen könne. Diese kritische Einstellung revidiert Enzensberger auch nach der Spiegel-Affäre nicht; er sieht das Magazin weiterhin als latentes Gefahrenpotential für die deutsche Demokratie.
Der Spiegel besaß in der Früh- und Konstituierungsphase einen relativ großen Einfluss, jedoch noch kein Meinungsmonopol. Nach der Spiegel-Affäre weitete sich der Einfluss aus; durch die massiv gestiegene Auflage nahm die wirtschaftliche Macht zu (Anzeigenmonopol), damit stieg auch die publizistische Macht und der politische Einfluss. Die Spiegel-Affäre 1962 führte dazu, dass weite Kreise, im besonderen Angehörige der jungen Generation und der kritischen Intelligenz, sich für das Wochenmagazin und damit für die Presse- und Meinungsfreiheit engagierten (Peter Glaser).
In der Ära Christian Schulz-Gersteins hatte der Kulturteil des Spiegels seinen Höhepunkt.
Nach dem Erscheinen des Konkurrenzmagazins Focus kam es zu deutlich wahrnehmbaren Veränderungen, Macht und Einfluss wurden jedoch bisher nicht entscheidend verringert. Focus wurde bewusst als Gegenpol und Alternative zum Spiegel konzipiert; nachweisbar ist dies insbesondere an der politischen Linie und dem vergleichsweise schonenden Umgang mit den Anzeigenkunden. Uli Bauer, dritter stellvertretender Chefredakteur von Focus, fasste die redaktionelle Linie des Focus unter Bezugnahme auf das bekannte Augstein-Wort (...im Zweifelsfalle links) deutlich zusammen: Wenn der Spiegel im Zweifel links ist, sind wir im Zweifel rechts.
Affären und Skandale
Der Spiegel in der Kritik
Entwicklung
Chronologie
1947
1950
- Spiegel-Ausschuß: Der Spiegel deckt Bestechung von Abgeordneten auf; Abstimmung für Bonn statt Frankfurt am Main als Bundeshauptstadt; Vernehmung von Augstein als Zeuge, Berufung auf journalistische Schweigepflicht über die vertraulichen Quellen der Information.
- Schmeißer-Affäre: Hans Konrad Schmeißer, ehemaliger Agent im französischen Geheimdienst, hatte behauptet, Bundeskanzler Adenauer, Ministerialdirektor Blankenhorn und Generalkonsul Reifferscheid seien für den französischen Geheimdienst tätig gewesen und hätten einen französischen Agenten mit geheimen Nachrichten versorgt (Spiegel, Nr. 28/1952).
- Hans Magnus Enzensberger: Analyse über Die Sprache des Spiegel
- Beginn der Debatte um die Notstandsgesetze, aus der später (1960, 1963, 1965) verschiedene Gesetzentwürfe des Innenministers Gerhard Schröder (CDU) hervorgingen.
- Tatsächlich verbreitete Auflage: 437.000 Exemplare.
- 10. Oktober: Bedingt abwehrbereit (Fallex) erscheint in Der Spiegel, Nr. 41.
- 26. Oktober: Durchsuchung des Spiegel-Verlags in Hamburg und der Redaktion in Bonn; Haftbefehle; Vorwurf: Verdacht des Landesverrats, der landesverräterischen Fälschung und der Aktivbestechung.
- 7. November: Abgrund von Landesverrat im Lande (Adenauer im Bundestag)
- 9. November: BVerfG, Urteil: Keine einstweilige Anordnung
- Franz-Josef Strauß: Sie sind die Gestapo im Deutschland unserer Tage [...] Ich war gezwungen, gegen sie zu handeln.
- Karl Jaspers, Wohin treibt die Bundesrepublik; Jaspers übt scharfe Kritik an den Notstandsgesetzen, die der Bevölkerung im Falle eines äußeren Notstandes keine Wahl ließen, sich Gewalt und Macht zu verweigern. Ein innerer Notstand könne überhaupt nicht eintreten, weil dies dem Gedanken eines demokratischen Staats zuwiderlaufe: Das Notstandsgesetz raubt dem Volk die ihm verbliebenen legitimen, dann aber nicht mehr legalen Mttel des Widerstands.
- Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) zieht in die Landtage Hessen und Bayern ein.
- 5. August: Spiegel-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts; Verfassungsbeschwerde des Spiegel scheitert.
- Die Notstandsgesetze werden Teil des Grundgesetzes.
- Tatsächlich verkaufte Auflage: 953.000 Exemplare.
- Der Spiegel beschäftigte Anfang der 70er Jahre knapp 900 Beschäftigte, davon rund 400 in der Redaktion, 100 in der Dokumentation sowie knapp 400 in den kaufmännischen und technischen Abteilungen.
- Anfang der siebziger Jahre: Mitbestimmungsmodell und mehr Demokratie innerhalb der Redaktion; Gewinnbeteiligung; Rückgang der Einnahmen aus Anzeigen.
- Anzahl der Spiegel-Leser: ca. 6 Millionen - dies entspricht rund 12 Prozent aller in der BRD und Berlin-West lebenden Menschen über 14 Jahre.
- Anteil der Auslandsauflage an der Gesamtauflage: 10-15 Prozent - Der Spiegel ist eine Publikation mit intensiver Rezeption im Ausland.
- Tatsächlich verkaufte Auflage: 923.000 Exemplare.
- Willy Brandt: Ein Scheißblatt.
- Ausweisung eines Korrespondenten des Spiegel wegen böswilliger Verletzungen der Rechtsvorschriften der DDR.
- Schließung des Spiegel-Büros in der DDR nach einer kritischen Berichterstattung über Zwangsadoptionen, die als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR ausgelegt wurde.
- Höhepunkte des Enthüllungsmagazins Der Spiegel.
- Neue Heimat.
- Barschel-Affäre (Waterkantgate): Die Republik schuldet dem Spiegel Dank für diese Aufdeckung (Theo Sommer in der ZEIT).
- Coop-Affäre.
- Erich Honecker: Ja, der Spiegel ist ein gutes Blatt, les' ich jeden Montag.
- Tatsächlich verkaufte Auflage überschreitet mit 1.050.000 Exemplaren erstmals die Millionengrenze.
- Antje Vollmer: Am Ende der Ära Augstein hat der Spiegel an Bedeutung verloren und an Macht gewonnen.
- 18. Januar: Erstausgabe von Focus erscheint im Focus-Verlag, einer hundertprozentigen Tochter von Burda; "Konkurrenz-, nicht Gegenmedium zum Spiegel" (Helmut Markwort). Der Spiegel leidet unter einem Auflagenminus von über 10 Prozent und einem Rückgang der verkauften Anzeigenseiten um über 12 Prozent.
- Anzahl der Spiegel-Leser: über 7 Mio.
- Diversifikation: Spiegel-TV, Manager Magazin, Spiegel Special (1/5 des Umsatzes von 1996, 542 Mio. DM).
- Der Spiegel war im ersten Halbjahr 1996 die deutsche Zeitschrift mit den höchsten Einnahmen aus Vertrieb und Anzeigen; erzielt wurden Bruttoeinnahmen von 330,74 Mio. DM, das ist knapp eine Mio. mehr, als der Stern (Platz 2) erzielen konnte und liegt ebenfalls noch vor Bild am Sonntag (Platz 3) und Focus (Quelle: Kress Report).
- Januar: 50. Geburtstag des Spiegel (= 2.649 Ausgaben).
- Aktualisierung des Layouts; der Spiegel erscheint durchgehend farbig.
- 7. November: Tod des Herausgebers Rudolf Augstein
Spiegel online
Spiegel online wurde 1994 gegründet. Die Beiträge erstellt ein eigenes Redaktionsteam,manche werden von den Nachrichtenagenturen übernommen. Einige Artikel des Print-Spiegel sind auch online verfügbar. Seit 2000 fährt Spiegel online einen strikten Sparkurs. Autoren werden nicht nach Spiegel-Tarif, sondern nach dem eigenen Spiegel-Online–Tarif bezahlt. Seit 2002 sind Abrufe von Archiv-Beiträgen kostenpflichtig.