Demokratische Erziehung
Demokratische Erziehung bezeichnet unterschiedliche Formen der Erziehung, die den Anspruch haben, demokratisch zu sein oder ein demokratisches Zusammenleben, im Sinne einer Demokratie als Lebensform, zu fördern.Dazu gehören Erziehungsansätze, die Inhalte über Demokratie vermitteln oder demokratische Verhaltensweisen einüben sollen genauso, wie Versuche die Strukturen des Bildungswesens demokratisch zu gestalten.
Table of contents |
2 Erziehungsansätze 3 Umgestaltung 4 Hemnisse 5 Geschichte 6 Literatur |
Ziele
Entsprechend der unterschiedlichen Demokratieauffassungen gibt es auch unterschiedliche Zielstellungen für eine demokratische Erziehung:
Erziehungsansätze
Diese unterschiedliche Erziehungsziele werden auch in unterschiedlichen Methoden deutlich. Stichpunktartig sind hier zu nennen:Umgestaltung
Demokratie lernen bedeutet eine Herausforderung sowohl an die Beteiligten wie Schüler oder Lehrer aber auch an die Institutionen. Nach Burk et al (2000, S. 10) ergeben sich folgender Umgestaltungsbedarf:
für Kinder | für Lehrer/innen/ Erzieher/innen | |
---|---|---|
Verantwortung | übernehmen | übergeben |
Selbständigkeit | erlernen | ermöglichen |
»Ich«-Stärkung | erfahren | befördern |
Toleranz | entwickeln | vorleben |
Zivilcourage | aufbauen und zeigen | zeigen und würdigen |
Sich einmischen | lernen und praktizieren | fordern und akzeptieren |
Mitgestaltung Mitbestimmung Mitbeteiligung | praktizieren | unterstützen befördern ermöglichen |
Mitdenken | pflegen | verlangen |
Mitreden | können | lassen |
Reale Partizipations- Möglichkeiten | ergreifen | eröffnen |
Soziale Kompetenz | erwerben, ausbilden | einbringen |
Demokratie | leben, erleben | vorleben, leben erlebbar machen |
Hemnisse
Angesichts dieses Umgestaltungsbedarfes kommen Einwände gegen eine demokratische Erziehung teilweise aus dem Bildungssystem selber, und tragen dazu bei den Status Quo beizubehalten. Argumente hierfür sind unter anderem: dass Kinder zu unmündig für eine solche Erziehung seien; dass Unterricht dadurch verlangsamt würde oder dass die unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen zu einer ungerechten Interessendurchsetzung führen würden.
Verschiedene Aspekte im Bildungswesen stehen zudem gegen eine demokratische Erziehung. Dazu gehört die gesetzlich verankerte Einschränkung der Mitbestimmung von SchülerInnen, strukturelle Diskriminierung wie die Benachteiligung von SchülerInnen fremder Muttersprache oder die soziale Schichtung im dreigliedrigen Schulsystem, die eine starke soziale Reproduktionswirkung entfaltet.
Geschichte
Erziehung und Demokratie von John Dewey ist erstmals 1916 erschienen und wird bis heute (häufig sogar als einziger Beitrag) in erziehungswissenschaftlichen Schriften zu dem Thema angeführt. Dieser reformpädagogische Ansatz setzt in erster Linie auf die Vermittlung von demokratischem Erleben. In Deutschland kommen Gedanken zur Mitbestimmung ebenfalls in der Reformpädagogik auf und werden u.a. durch Gustav Wyneken für die Weimarer Republik in die Schulordnung aufgenommen. Dabei bleibt es aber auf staatstragende Ansätze wie der Einführung einer Staatsbürgerkunde und einer begrenzten Schülermitsprache beschränkt.
Mit dem Nationalsozialismus wird die Demokratie an sich bekämpft, wobei die Nazis allerdings viele reformpädagogische Projekte zumindest für einige Jahre weiterbestehen lassen unter anderem um für ihre eigenen Eliteeinrichtungen pädagogische Inspirationen zu finden (vgl. Erziehung im Nationalsozialismus).
Nach der Befreiung vom Faschismus planen die Alliierten zur Entnazifizierung eine demokratische Erziehung nach dem Vorbild Deweys zu verankern scheitern aber am Widerstand der deutschen Schuladministration. An vielen Punkten setzt die bundesdeutsche Schule an der Bildung der Weimarer Republik an. Erst mit der Gesamtschul-Bewegung und der antiautoritären Erziehung kommen in den 70er Jahren demokratische Zielstellungen wieder verstärkt ins Blickfeld der Erziehungswissenschaft. Gleichwohl bleibt eine tiefgreifende demokratische Erziehung bislang häufig auf Ausnahmeeinrichtungen wie der Bielefelder Laborschule begrenzt. Ihr Begründer Hartmut von Hentig ist wohl bekannteste Vertreter demokratischer Erziehung in Deutschland heute. International gibt es noch wesentlich weiter entwickelte demokratische Schulen.
Literatur
siehe auch: Civic Education, Politische Bildung