Debitismus
Die Theorie des Debitismus wurde von den Bremer Professoren Heinsohn und Steiger zum ersten Mal im Buch "Eigentum, Zins und Geld" beschrieben. Paul C. Martin hat diese Theorie beschrieben, weiterentwickelt und popularisiert.
1. Die Urschuld (oder Subsistenzpflicht) bezeichnet die Pflicht des Einzelnen, zur Selbsterhaltung zu konsumieren. Sie kann durch Produktion und anschließendem Selbstverbrauch des Produzierten getilgt werden. Die Urschuld entspricht den vom Marxismus definierten Reproduktionskosten der Arbeiterklasse, während die neoklassische Theorie keinen notwendigen Mindestkonsum des Einzelnen definiert.
2. Die religiöse Schuld bezeichnet die Pflicht des Einzelnen, "freiwillige" Zahlungen an seine Religionsgemeinschaft zu entrichten. Sie wird durch Opfer bzw. Abgaben an religiöse Instanzen getilgt. Der Zehnt ist die älteste Form einer religiösen Schuld, der von einzelnen Religionsgemeinschaften, beispielsweise den Mormonen, noch heute auf freiwilliger Basis parallel zum staatlichen Steuersystem erhoben wird. Bei Nichterfüllung erfolgt soziale Ächtung bzw. eine "Bestrafung" nach Ableben des Schuldners ("Jenseitsvorstellungen").
3. Die Kontraktschuld bezeichnet die vertraglich festgelegte Schuld zwischen kontraktfähigen natürlichen oder juristischen Personen nach Abschluss eines entsprechenden Schuldvertrages, der Leistung und Gegenleistung, Termin sowie Sanktion bei Nichterfüllung beinhalten muss (--> Arbeitsteilung). Die Vollstreckung einer Kontraktschuld resultierte in früheren Jahrhunderten oft im ökonomischen und sozialen Ruin des Schuldners.
4. Die Abgabenschuld bezeichnet die vom jeweiligen Machthaber (Herrscher, Staat) festgesetzte und mit ausgeübtem oder angedrohtem Waffeneinsatz ("coercive power") eingeforderte Abgabenlast des Einzelnen. Die Geschichte und Systematik der Steuern und Abgaben ist ein Schwerpunkt der debitistischen Forschung. Nach debitistischer Auffassung liegt der Ursprung der Steuern im Tribut unterworfener Völker, der nach Übernahme der Tributgebiete bzw. Einbeziehung der Tributpflichtigen in das ursprüngliche Machtareal zur Steuer umgewandelt wird. Zur Finanzierung seiner Machtausübung muss der Staat sich nach debitistischer Auffassung im Vorgriff auf künftige Abgabenschulden ("Staatsschulden") verschulden.
Zur Bezahlung dieser (vom Machthaber festgesetzten) Steuern und Abgaben müssen die Bürger private Schulden aufnehmen. Der Zeitunterschied zwischen dem (frühen) Steuertermin des Bürgers und dem (späten) Zeitpunkt seines Einkommens erklärt und rechtfertigt für Paul C. Martin die Erhebung von Zinsen. Dadurch beginnt eine Schuldenspirale, die nur durch periodische Wirtschaftskrisen und damit verbundene Revolutionen unterbrochen werden kann.
Der Debitismus lehnt das neoklassische Tausch-Konzept sowie sämtliche daraus entwickelten makroökonomischen Modelle, z.B. die Quantitätsformel mitsamt der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ab. Stattdessen werden alle Wirtschafttransaktionen als Schuldenaufnahme bzw. Schuldentilgung definiert, denen eine entsprechende Guthabenbildung bzw. Guthabenvernichtung gegenübersteht. Der Begriff Zeit spielt in der debitistischen Theorie eine extrem wichtige Rolle.
Dem ist wiederum entgegen zu halten, dass die Failing States (unter der Herrschaft von "Warlords" bzw. "Gewaltkaufleuten" (Georg Elwert) in der Gegenwart Stoff der aktuellen Ethnologie und Politologie sind.
Der Debitismus unterschätzt ähnlich wie die klassischen liberalen Auffassungen Folgen des Schuldendrucks für wirtschaftlich Schwache und übersieht die Probleme der Überlastung der Wirtschaftsteilnehmer.Theorie
Der Debitismus betrachtet die Volkswirtschaft nicht als Summe von Tauschgeschäften, wie es in der neoklassischen Theorie formuliert wird, sondern als Summe von Schuldverhältnissen. Der ausformulierte Debitismus nennt heute vier Gruppen von Schuldverhältnissen:Kritik
Das Konzept des Räuberstaates mag für die Staaten der frühen Neuzeit und während der kolonialistischen Expansion der europäische Staaten gültig gewesen sein. Die modernen europäischen Staaten beruhen jedoch auf einem komplexen Entscheidungsprozess, der einkommensunabhängige Steuern nicht vorsieht.