De beata vita
Augustinus verfasste De beata vita 386, während er sich in der Nähe von Mailand auf einem Landgut namens Cassiciacum aufhielt, um dort nach langen und stürmischen Jahren des rastlosen Suchens nach der Wahrheit endlich bei ihr eingekehrt, seinem Denken und Dasein einen Neuanfang zu ermöglichen. Zum einen äußerlich dadurch, dass er seinen Beruf als Rhetoriklehrer aufgab, und damit auch teilweise seinen Mailänder Lebenskreis, und zum anderen innerlich dadurch, dass er versuchte, sich im hilfreichen Verbunde mit wenigen Gleichgesinnten der erreichten Neubesinnung in äußerer und innerer Stille und Abgeschiedenheit bewusst zu werden. Philosophisch betrachtet, ein unerhört wertvoller Zeitpunkt - nicht nur weil auch bei anderen Wahrheitssuchern selten so deutlich erkennbar - , sondern vor allem, weil er uns Heutigen auch noch nach mehr als eineinhalb Jahrtausenden die Chance ermöglicht, dem originären Denkansatz Augustinus` nachdenkend und schließlich auch existentiell nachvollziehend zu einer eigenen reflektierten Positionierung gegenüber dieser Wahrheit zu gelangen.Inhaltlich geht es in De beata vita um die denkende Selbstauslegung eines wichtigen Lebensabschnittes in Augustins Leben. Dies geschieht nicht in Form eines Aufsatzes oder einer Abhandlung, sondern in Form eines Protokolls über ein sich - mit Augustins Geburtstag beginnend - über drei Tage hinziehendes Gespräch an dem Freunde, Schüler, Vettern, sein Bruder, seine Mutter und sein Sohn Adeodatus beteiligt gewesen waren. Alle Beteiligten waren miteinander eng und anteilnehmend verbunden. Unter ihnen herrschte außerdem ein grundlegendes Einverständnis darüber, was Philosophieren bedeutet und welches Ziel Philosophieren haben soll. Augustinus übernahm die Führerrolle in diesem Gespräch, indem er durch Fragen an seine Gesprächspartner herauszufinden suchte, ob sie seine Ansichten zu teilen bereit und in der Lage waren. Er appellierte dabei immer wieder an ihre Einsichtsfähigkeit und forderte sie auf, durch eigenes prüfendes Nachvollziehen des gemeinsam Erarbeiteten herauszufinden, ob und inwieweit es ihrer Meinung nach zuträfe. Wie sehr diese Schrift dem ganz persönlichen Philosophieren gewidmet ist, wird schon in der Einleitung deutlich, die folgendermaßen beginnt: "Am Morgen des 13. Novembers 386, bat ich meine Gäste mir nach einem leichten Frühstück ins Badehaus zu folgen, um sich mit mir in diesem abgelegenen Ort zu unterhalten. ...Steht es eigentlich für euch fest, dass der Mensch aus Seele und Leib besteht? So begann ich das Gespräch in der Runde."