Cross-Border-Leasing
Cross-Border-Leasing (im folgenden: CBL) bezeichnet ein Leasing über Staatsgrenzen hinweg, Leasinggeber und Leasingnehmer haben ihren Sitz also in unterschiedlichen Ländern. In der Regel wird CBL durchgeführt, um die unterschiedliche Gesetzgebung in beiden Ländern Steuern zu vermeiden. Meist wird das geleaste Objekt wieder direkt an den Geber zurück vermietet. Durch die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Länder gibt es nun zwei Eigentümer ein und des selben Objektes. Sowohl Mieter als auch Vermieter verbuchen Erträge und bessern damit ihre Bilanzen auf. Möglich wurde dieser Bilanzierungstrick durch Deregulierungsmaßnahmen in den USA während der 1990er Jahre. Es entsteht also ein so genannter "Barwertvorteil" aufgrund von Abschreibungen, die sich eine US-Bank mit der Kommune teilt, die CBL durchführt.Oft wird CBL als Verkauf missverstanden. Tatsächlich kommt es nur aus US-steuerrechtlicher Sicht dazu. Ein Verkauf findet aus deutscher Sicht nicht statt. Übrigens werden die Geschäfte in den USA unterzeichnet.
Die USA planen derzeit eine Schließung der Gesetzeslücke: der US-Senat hat bereits im Mai 2004 ein Ende für Cross-Border-Leasing beschlossen, der Beschluss des Senats steht noch aus. Derzeit ruhen daher alle CBL-Anträge. Zahlreiche europäische Kommunen konnten mit der Methode ihren Haushalt sanieren. CBL brachte beispielsweise der Stadt Recklinghausen etwa fünf Millionen Dollar ein.
Table of contents |
2 Laufzeiten und Kosten 3 Gerichtsstand USA 4 Provisionen 5 Kein Vorteil für den Bürger? 6 USA: Verbot und Staatsanwaltschaft? 7 Fallbeispiele 8 Links |
Für CBL-Verträge eignen sich besonders langlebige städtische Anlagen. Zudem ist gegenwärtig (Stand 2004) ein Mindestwert von 150 Mio. € vorgesehen.
In der Praxis werden kommunale Klärwerke, Kanalsysteme, Heizkraftwerke, Trinkwassersysteme, Straßenbahnen, Schienennetze, Messehallen und Schulen an US-Firmen über eine Laufzeit von bis zu 100 Jahren vermietet und direkt zurückgemietet. Das gilt in den USA als "Investition" und bringt den Firmen Steuervorteile. Der amerikanische Bürger bekommt weniger öffentliche Leistung, da das Steueraufkommen geringer wird. Die rückmietende Kommune (oder die Betreibergesellschaft der Anlage) bekommt einen Anteil ("Barwertvorteil") der Steuerersparnisse aus den USA zurück. Dieses Geld wird in der Regel nicht investiert, sondern dient der Haushaltssanierung.
Die US-Firma wird "Investor" genannt. Das ist irreführend, weil sie nur nach US-Recht investiert. Der Begriff "Investor" wird umgangssprachlich verwendet, es handelt sich um einen Trust, der eigentlich nicht in die Objekte investiert, sondern nur das Steuerrecht in den USA ausnützt. Nach deutschem Recht ist die US-Firma lediglich Mieter und gleichzeitig Vermieter. Neue Investitionen in die Anlage während der Laufzeit tätigt auch nicht die US-Firma. Im Gegenteil, die Kommune muss dafür sorgen, dass die Anlage ihren vetraglich festgelegten Zweck über einen bestimmten Zeitraum erfüllt. Denn der US-Investor muss seinem Finanzamt jährlich nachweisen, dass die Anlage "in Schuss" ist. Daraus ergeben sich im Konfliktfall Schadensersatzforderungen gegen die Kommune. Dies ist aufgrund der langen Vertragslaufzeiten nicht unproblematisch. Rückzahlungen betragen oft ein Mehrfaches der einst gewonnenen "Barwertvorteile".
Der frühere freie Eigentümer hat jetzt zahlreiche langfristige Ansprüche und Forderungen, die durch ein Pfandrecht gesichert werden: nach dem amerikanischen Steuerrecht reicht das "wirtschaftliche Eigentum" aus, bei uns herrscht jedoch das Faustpfandprinzip. [1] vor. Es gibt also zwei Eigentümer, woraus sich ein gewisses Verlustrisiko ergibt. Nach deutschen Vertragsauslegungen bleibt die Kommune Eigentümer und nach US-Recht wird der US-Trust zum wirtschaftlichem Eigentümer. In allen Verträgen wird die USA als Gerichtsstand festgelegt. Allerdings wird es nicht für nötig gehalten, die Verträge ins Deutsche zu übersetzen.
Als Nachteil gelten die langen Laufzeiten, welche die Städte zwischen 14 und 100 Jahre zum momentan festgestellten Wertvolumen der Anlagen an die CBL-Verträge binden. Somit dürften die Anlagen nicht verkleinert oder redimensionert werden, sie dürfen also nicht billiger werden. Schon der Eintritt in eine Verhandlung erscheint riskant: So musste nach dem Scheitern von Vorverhandlungen die Stadt Aachen an Banken, Anwaltskanzleien und weitere Berater 19 Millionen Mark bezahlen [1].
Im Ruhrgebiet wurde als Bürgerinitiative die Arbeitsgemeinschaft gegen kommunalen Ausverkauf [1] gegründet. Unter diesem Titel sammeln sich Kritiker gegen die in ihren Augen "riskanten Scheingeschäfte mit Steuertricks".
In zahlreichen deutschen Städten haben sich Bürgerinitiativen zum Thema Cross Border Leasing gebildet. Siehe aktuell Bergisch Gladbach, Bochum, Köln und Frankfurt.
Letztlich stehen den überschaubaren Risiken aber massive Steuergeschenke gegenüber, die zudem der US-Steuerzahler an deutsche Kommunen zahlt. Neben dieser moralischen Komponente, aufgrund eines Loches in der US-Steuergesetzgebung und auf Kosten des US-Haushaltes, indirekte Subventionen einzstreichen, scheint CBL daher eine kaum angreifbare Finanzierungsquelle für Kommunen zu sein, die sich auch in der Praxis bewährt hat.
Als einen Nachteil sehen Kritiker die Intransparenz bei dem Geschäft mit öffentlichen Gütern, da der US-Investor meist nicht namentlich genannt werden will. Im Konfliktfall ist für beide Vertragspartner nicht deutsches, sondern US-amerikanisches Recht entscheidend, denn die Verträge werden in den USA abgeschlossen. Gerichtsstand ist dann der jeweilige US-Bundesstaat. Eine weitere Rechtsunsicherheit ergibt sich daraus, dass einzelne US-Finanzämter diese Transaktionen dulden, die oberste US-amerikanische Steuerbehörde sich aber klar dagegen ausspricht und in einzelnen Fällen sogar dagegen prozessiert. Es gab jedoch keinen einzigen Fall, in dem gegen die Praxis vorgegangen werden konnte.
Die Gewinne aus dem Cross Border Leasing entstehen nicht aufgrund konkreter Wertschöpfung, sondern durch die Verluste des US-amerikanischen Fiskus und werden von dem dortigen Steuerzahlern finanziert. Deutsche Banken können aufgrund dieser so genannten Auslands"investition" ihre Steuerlast in Deutschland verringern. Sie verdienen auch an den gegebenen Krediten.
Der Teil, der als Provision an die beteiligten Anwaltskanzleien und Vermittler gezahlt wird, ist fast ebenso hoch wie der Betrag, der für die beteiligte Kommune in Europa als Vorteil insgesamt abfällt. Die Gefahr, dass Vergünstigungen auch an Entscheidungsträger der Kommunen gezahlt werden, ist außerordentlich hoch.
Auch die rechtliche Seite der Border-Leasing-Geschäfte in Deutschland ist mehr als fragwürdig, der Barwertvorteil wird oft nicht versteuert, die Einnahmen fließen nicht in den Gebührenhaushalt ein, die doppelte Abschreibung der Leasing-Objekte hält einer rechtlichen Betrachtung unter Umständen nicht stand.
Der Einblick in die Bücher im Rahmen der Informationsfreiheit bleibt hier verwehrt.
Dies wird zur Zeit mittels einer Verwaltungsklage in drei Städten hinterfragt, in Hamburg, Köln und Wuppertal. Informationen zum Widerspruch gegen den Gebührenbescheid der Stadt Wuppertal vor diesem Hintergrund findet man unter unter:
Mittlerweile werden sich auch die Behörden in den USA darüber bewusst, dass es sich um Scheingeschäfte handelt, mit denen man Subventionen kassiert. Im Jahr 2004 zeichnet sich eine Änderung ab:
Am 17. Juni 2004 erreicht die deutschen Medien die Nachricht, dass das Aus für Cross-Border-Leasing-Deals gekommen ist. Das US-Repräsentantenhaus hat einem Steueränderungsgesetz mit 251 zu 178 Stimmen zugestimmt, das zur Konsequenz hat, dass künftig US-Cross-Border-Leasing-Geschäfte (CBL) faktisch tot sind.
Die Folgen für die deutschen Kommunen sind noch nicht absehbar. Befürchtet wird, dass die amerikanische Vertragsseite vor dem Hintergrund eventuell weggebrochener Steuervorteile versuchen wird, einen Vertragsverstoß seitens des deutschen Partners zu finden, um die Rückgängigmachung des Vertrags erzwingen zu können.
Die Gesamtzahl in Deutschland wird auf 180 Verträge aus den Jahren 1996 bis 2003 geschätzt.
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