Computermusik
Grundlagen
Computermusik (CM) ist Musik, die mit dem Computer, oder wenigstens zum größten Teil über den Computer erzeugt wird. Dabei können die Klänge im Computer generiert und/oder bearbeitet werden (Klangsynthese, Klangformung) und so ist der Computer als Musikinstrument anzusehen. Es ist aber auch möglich, mit speziellen Programmen den Computer komponieren zu lassen (Partitursynthese), womit das Ressort der künstlichen Intelligenz tangiert wird. In weitesten Sinn meint CM aber auch solche Musik, bei der der Computer zur Steuerung oder Beeinflussung von anderen Musikgeräten dient. Da einerseits das Hören als analoger Vorgang angesehen werden kann, der Computer auf der anderen Seite eine digitale Maschine ist, müssen bei der Ausgabe die diskreten Zahlen des Computers in "glatte" (elektrische Spannungs-)Kurven umgewandelt werden, um letztlich per Lautsprecher hörbar gemacht zu werden. Dies geschieht über Digital-Analog-Wandler (Digital-Analog-Umsetzer oder DA-Converter. Umgekehrt gelangen analoge Schallereignisse in den Computer, wenn Analog-Digital-Wandler eingesetzt werden. In diesem Fall können momentane Amplituden (Hochwerte) einer Schallkurve - ein reiner Ton, über ein Mikrofon aufgenommen und auf dem Bildschirm eines Oszillografen ( = Schwingungsschreiber) sichtbar gemacht, ergibt eine Sinuskurve - in kleinen Zeitschritten abgetastet werden, wobei aus der (glatten) Schallkurve eine Treppenkurve entsteht, die umso besser sich dem Original nähert, je mehr Abtastungen in der Zeiteinheit stattfinden, je höher also die Abtastrate ist. Setzt sich die Schallkurve aus mehreren Sinuskurven zusammen, wird also ein Klang aufgenommen, so muss nach dem Abtasttheorem von Nyquist und Shannon (1948) die Abtastrate doppelt so hoch angesetzt werden wie die höchste der in der Summe vorkommenden Frequenz (Schwingungszahl f, gemessen in Hertz (Hz)), soll der gespeicherte Klang in all seinen Feinheiten vollkommen aufgezeichnet oder wiedergegeben werden. Wenn z.B. auf einer Compact-Disk die höchste vorkommende Frequenz f = 22,05 Kilo-Hertz ist, so ist die Abtastrate (Samplingrate) 44,1 Kilo-Hertz.
a) Additive Klangsynthese. Ein Klang erweist sich auf dem Bildschirm eines Oszillografen als periodische, nicht sinusförmige Kurve (s.z.B. rechtes Bild der Abb.A). Wie Jean Baptiste Fourier festgelstellt hat, kann jede periodisch verlaufende Schwingung als Summe von sinusförmigen Kurven (verschiedenster Frequenz und Amplitude) aufgefasst werden. Dies ergibt die Möglichkeit, Klänge (periodische Kurven) durch Addition einzelner Töne (schlichte Sinuskuven) zusammenzusetzen (Klangsynthese). Durch Auswahl und Variation z.B. der Amplitude der einzelnen Komponenten ergibt sich ein Vielzahl von verschiedenen Klängen (Additive Klangsynthese) (vgl.Abb.A). Da jedoch ein Klang, z.B.der der auf dem Klavier angeschlagenen Taste a' (mit der Grundschwingung 440 Hz), sich während seiner Dauer ändert (Jean Claude Risset), reicht diese einfache Klangsynthese zur Erzeugung eines "echten" Klavierklanges nicht aus. Ganz wesentlich hierfür erweist sich u.a. der Einschwingvorgang, d.h. wichtig ist der Zeitraum, in dem sich der Klang aufbaut. Darüber hinaus trägt "farbiges Rauschen", das aus fast unendlich vielen Teilschwingungen mit einem Frequenzmaximum besteht, in besonderem Maße zum Klang ( Panflöte ! ) bei.
Unter anderen hat Wolfgang Amadeus Mozart ein "Musikalisches Würfelspiel" (KV 294 d) sich ausgedacht, eine "Anleitung, Walzer oder Schleifer mit zwei Würfeln zu componieren ... ". Dort sind in einer Tabelle 3/8-Takte im Klaviersatz aufgelistet, deren Auswahl durch die Augenzahl der geworfenen Würfel geschieht und hintereinander notiert, eine fertige Komposition ergeben. Wenn nun der Computer "würfelt", d.h. Zufallszahlen erzeugt, kann man diesen Zahlen Noten entsprechen lassen. Gleichzeitig werden dem Computer Regeln beigebracht, die darüber befinden, welche der "erwürfelten" Noten zugelassen werden und welche verworfen werden, weil sie den Regeln widersprechen. Die Regeln können einem Lehrbuch entnommen sein, oder aber man programmiert den Computer so, dass er z.B.nach Eingabe eines Bachchorals die dortigen Regeln und Bedingungen selber findet, etwa welche Harmonien vorkommen, welche Tonfolgen öfter auftreten, usw. Der russische Mathematiker Andrej Andrejewitsch Markow (auch: Markov, Markoff)führte im Zusammenhang mit Textuntersuchungen die nach ihm benannten Markow-Ketten ein, bei denen Übergangswahrscheinlichkeiten für einzelne Elemente betrachtet werden. Claude Elwood Shannon, der Begründer der Informationstheorie, hat dann darauf hingewiesen, dass die Markoffmethode auch bei musikalischen Experimenten Verwendung finden könnte. Lejaren A.Hiller und Leonard M. Isaacson schliesslich nannten den vierten (Experimenten-)Satz ihrer Illiac-Suite für Streichquartett, die erste, 1955/1956 entstandene Computerkomposition, dementsprechend "Markoff chain music".Klangerzeugung, Klangmanipulation
b) Klänge über Frequenzmodulation. Ändert sich die Frequenz f eines Tones periodisch, so bezeichnet man diese Tonhöhenschwankungen als Vibrato. Man sagt, der Ton sei frequenzmoduliert (vgl.Abb. B ). Nähern sich "Trägerfrequenz" und "Modulationsfrequenz (s.Abb.C), so ergeben schon wenige Wellenformen, z.B. die beiden in der Abb.C, reiche Resultate. Diese FM-Synthese ist einerseits weniger aufwändig als die additive Klangsynthese und außerdem eine flexiblere Technik, weil Träger- und Modulationsschwingungen jedwede Form (nicht bloß Sinusschwingungen) annehmen dürfen und sich so völlig neue Klänge synthetisieren lassen.
c) Klänge mittels Sampling. Da die Speicherkapazität eines Computers im Lauf seiner Geschichte immer mehr zugenommen hat, konnten die speicherhungrigen Wellenformen der "natürlichen" Instrumente einschließlich deren Ein- und Ausklingvorgänge in einer Tabelle, der Wavetable im Computer eingespeichert werden. Durch Manipulation (Filter, Modulatoren, u.a.) dieser Werte lassen sich leicht Klangqualitäten ändern oder Effekte ( z.B.Hall ) hinzufügen.
d) Berechnung von Klang: Physical Modeling. Wenn ein Instrumentalklang mathematisch analysiert werden kann, so ist es leicht, aus entsprechende mathematischen Vorgaben wieder einen Klang herzustellen. Diese Vorgehensweise setzt aber eine sehr hohe Rechenleistung seitens des Computers voraus und so hat man nach Ersatzmodellen (Julius O.Smith) gesucht, indem z.B. elektrische Wellenleiter anstelle von Longitudinalwellen in einem Rohr, wie sie in einer schwingenden Pfeife vorkommen, untersucht werden.Der Computer als Komponist