Citizen Kane
Citizen Kane von 1941 ist das filmische Erstlingswerk des US-amerikanischen Regisseurs Orson Welles. Die Fachzeitschrift Sight & Sound des British Film Institute führt alle zehn Jahre eine Umfrage nach dem "Besten Film aller Zeiten" durch, im Jahre 2002 bei 250 berühmten Regisseuren und Kritikern. Seit 1962 wird die Liste durchgängig von "Citizen Kane" angeführt.Obgleich sich die Verbindlichkeit einer solchen Umfrage in Frage stellen lässt, kennzeichnet ihr Ergebnis den Rang von "Citizen Kane" deutlich. Häufig wird der Film - nicht ganz zu Unrecht - als das filmische Gegenstück zu James Joyces Roman "Ulysses" dargestellt.
Die Handlung des Films zeichnet das Leben eines fiktiven, gleichwohl an reale Vorbilder angelehnten US-amerikanischen Medienmagnaten und Präsidentschaftskandidaten nach. Der Film beginnt mit dem Tod dieses Charles Foster Kane. Im Verlauf des Filmes werden sodann in Rückblenden die Lebensstationen Kanes dargestellt. Eingebettet sind diese in eine Rahmenhandlung, in der ein Journalist, der für einen Nachruf recherchiert, der Herkunft von Kanes letzten Worten, "Rosebud", auf den Grund zu gehen versucht; innerhalb dieser Rahmenhandlung besucht er Archive, Bekannte des Verstorbenen und so weiter. Niemand jedoch kann ihm über "Rosebud" Auskunft erteilen. Für den Journalisten bleibt das Rätsel ungelöst, für den Zuschauer löst Wells es jedoch auf und zeigt in der letzten Einstellung des Filmes, wie der Kinderschlitten des etwa zehnjährigen Kane, der früh von seinen Eltern weggebracht und unter einem Vormund einer "guten Erziehung" zugeführt wurde, zusammen mit anderem Holz auf einem Haufen verbrennt, der aufgemalte Name des Schlittens ist "Rosebud".
Welles reizte für den Film jedes existierende technische Mittel des noch relativ jungen Tonfilms in perfekter Weise bis ins letzte aus und erfand weitere Spezialeffekte hinzu, z. B. zusammen mit seinem kongenialen Kameramann Gregg Toland die Schärfentiefen-Technik, die durch den Einsatz spezieller Kameraobjektivee Objekte in unterschiedlicher Entfernung gleichermassen scharf zeichnete.
Nicht minder revolutionär war die Erzähltechnik des Films. Welles stellte sich und dem Zuschauer nicht mehr durch lineares Erzählen die Frage "Wie wird die Geschichte enden?", sondern verriet bereits zu Beginn des Films ihr Ende, um im Anschluss daran die Frage "Wie ist es dazu gekommen?" zu stellen (heute ist diese Technik auch im Mainstreamkino geläufig, z. B. in James Camerons "Titanic").
Welles machte es dem Zuschauer äußerst schwer. Neben der bis heute unglaublich fortschrittlichen Bildsprache, der ungewohnten Erzähltechnik und dem massiven Einsatz avanciertester technischer Mittel entzog Welles dem Film das identifikatorische Moment, das dem Zuschauer erlaubt, sich mit mindestens einem der Charaktere quasi zu verbünden. Durch die fast teilnahmslose Erörterung der Geschichte, die kaum direkte emotionale Teilnahme erlaubt, erhöht Welles noch die Distanz zwischen Werk und Zuschauer.
Ein Mensch jedoch konnte sich in der Gestalt des Protagonisten William Foster Kane berechtigt wiedererkennen, nämlich der amerikanische Medienmogul William Randolph Hearst. Er versuchte den Film bereits während der Produktion zu verhindern oder zumindest zu beeinflussen. Welles aber war für den Film von seinem Studio RKO völlige kreative Freiheit garantiert worden und alle Versuche Hearsts, den Film zu verhindern, scheiterten. Hearst startete daraufhin eine Kampagne in seinem Zeitungsimperium gegen den Film, der so wieder aus den Kinos verschwand. Die Wut von Hearst ist nicht unverständlich, denn der Film ist durchaus keine wohlwollende Hommage, im Gegenteil, Kane ist ein eher unsympathischer Typ. Der Regisseur Kenneth Anger und der Schriftsteller Gore Vidal, ein Freund Hearsts, berichten darüber hinaus, dass vor allem das Wörtchen "Rosebud" im Film (= "Rosenknospe", um die rätselhafte Bedeutung dieses Begriffes kreist der ganze Film) Hearst zur Raserei brachte, da es sein Spitzname für die Klitoris seiner grossen Liebe Marion Davies war, mit welcher der "Citizen Kane"-Drehbuchautor Herman J. Mankiewicz wiederum befreundet war.
Obwohl der Film für neun Oscars nominiert war und zumindest einen für das beste Drehbuch erhielt, dauerte es nach diesem Flop ein paar Jahre, bevor sein Rang vor allem durch einige europäische Regisseure erkannt und er entsprechend gewürdigt wurde.
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