Chancengleichheit
Chancengleichheit bezeichnet in modernen Gesellschaften das Recht auf eine gerechte Verteilung von gesellschaftlichen Reichtümern. Dazu gehört insbesondere das Verbot von Diskriminierung beispielsweise aufgrund des Geschlechtes, der Religion oder der Herkunft, das in den Menschenrechten festgeschrieben ist.
Ideologische Ansätze
Während in der Natur Chancen nach statistisch beschreibbaren Regeln verteilt werden, werden sie in menschlichen Gesellschaften durch Menschen reguliert. In dieser Regulierung drückt sich das Verständnis der Gerechtigkeit als auch der Demokratie aus. Ungerechtigkeiten durch mangelhafte Chancengleichheit können zu einem Bruch des sozialen Friedens führen.
Es gibt zumindest drei ideologische Grundströmungen, die Chancengleichheit unterschiedlich beschreiben:
- Die konservative ist bestrebt, die bestehende Ordnung erhalten.
- Für die liberale werden die Gesetzmässigkeiten des Marktes (Kapitalismus) und der Leistung (Meritokratie) langfristig Chancengleichheit herstellen. Sie wendet sich deshalb gegen alle Eingriffe oder Schutzmassnahmen.
- Dagegen sucht die sozialistische, bestehenden strukturell angelegten Ungleichheiten zu überwinden.
Internationale Vergleichsuntersuchungen wie die PISA-Studie stellen fest, dass im deutschen Bildungssystem die bestehenden Verhältnisse in einem besonderen Maß bei den kommenden Generationen aufrechterhalten wird. Insbesondere Kinder aus Arbeiterfamilien haben kaum Chancen auf eine höhere Bildung. Dazu trägt vor allem die frühe Zuordnung in die Oberschultypen (Haupt- und Realschule sowie Gymnasium) bei, die hier in der Regel nach der 4. Klasse geschieht. (Ausnahmen sind Berlin und Brandenburg, die noch eine sechsjährige Grundschule haben.) Dadurch können unterschiedliche ausser- und vorschulische Einflüsse (zum Beispiel die Erziehung in den Familien) kaum ausgeglichen werden. Auch der 2. Bildungsweg, der in Deutschland breit ausgebaut ist, kann diesen Effekt kaum ausgleichen.
In den 1960er und 1970er Jahren gab es verstärkt Versuche, Chancengleichheit im Bildungssystem herzustellen. Ausgangspunkt war der Sputnikschock und die Feststellung, dass durch die bestehenden Verhältnisse die Fähigkeiten von vielen Menschen nicht optimal ausgenutzt werden. Ralf Dahrendorf prägte in diesem Zusammenhang das Bild des katholischen Arbeitermädchens vom Lande, deren Bildungsbedürfnisse nicht angemessen respektiert würde und die besonders zu fördern sei. Ansätze zur Förderung dieser Bildungsreserve waren beispielsweise die Einrichtung von Schulbussen, Oberstufenzentren und Gesamtschulen.
siehe auch:
John Kenneth Galbraith, Sozialphilosophie, Bildungsparadox, Begabtenförderung, Chance, ChancenChancengleichheit im Bildungssystem
In den modernen Gesellschaften wird dem Bildungssystem eine große Bedeutung bei der Herstellung von Chancengleichheit zugesprochen.