Canon episcopi
Der Canon episcopi war eine kirchenrechtliche Vorschrift aus dem Frühmittelalter, die sich gegen Zauberei und Aberglaube wandte und in der die nächtlichen ekstatischen Flüge von Frauen im Gefolge der heidnischen Göttin Diana ausdrücklich als Einbildung und Wahnvorstellung verurteilt wurden.Einerseits sollen die Kleriker alle Zauberei in ihren Gemeinden bekämpfen und die überführten Frauen und Männer verstossen. Andrerseits wendet sich die Kirche gegen den offenbar weit verbreiteten Glauben an nachtfahrende Frauen.
Der nach dem Textbeginn "Episcopi" (die Bischöfe) benannte Canon erscheint erstmals um 906 in den in Trier verfaßten "Libri duo de synodalibus causis et ecclesiasticis disciplinis", dem Sendhandbuch des Abts Regino von Prüm. Dort wird der Text fälschlich einem Konzil von Ancyra im 4. Jahrhundert zugeschrieben. Über mögliche Vorlagen Reginos lässt sich nur spekulieren.
Entscheidend war die breite Rezeption des Textes: Über Burchard von Worms (gestorben 1025) und Ivo von Chartres (gestorben 1115/1116) fand der Canon Episcopi Aufnahme in die große Kirchenrechtssammlung des Gratian und damit in das Corpus Juris Canonici, das bis 1918 gültig blieb.
Der Canon Episcopi konnte in sehr unterschiedlicher Weise bei der kirchlichen Bekämpfung von Zauberei und Hexerei ausgelegt werden. Ketzerverfolger machten aus dem Abfall von Gott im Traum einen ausdrücklichen Teufelspakt, Hexenverfolger weigerten sich, den von ihnen als real betrachteten Hexenflug mit dem im Canon Episcopi als teuflische Verblendung angesehenen Flug gleichzusetzen. Gegner der Hexenprozesse wie Johann Weyer und gemäßigte Theologen (etwa in Württemberg im 16. Jahrhundert) konnten sich dagegen auf den Canon Episcopi als zentrales Argument gegen den Hexenflug als wichtiges Element der frühneuzeitlichen Hexenlehre berufen.