Cäsaropapismus
Der Begriff Cäsaropapismus (v. Caesar Kaiser und Papa Papst) bezeichnet eine Staatsform, wo das Staatsoberhaupt gleichzeitig auch Oberhaupt der Kirche und oberster Richter in religiösen und dogmatischen Fragen ist. Am häufigsten wird der Ausdruck für die Zeit des byzantinischen Reiches verwendet, aber auch z.B. für England unter Heinrich VIII oder Russland unter Peter I. De facto bestand auch im HRR unter den Ottonen Cäsaropapismus, da der Papst von den Kaisern willkürlich eingesetzt wurde.Cäsaropapismus ist eine Form der Staatskirche, die es aber auch in vielen anderen Ausprägungen gibt. Als gegensätzliche Prinzipien sind einerseits die Unterordnung der Staatsgewalt unter die Kirche ("Papocäsarismus"), und andererseits der Gedanke der Trennung von Kirche und Staat zu verstehen.
Table of contents |
2 Ägypten 3 Römisches Reich 4 Byzanz 5 Russland 6 Katholische Kirche 7 Anglikanische Kirche |
Durch das Toleranzedikt von Mailand 313 wurde das Christentum von der verfolgten zur tolerierten Religion. Kaiser Konstantin I favorisierte Christen unter seinen Hofbeamten, was unter den übrigen Beamten zu zahlreichen Bekehrungen führte.
391 verbot Theodosius I jeden heidnischen Kult und machte damit das orthodoxe Christentum faktisch zur Staatsreligion.
Damit wurde der Kaiser jedoch noch nicht zum Oberhaupt der Kirche, sein Einfluss auf die Kirche war vorerst begrenzt: 390 zwang der Bischof Ambrosius von Mailand Kaiser Theodosius I. unter Drohung der Exkommunikation zur öffentlichen Reue für das Massaker von Thessaloniki. "Der Kaiser ist in der Kirche, nicht über der Kirche."
Das Arrangement mit der Macht führte bei zahlreichen Kirchenoberen zu einer Erhöhung von Wohlstand und weltlichem Einfluss. Viele Gläubige und auch einige Theologen (z.B. Gregor von Nazianz in seinen Predigten in Konstantinopel) sahen das als Korrumpierbarkeit und moralischen Niedergang an. Aus Protest dagegen wuchsen asketische Bewegungen wie Einsiedlertum und Mönchtum. Auch die Donatisten lehnten jegliche Verbindung zwischen Kirche und Staat rigoros ab.
Unter Justinian (527-65) schloss die Herrschaft des Kaisers über die Kirche dann nicht nur organisatorische Fragen sondern auch Dogmen ein.
Wie der Bilderstreit zeigt, konnten jedoch kaiserliche Dogmenentscheide in der Kirche auch so massiven Widerstand hervorrufen, dass sie nicht durchsetzbar waren.
Als Folge des byzantinischen und russischen Cäsaropapismus besteht bis heute in vielen östlich-orthodoxen Kirchen eine enge Beziehung zwischen Kirche und Staat.
siehe auch ReichskircheGeschichte
Die Identität von weltlicher und religiöser Herrschaft hat es historisch in verschiedenen Kulturen und Religionen gegeben.
Ägypten
Die ägyptischen Pharaonen waren nicht nur König sondern zugleich auch Gott.Römisches Reich
Das Römische Reich erhob einen Anspruch auf die gottgleiche Verehrung des Kaisers. Eine Verweigerung des Kaiserkults (z.B. durch Christen) wurde hart geahndet, siehe Christenverfolgung.Byzanz
Während im politisch immer schwächeren Westrom 476 der letzte Kaiser vom germanischen Heerführer Odoaker abgesetzt wird, und sich in der Folge das Papsttum entwickelt, wurde der Kaiser in Konstantinopel immer mehr zur kirchlichen Autorität. Kaiser Theodosius II stand dem Konzil von Konstantinopel (448) als archiereus basileus (hohepriesterlicher König) vor, Kaiser Markian (451) als sacerdos imperator (Priesterkaiser).Russland
Im 16. Jahrhundert wurde der byzantinische Cäsaropapismus von Zar Iwan IV für Russland übernommen, wo er als Prinzip bis zur Revolution in Kraft blieb.Katholische Kirche
In der katholischen Kirche konnte es nicht zum Cäsaropapismus kommen, da dem weltlichen Herrscher der Papst gegenüberstand. Es gab zwar Streitigkeiten mit verschiedenen Ländern bezüglich des Rechts der (Investitur) und bezüglich der Steuerhoheit und darüber, ob der geistliche über dem weltlichen Herrscher steht oder nicht - aber es kam nie zu einer Situation, wo ein weltlicher Herrscher in theologischen Fragen über dem Papst stand. Im Kirchenstaat war allerdings der geistliche und der weltliche Herrscher identisch.Anglikanische Kirche
Eine andere Ausprägung von Cäsaropapismus entstand in England, als sich Heinrich VIII anstelle des Papstes zum Oberhaupt der Kirche ernannte und auch bestimmen eingriff. Dies hatte jedoch schon mit seiner Tochter Elisabeth I ein Ende, die sich strikt weigerte, in theologischen Fragen mitzureden.