Bundesratswahlen
Die
Bundesratswahlen, also die Wahl der Mitglieder der schweizerischen Landesregierung, des
Bundesrates, unterliegen einem komplizierten Geflecht von
die für den Beobachter nicht immer leicht zu durchschauen sind.
Gesetzliche Bestimmungen
Für den Wahlmodus ist wichtig:
- Der Wahlkörper ist die Vereinigte Bundesversammlung, also die vereinigten 200 Nationalräte und die 46 Ständeräte.
- Diese wählen den Bundesrat jeweils zu Beginn einer neuen Legislaturperiode, also alle vier Jahre neu.
- Es gibt keine Amtszeitbeschränkung.
- Die Bundesräte werden einzeln gewählt.
- Die Wahlreihenfolge ist:
- Bisherige Bundesräte kandidieren in der Reihenfolge ihres Amtsalters; der längstdienende Bundesrat wird also als erster wiedergewählt.
- Frei gewordene Stellen werden in der Reihenfolge besetzt, wie sie frei geworden sind; der Sitz, der also durch Rücktritt oder Tod zuerst frei geworden ist, wird zuerst besetzt usw.
- Für eine gültige Wahl ist die absolute Mehrheit der gültigen abgegebenen Stimmen erforderlich.
- Wird diese im ersten Wahlgang von keinem Kandidaten erreicht, so werden solange weitere Wahlgänge durchgeführt, bis ein Kandidat gewählt ist.
- Dabei dürfen vom dritten Wahlgang an keine neuen Kandidaten mehr aufgestellt werden.
- Es scheidet dann jeweils der Kandidat mit den wenigsten Stimmen aus.
Das gesetzlich vorgegebene Anforderungsprofil an die Kandidaten ist denkbar unbestimmt:
- Wählbar ist jeder Schweizer Bürger, der auch zum Nationalrat wählbar ist.
- Regionalklausel:
- Nach der Bundesverfassung von 1999 sollen alle "Landesgegenden" und "Sprachregionen" angemessen vertreten sein.
- Früher galt die "Kantonsklausel", nach der aus demselben Kanton nur ein Mitglied gewählt werden durfte.
- Es werden Mitglieder eines Kollegiums gewählt, das dann die einzelnen Departemente ("Ministerien") unter sich aufteilt. Es werden also nicht von vornherein Fachminister mit bestimmten Fähigkeiten gesucht.
Gewohnheiten
- Sprachen: Obwohl bis 1999 hierfür keine offiziellen Anforderungen bestanden, hat man stets auf eine ausgewogene Vertretung der drei Hauptsprachen Deutsch, Französisch und Italienisch geachtet. Das heißt:
- Obwohl es von den Mehrheitsverhältnissen in der Bevölkerung her (ca. 70% sind deutschsprachig) ohne weiteres möglich wäre, gab es nie einen rein deutschsprachigen Bundesrat.
- Andererseits hat die Deutschschweiz auch nie auf die Mehrheit im Bundesrat verzichtet.
- Üblich waren und sind folgende Verhältnisse:
- 4 Deutschsprachige : 2 Französischsprachige : 1 Italienischsprachiger
- 5 Deutschsprachige : 2 Französischsprachige
- Andere Konstellationen kamen nur ausnahmsweise vor, zum Beispiel
- 5 Deutschsprachige : 1 Französischsprachiger : 1 Italienischsprachiger (1934-1947)
- 4 Deutschsprachige : 3 Französischsprachige (seit 1999)
- Die Italienische Schweiz war seit 1911 nur jeweils für kurze Zeit nicht im Bundesrat vertreten (am längsten von 1974 bis 1987), obwohl ihr zahlenmäßiger Anspruch dies keinesfalls erfordern würde.
- In Übereinstimmung mit ihrer schwachen zahlmäßigen Basis (unter 1% der Wohnbevölkerung) hatte die rätoromanische Bevölkerung bisher erst einen Bundesrat Felix Calonder (1913-1920).
- Regionale Vertretung: Obwohl diese bis 1999 nicht in der Verfassung verankert war, wurde stets darauf geachtet, dass wenigstens mittelfristig alle Regionen der Schweiz regelmäßig vertreten waren.
- Lange Zeit waren die drei größten Kantone (Zürich, Bern und auch Waadt praktisch zwingend im Bundesrat vertreten. Nicht vertreten waren diese Kantone meistens nur als Strafsanktion nach besonders kontroversen Bundesräten bzw. weil wirklich kein von ihnen vorgeschlagener Kandidat überzeugen konnte:
- Noch nicht zur Gewohnheit geworden ist die angemessene Vertretung der Frauen in der Landesregierung: Nachdem das Frauenstimmrecht auf eidgenössischer Ebene erst 1971 eingeführt worden war, dauerte es bis 1983, bis zum ersten Mal eine Frau (Lilian Uchtenhagen) als Kandidatin aufgestellt wurde, doch gewählt wurde Otto Stich. Erst im folgenden Jahr 1984 war der politische Druck stark genug, dass mit Elisabeth Kopp auch eine Frau tatsächlich gewählt wurde, doch ging ihrer Wahl eine mit Untergriffen geführte "Schlammschlacht" voraus. Nach deren erzwungenem Rücktritt bzw. Sturz 1989 wurde mit Kaspar Villiger wiederum ein Mann gewählt. Bei der nächsten Vakanz 1993 wurde von der SPS Christiane Brunner nominiert, doch gab es auch hier im Hintergrund wiederum eine mit frauenfeindlichen Argumenten geführte Schlammschlacht. Gewählt wurde schließlich der als weniger links geltende Francis Matthey.
Fortsetzung folgt.