Bronislaw Malinowski
Bronislaw Malinowski (*1884 in Krakau, † 1942) war ein britischer Sozialanthropologe. Aus einer polnischen Adelsfamilie stammend git er heute als einer der Begründer des "britischen Funktionalismus". Zeit seines Lebens befand er sich in einem wissenschaftlichen "Wettstreit" mit seinem "Rivalen" Alfred Radcliffe-Brown. Sein Einfluss auf die nordamerikanische Kulturanthropologie und auf die soziologische Theorie der Institution (Helmut Schelsky)in Deutschland ist bedeutend.
Table of contents |
2 Werk 3 Bibliographie von Malinowski 4 Weblinks |
Malinowski wuchs als Krakauer in der Donaumonarchie auf und bemerkte, dass die nach Unabhängigkeit strebenden nicht-deutschsprachigen Nationalisten die Geschichte für ihre eigenen Anliegen instrumentalisierten. Die Instrumentalisierung der Geschichte für nationalistische Zwecke in der untergehenden Habsburgmonarchie missfiel ihm sehr und beeinflusste später seinen Funktionalismus.
Malinowski war ein sehr extrovertierter Mensch und liebte den Rummel, der um seine Person gemacht wurde. Er schaffte es, seine Wissenschaft populär zu machen, sein Werk über die "Argonauten des westlichen Pazifik" wurde weit außerhalb der Grenzen der Fachkreise der Ethnologie zum Bestseller.
Der junge Malinowski war im wesentlichen beeinflusst von Ernst Mach, einem naturwissenschaftlichen Philosophen und von der Linguistik.
1908 machte er seinen Abschluss in Mathematik, Physik und Philosophie und studierte dann Anthropologie an der London School of Economics (LSE). Er war ein Schüler von C. G. Seligman. Von 1922 bis 1938 lehrte er selbst an der LSE. Seine wichtigsten Schüler waren Sir Raymond Firth, Phyllis Kaberry, Issac Schapera, Hilda Kuper und Monica Wilson.
Malinowski trennte klar zwischen Sozialanthropologie und Geschichte. Seiner Ansicht nach darf ein kulturelles Phänomen in der Gegenwart nicht aus der Geschichte heraus erklärt werden, sondern müsse anhand seiner heutigen Funktion für die betreffende Kultur erklärbar sein.
Malinowski setzte sich auch mit der damals sehr populären Psychoanalyse, also mit Sigmund Freud, auseinander. Wie Margaret Mead nach ihm, verwies er auf die interkulturellen Unterschiede von sexuellen und andere wichtigen sozialen Beziehungen (Eltern-Kind-Beziehungen etc.) und warnte davor, die Freud'schen Erkenntnisse auf fremde Kulturen zu projizieren.
Malinowski gilt als "Vater der Feldforschung", wie sie heute zum Kernstück der empirischen Arbeit der Anthropologie geworden ist. Er propagierte lange Feldforschungsaufenthalte mit engem Kontakt zu den Informanten über einen langen Zeitraum hinweg. Feldforschung hieß für ihn Teilnehmende Beobachtung. Bei der partizipativen Observation teilt der Forscher über einen längeren Zeitraum das Alltagsleben der von ihm erforschten Menschen und beobachtet sie dabei.
Malinowskis bekannteste lange teilnehmende Beobachtung ergab sich eigentlich aus einem Zufall. Er hatte sich 1914 auf zu den Trobriand-Inseln in der Südsee gemacht, als der erste Weltkrieg ausbrach. Malinowski hatte einen Pass der kaiserlich-königlichen Doppelmonarchie Österreich-Ungarn und wurde von der britischen Kolonialmacht als Kriegsgegner interniert - doch genau dort, wo er ohnehin seine Feldforschung betreiben wollte. Er musste sich nur von Zeit zu Zeit bei einem britischen Kolonialbeamten melden und konnte sonst unbehelligt seinen Forschungen nachgehen. Daraus wurden dreieinhalb Jahre und wahrscheinlich die längste antropologische Feldforschung, die jemals betrieben wurde.
Das 1922 erschienene Buch "Argonauten des westlichen Pazifik" gilt als Hauptwerk Malinowskis. Er beginnt mit einer Einleitung über die Methode der Feldforschung, dann folgt eine geographische Beschreibung der Trobriand-Inseln und eine Erzählung über seine Ankunft auf der Insel.
In weitern Kapiteln beschreibt er detailliert das Phänomen des Kula-Tausches ein, das er bei den gartenbauenden Trobriandern entdeckt hatte. Im Schlussteil des Buches versucht er, Sinn und Funktion von Kula für die Trobriander zu erklären. Besonderen Wert legt er darauf, das Phänomen aus sich selbst und aus Sicht der Trobriander heraus zu erklären und nicht dem Eurozentrismus "gewisser anderer Forscher" (er bezieht sich dabei auf Radcliff-Brown) zu verfallen.
In seinem zweiten wichtigen Werk über die Trobriander, dem 1929 erschienen Buch "Über das Geschlechtsleben der Wilden in Nordwest-Melanesien" beschreibt Malinowski detailliert die soziale Organisation der Sexualität, d.h. soziale Riten, Partnerwahl, Sexualverhalten usw. der Trobriander.
Er zeigt sich beeindruckt davon, dass die Sexualität nicht - wie in Mitteleuropa - verdrängt wird, sondern zum Alltag der Menschen gehört. So stehen beispielsweise den Jugendlichen so genannte Jugendhäuser zur Verfügung, wo sie ihre Sexualität spielend ausprobieren können. Dies wird von der gesamten Gemeinschaft gefördert und als wichtiger Schritt zum Erwachsenwerden betrachtet. Er vergleicht seine Beobachtungen mit Sigmund Freuds Erkenntnissen zur Entwicklung der Sexualität.
In weiteren Kapiteln geht er auf die Eltern-Kind-Beziehungen bei den Trobriandern ein und beschreibt detailliert deren komplexe matrilineare Verwandtschaftsstruktur, in der die biologische Vaterschaft ignoriert wird und in der dafür der Mutterbruder (Onkel mütterlicherseits) eine "väterliche" Beziehung (einhergehend mit einer ganzen Reihe von Verpflichtungen) zu den Kindern seiner Schwester eingeht.
Leben
Werk
Argonauten des westlichen Pazifik
Das Geschlechtsleben der Wilden in Nordwest-Melanesien
Bibliographie von Malinowski
siehe auch: Feldforschung, Ethnologie, Kulturanthropologie, Sozialanthropologie