Biotop
Biotop (grammatikalisch m., oft aber inkorrekt n. benutzt, von griech. bios, Leben und topos, Ort)
Table of contents |
2 Systematik 3 Bewertung und Gefährdung 4 Biotopschutz und Biotopverbund 5 Kritik und Widerstände |
Definition
Biotop ist ein Begriff aus der Biologie und Ökologie, der die Gesamtheit der abiotisch€enen (nicht belebten) Bestandteile einer räumlichen Einheit als Habitat (Lebensraum) einer Biozönose (Lebensgemeinschaft) beschreibt. Ein Biotop umfasst damit keine Tier- oder Pflanzenarten. Andererseits kann die Vegetation ein wesentliches Merkmal des Biotopes darstellen; daher hat sich die Vegetation als Unterscheidungsmerkmal von terrestrischen (land-) Biotopen durchgesetzt.
Der Begriff Biotop ist wertfrei. Als Biotope bezeichnet man sowohl natürlich entstandene Landschaftsbestandteile wie Bäche, als auch -entgegen des umgangssprachlichen Gebrauchs- vom Menschen erschaffene Landschaftsbestandteile wie "Betonwüsten" (beispielsweise Autobahnen). Weitere gängige Beispiele von Biotopen sind etwa ein Bachlauflauf, ein Wald, ein Teich, ein Süßwasserwatt oder eine Streuobstwiese.
Systematik
In der Systematik der Ökologie setzt sich ein Biotop aus Phytotopen (Pflanzenstandort) und Zootopen (Wohnort) zusammen. Einem Biotop sind damit charakteristische Arten von Pflanzen, Pilzen und Tieren zuzuordnen. Ein Biotop ist die kleinste räumliche Einheit in der Landschaftsökologie. Ein sehr kleines Biotop kann z.B. ein Kirchturm oder ein absterbender Baum sein (Habitat für z.B. Fledermaus und Insekten). Trotzdem können manche Biotope je nach Systematik der Erfassung (Biotopkartierung) eine sehr große Fläche einnehmen (z.B. Seen, Watt). Mehrere Biotope, mitsamt den darin lebenden Tieren und Pflanzen und den Interaktionen zwischen ihnen, bilden ein Ökosystem. Ausgedehnte Gebiete, wie etwa eine Steppe, ein Regenwald oder das Meer bestehen als Ökosysteme aus einer Vielzahl unterschiedlicher Biotope und Biozönosen (Lebensgemeinschaften).
Bewertung und Gefährdung
Biotope werden häufig nach ihrer Seltenheit (bzw. Flächenentwicklung und funktionaler Stellung im Ökosystem), nach ihrer Eignung als Lebensraum für bedrohte Arten bzw. nach dem Grad ihrer Beeinflussung durch den Menschen Hemerobie bewertet.
Habitate (Lebensräume) mobiler Tierarten setzen sich oft aus mehreren Biotopen zusammen. Dabei entstehen bei räumlicher Nachbarschaft von verschiedenen natürlichen Biotopen kleinerere Flächen artenreiche Ökosysteme. Solche mosaikartig zusammengesetzten "Kulturlandschaften" aus extensiven Wirtschaftsformen ersetzen teilweise Biotope, die sich ohne Beeinflussung des Menschen durch Naturgewalten im Verlauf der Sukzession (Ökosystementwicklung) von alleine entstehen könnten ("Naturlandschaften)"(''vgl. a. Mosaik-Zyklus-Konzept, Megaherbivorentheorie). Kleinräumige und strukturreiche Landschaften dieser Art sind v.a. durch wirtschaftliche Interessen der Gesellschaft bedroht (Landnahme durch Verkehr, Siedlung, Rohstoffe, Intensivierung von Agrar und Forst). Einzelne Biotope oder Ökosysteme leiden zu dem unter den Eintrag von Schadstoffen aus der Luft oder durch direkte Einleitungen.
Im Gegensatz dazu haben manche moile Tierarten einen Minimalbedarf an Flächengröße. V. a. Tierarten, die sich am Boden fortbewegen oder sehr scheu sind, benötigen größere, zusammenhängende Ökosysteme bzw. Biotope. Verkehrstrassen, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Monokulturen und Siedlungen oder Einzelbauwerke (z.B. Wasserkraftwerke) stellen nicht nur einen Verlust von Biotopfläche dar, was zu einem Aussterben von relativ unempfindlichen Arten (die meisten massenhaft auftretenden Insekten, Spinnen, Kleinstlebewesen) in Teilräumen führen kann. Durch Zerschneidungen und negative Randzoneneinflüsse mindern sie die Qualität und Erreichbarkeit der verbleibenden Biotope (isolation), so dass viele empfindliche und mobile Arten (z.B. Luchs, Wolf, Seeadler, viele Fischarten) ausgestorben oder gefährdet sind und trotz intensivster Bemühungen die Biotope nicht wieder besiedeln können. Dies wird als Unterschreitung der kritischen Verbunddistanz bezeichnet.
Biotopschutz und Biotopverbund
Biotopschutz ist eine Maßnahme des Artenschutzes und Ökosystemschutzes. Als Ziel des Naturschutzes dient er dazu, den Naturhaushalt zu erhalten. Da die menschlichen Lebensgrundlagen durch einen zerstörten Naturhaushalt gefährdet sind, ist der Schutz von Biotopen und der Biotopverbund als gesetzliches Ziel in Deutschland definiert worden. Der wesentliche Berührungspunkt zum Umweltschutz ergibt sich hier in der Minimierung der Emissionen von Industrie, Verkehr und Haushalten, die durch ihre Schadstoffe die Biotope gefährden oder zerstören.
Das Naturschutzgesetz definiert besonders wertvolle Biotope, die ohne weitere Schutzgebietsausweisung geschützt sind. Das sind vor allem Biotope, die selten sind und eine sehr lange Regenerationszeit (Zeit zur Wiederenstehung) haben, wie z.B. Moore. Störungen und Zerstörungen sind generell verboten. Sofern "überwiegendes öffentliches Interesse" besteht, müssen Beeinträchtigungen "gleichwertig" ausgeglichen werden.
Der Erfolg anfänglicher Bemühungen des Biotopschutzes, der sich auf den Erhalt und die Wiederherstellung wertvoller Biotope beschränkte, war durch die Isolation der Biotope durch Verkehr und Siedlungen stark eingeschränkt. Wegen des zunehmenden Drucks wirtschaftlicher Landnutzungen lassen sich Minimalansprüche an Habitatsgrößen oder die kritische Verbunddistanzen mancher Arten nicht befriedigen. Die Tiere können ihre komplementären Habitate (z.B. Laichplätze) nicht mehr erreichen oder sind von anderen Populationen isoliert (genetische Verarmung). Daher ist der Biotopverbund seit der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes 2001 ein weiteres wesentliches Ziel des Naturschutzes geworden.
Der Biotopverbund soll die Barrieren für Tierarten abbauen und besteht aus sogenannten "Trittsteinen" (für mobile Arten, wie z.B. Vögel), aus linearen Elementen (z.B. Hecken, Flüsse, Bäche etc.), Verbundflächen (z.B. strukturreiche Gebiete für Wild), und den eigentlich zu schützenden Biotopen oder Kernflächen eines Naturschutzgebietes. Der Biotopverbund beansprucht dabei insbesondere Flächen innerhalb der Siedlungen oder an Verkehrsanlagen, um deren negative Barrierewirkung abzubauen. Einzelmaßnahmen sind z.B. Grünbrücken oder Krötentunnel, die Tiere in die Lage versetzen sollen, trotz der intensiven Landnutzung ihre Lebensraumansprüche ersatzweise zu erhalten.
Kritik und Widerstände
Das Ziel des Biotopschutzes ist gesetzlich definiert und demokratisch legitimiert. Andererseits machen Erhalt und zur Pflege von wertvollen Biotopen einen finanziell und energetisch hohen Aufwand notwendig, der externe, also meist von der Allgemeinheit zu tragende, Kosten bedeutet. Die wertvolle, künstliche Kulturlandschaft ist vor allem, entgegen wirtschaftlicher Interessen flächenintensiver Nutzungen (Land- und Forstwirtschaft, Bau- und Siedlungen, Rohstoffabbau), nur durch politische Instrumente zu erhalten. Die Wirksamkeit von Pflegemaßnahmen erschließt sich dem fachlich nicht gebildeten Beobachter nicht immer, und so werden Maßnahmen häufig als "unsinnige Verschwendung" oder als "Zumutung" empfunden.Dass diese "externen" Kosten nicht internalisiert (dem Verursacher (Verbraucher, Autofahrer) angelastet) werden, ist, nach dem Druck durch Landnahme, ein wesentlicher gesellschaftlicher Widerstand gegen den Biotopschutz. Diese aufwändige Pflege von Biotopen wäre in einem wesentlich geringerem Maße notwendig, wenn ihre Bewirtschaftung durch höhere Preise bezahlt (und gefördert) würde. Durch gesteigerte Effizienz, die mit einer Verschlechterung des Zustandes von Natur und Landschaft einherging, wurden Ressourcen freigestellt. Diese Ressourcen werden aber nicht im ausreichendem Maße zum Erhalt des Zustandes der Natur als Lebensgrundlage des Menschen genutzt.
Eine weitere Möglichkeit wäre die Einrichtung von Großschutzgebieten, in denen sich solche Biotope von selbst einstellen könnten. Stattdessen nimmt der Bebauungs- und Siedlungsdruck zu. Die flächige Zersiedelung und der Erholungsbedarf der Bevölkerung machen wirksame Großschutzgebiete, in denen die Natur wirklich in letzter Konsequenz sich selbst überlassen bleiben könnte, scheinbar unmöglich.
Siehe auch: Neobiota, Sukzession, Biotopkartierung