Berninabahn
Die Berninabahn ist eine meterspurige Eisenbahnlinie der Rhätischen Bahn (RhB). Sie verbindet den Kurort St. Moritz im Schweizer Kanton Graubünden über den Berninapass mit der italienischen Stadt Tirano. Sie gilt als höchste Adhäsionsbahn der Alpen.
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2 Geschichte 3 Zugbetrieb 4 Literatur 5 Weblinks |
In St. Moritz endet die Albulabahn. Wegen den unterschiedlichen Stromsystemen beginnt die Berninabahn zwar im selben Bahnhof, jedoch auf getrennten Gleisen und getrennten Bahnsteigen. Sie verlässt den Bahnhof in Richtung Osten und überquert auf einem 64 m langen Viadukt den Inn. Danach führt sie durch den 689 m langen Charnadüra-Tunnel II, den längsten Tunnel der gesamten Strecke. Die folgende Station Celerina stellt mit 1'716 m ü. NN den niedrigsten Punkt auf der Nordseite des Berninapasses dar. Bis Ospizio Bernina wird die Linie nun fast ununterbrochen ansteigen. Nachdem sich die Strecke dem Inn abgewandt hat, erreicht sie die kleine Station Punt Muragl. Hier befindet sich die Talstation der 1907 eröffneten Standseilbahn nach Muottas Muragl.
Der folgende Bahnhof der Gemeinde Pontresina stellt zusammen mit dem Bahnhof St. Moritz ein Kuriosum im Netz der RhB dar: Hier treffen zwei völlig verschiedene Stromsysteme zusammen. Die wechselstrombetriebenen Züge, die über die Strecke aus Samedan eintreffen, benutzen die Gleise 1 bis 3, während die gleichstrombetriebenen Berninabahnzüge die übrigen vier Gleise benutzen. Hier findet auch der Lokwechsel für den berühmten Bernina Express statt, der aus Richtung Chur Pontresina erreicht.
Die Strecke wendet sich nun in Richtung Südosten. Nach der Querung des Rosegbaches, der Station Surovas, die früher "Sans-Souci" (Sorglos) hieß, und des Berninabaches erreicht sie schließlich den Morteratschgletscher. Dahinter befindet sich auch schon die weltberühmte Montebellokurve, an der die Strecke auf die Passstraße trifft, die sie bis Ospizio Bernina begleiten wird. Vor der heute modernisierten Kreuzungsstelle Bernina Suot ist bereits die Baumgrenze erreicht. Die nächsten Stationen sind Bernina Lagalb und Bernina Diavolezza; beide sind Ausgangspunkte für Seilbahnen.
Der folgende Abschnitt ist der wohl interessanteste auf der Nordseite. Hier ist die Route sehr kurvig und wechselt von einer Talseite zur anderen. Zuerst wird der Berninabach auf der 37 m langen Unteren Berninabachbrücke überquert, anschließend der Arlasbach, ein Zufluss des Berninabaches. Über die Obere Berninabachbrücke wechselt die Strecke wieder auf die Ostseite. Südwestlich erhebt sich majestätisch der Piz Bernina. Es folgt die 175 m lange Arlas-Galerie, eine Schutzgalerie gegen Schneeverwehungen. An der Südwestseite erstrecken sich die kleineren Seen Lej Pitschen und Lej Nair. Direkt dahinter ragt die 15 m hohe und 283 m lange Staumauer des Lago Bianco empor, die zugleich die Wasserscheide zwischen Donau und Po markiert.
Die Bahn führt nun am östlichen Ufer des Sees entlang und erreicht bei Ospizio Bernina mit 2'253 m ü. NN ihren höchsten Punkt. Da der Abschnitt bis ins Puschlav besonders stark von Schneeverwehungen betroffen ist, wurden ab der südlichen Staumauer unzählige Kunstbauten eingerichtet: Die 140 m lange Scala-Galerie, der 192 m lange Scala-Tunnel, die mit 348 m noch längere Sassal Mason-Galerie und der 54 m lange Drago-Tunnel.
Nach der Grüm-Galerie wird der sehenswerte Bahnhof Alp Grüm erreicht. Er markiert nicht nur die Baumgrenze, sondern ist auch der letzte Bahnhof vor der italienischen Sprachgrenze. Von hier aus klettert die Linie in einem Gefälle von bis zu 70 Promille ins Puschlav hinunter, und das unter Ausnutzung mehrerer Serpentinen.
Gleich hinter der Station wendet sich die Linie im engen 180 °-Winkel und führt unterhalb von Alp Grüm durch die Obere Palü-Galerie. In einer weiteren 180 °-Wende führt sie durch den Palü-Tunnel und anschließend durch die Untere Palü-Galerie. Es folgen, grob genommen, weitere vier Halbkreisschleifen, bis die Strecke die Station Cavaglia erreicht. Im Zickzackkurs geht es nun weiter talwärts via Cadera bis Privilasco. Ab hier lässt die Strecke die Gebirgsabschnitte hinter sich und taucht in das Puschlavtal ein. In Poschiavo trifft sie schließlich wieder mit der Bernina-Passstrasse zusammen.
Der Bahnhof Poschiavo wurde auf Wunsch der Gemeinde etwas außerhalb des Dorfes errichtet. Er besitzt eine Betriebswerkstätte, in der auch einige historische Fahrzeuge der Berninalinie stationiert sind. Die verbleibenden, etwa 17 km bis Tirano sind teilweise noch gebirgsbahn-, aber interessanterweise auch straßenbahnähnlich trassiert. Nach der erst 1977 eingerichteten Haltestelle Li Curt erreicht die Strecke den Ort Le Prese, dessen Haltestelle sich mitten auf der Straße befindet. Zwischen Le Prese und Miralago führt sie nun am Ufer des Puschlaversees entlang, weshalb sie ihre Höhenlage von 965 m ü.d.M. hier nicht verändert.
Unterhalb von Brusio besitzt die Bahn jedoch noch einen letzten Höhepunkt: Den Kreisviadukt, der eine gewisse Ähnlichkeit mit den Bauten der Albulabahn besitzt. Hinter dem Grenzbahnhof Campascio erreicht die Strecke schließlich Italien und den Endbahnhof Tirano.
Unterwegsstationen der Berninabahn:
Streckenverlauf
Unterwegsstation | Kilometrierung | Höhenlage |
---|---|---|
St. Moritz | 0,000 km | 1'775 m ü.d.M. |
Celerina Staz | 2,028 km | 1'716 m ü.d.M. |
Punt Muragl Staz | 3,509 km | 1'736 m ü.d.M. |
Pontresina | 5,788 km | 1'774 m ü.d.M. |
Surovas | 7,257 km | 1'822 m ü.d.M. |
Morteratsch | 12,165 km | 1'896 m ü.d.M. |
Bernina Suot | 15,716 km | 2'046 m ü.d.M. |
Bernina Diavolezza | 16,800 km | 2'082 m ü.d.M. |
Bernina Lagalb | 17,866 km | 2'099 m ü.d.M. |
Ospizio Bernina | 22,324 km | 2'253 m ü.d.M. |
Alp Grüm | 27,086 km | 2'091 m ü.d.M. |
Cavaglia | 33,074 km | 1'692 m ü.d.M. |
Cadera | 38,179 km | 1'383 m ü.d.M. |
Privilasco | 42,020 km | 1'119 m ü.d.M. |
Poschiavo | 43,618 km | 1'014 m ü.d.M. |
Li Curt | 45,300 km | 988 m ü.d.M. |
Le Prese (Kreuzungsstelle) | 47,066 km | 973 m ü.d.M. |
Le Prese (Haltestelle) | 47,957 km | 965 m ü.d.M. |
Miralago | 50,786 km | 965 m ü.d.M. |
Brusio | 53,875 km | 780 m ü.d.M. |
Campascio | 57,649 km | 553 m ü.d.M. |
Tirano | 60,688 km | 429 m ü.d.M. |
Nach der Fertigstellung der Albulaline wurde 1905 die Bernina-Bahngesellschaft (BB) mit dem Ziel, St. Moritz über den Berninapass mit Tirano zu verbinden, gegründet. Nach Erteilung der Konzession 1906 erfolgte die Eröffnung von 1908 an in mehreren Teilabschnitten: Am 1. Juli 1908 zwischen Pontresina und Morteratsch sowie zwischen Tirano und Poschiavo, am 18. August des selben Jahres zwischen Pontresina und Celerina und am 1. Juli 1909 zwischen Celerina und St. Moritz sowie zwischen Morteratsch und Bernina Suot. Erst am 5. Juli 1910 konnte mit dem schwierigsten Abschnitt zwischen Bernina Suot und Poschiavo die Gesamtstrecke eröffnet werden. Sie wurde von Anfang an elektrisch mit Gleichstrom betrieben, wobei jedoch 1935 die Spannung von 750 V auf 1000 V erhöht wurde.
Ursprünglich war die BB nur für den Sommerbetrieb vorgesehen und in den ersten Jahren ihres Bestehens stets am Rande des Existenzminimums. Die Einführung des Speisewagens (1928) und Pauschalangebote für Touristen konnten die kleine Bahn auch nicht vor dem Ruin bewahren. Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage wurde die BB 1944 von der RhB übernommen. Diese modernisierte die Strecke grundlegend und baute sie aus. Mittlerweile hat sich die bis heute mit Gleichstrom betriebene Bahn zu einem bedeutenden Faktor im Tourismus von Graubünden entwickelt.
Heute werden auf der Berninabahn folgende Fahrzeugbaureihen eingesetzt: ABe 4/4, ABe 4/4 III und Gem 4/4. Da es sich bis auf die Gem 4/4 um Triebwagen handelt, müssen diese auch den Güterverkehr übernehmen. Als Folge gibt es bis heute nur GmP-Züge, also ein gemischter Personen- und Gütertransport. Der Handel mit Italien beschert der ursprünglich nur für den Touristenverkehr angelegten Bahn nicht unerhebliche Gütermengen, die mehrheitlich aus Heizöl, Treibstoffen und Holz bestehen. Darüberhinaus werden auch die regionalen Verkaufsgeschäfte des Puschlav teilweise mit der Bahn beliefert.
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