Bernhard Hassenstein
Bernhard Hassenstein (*31. Mai 1922 in Potsdam) ist Verhaltensbiologe und gilt als Mitbegründer der biologischen Kybernetik. Er zählt zu den namhaftesten Erforschern der Lernverarbeitung und der kybernetischen Denkprozesse. Zu seinen wissenschaftlichen Vorbildern und Lehrern zählen unter anderen Eric von Holst, Konrad Lorenz und Nikolaas Tinbergen. Das Studium der Biologie, Physik und Chemie erfolgte an der Universität Berlin und in Göttingen (unter anderem bei Erich von Holst) und endete 1941. Während der folgenden Jahre (bis 1945) gelangte Hassenstein in deutsche Kriegsgefangenschaft und begann danach an der Universität in Göttingen seine eigentliche wissenschaftliche Laufbahn. Von 1946 - 1948 arbeitete er mit seinem ehemaligen Lehrer Erich von Holst an der Universität Heidelberg, um dort 1950 zu promovieren. Ab 1948 war Hassenstein als Assistent seines Professors am Max-Planck-Institut in Wilhelmshaven tätig und wechselte dann von 1954 bis 1958 an das zoophysiologische Institut der Universität Tübingen, wo er sich 1957 habilitierte.1958 gründete Hassenstein gemeinsam mit dem Physiker Werner Reichardt und dem Ingenieur Hans Wenking die erste Arbeitsgruppe für Kybernetik weltweit am MPI in Tübingen. Ab 1960 arbeitete er als Professor für Zoologie an der Universität Freiburg im Breisgau und führte dort gemeinsam mit Hans Mohr eine umgreifende Instituts-Reorganisation durch. Im Rahmen dieser Strukturreform entwickelten beide gemeinsam die fächerübergreifenden Unterrichtsgebiete der Biologie des Menschen und der Vergleichenden Verhaltensforschung. Während seiner Zeit an der Universität gelangen ihm vor allem Durchbrüche bei der Forschung zur Systemanalyse der Biokybernetischen Datenverarbeitung in der Bewegungswahrnehmung bei Insekten sowie zum Farbensehen beim Menschen. Daraus entwickelte er Hypothesen zur Theorie des Lernprozesses beim Menschen.
Hassenstein prägte die Begriffe "Injunktion" (als Gegensatz der Definition) sowie "Tragling" (herumgetragenes Jungtier, etwa bei Primaten). Von 1966 bis 1970 war Hassenstein Mitglied des Wissenschaftsrates der Bundesrepublik Deutschland. Von 1974 bis 1981 war er ausserdem Vorsitzender der Kommission "Anwalt der Kinder" beim Kultusministerium in Baden-Württemberg. Ab 1975 arbeitete er mit am Projekt "Mutter und Kind", das seine Ehefrau Helma Hassenstein begründet hatte. 1984 wurde Berhard Hassenstein emiritiert.
Hauptforschungsgebiete: Verhaltensbiologie der Tiere und des Menschen, Tierphysiologie, biologische Kybernetik, naturwissenschaftliche Begriffstheorie
Mitgliedschaften: Heidelberger Akademie der Wissenschaften, seit 1961; Leopoldina seit 1965Literatur (Auswahl)