Bellum omnium contra omnes
Der bellum omnium contra omnes (lat wörtlich: "Krieg aller gegen alle") bezeichnet eine von Thomas Hobbes verwendete Formulierung zur Umschreibung eines angenommenen vorgesellschaftlichen Naturzustandes der Menschen (d.h. unter dem so genannten Naturrecht), in dem aus Selbsterhaltungstrieb - der als Urtrieb des Menschen angesehen wird - jeder jeden bekämpft.
In dieser Beschreibung verbirgt sich das zu Hobbes' Zeiten gegenwärtige Bild des Bürgerkrieges, das Hobbes und andere Philosophen nach einem Weg suchen läßt, auf dem die Staatsordnung so verändert wird, dass eine Friedensordnung möglich wird.
Die Beendigung jenes Zustands des Bürgerkrieges wird nach seinen Vorstellungen in der Schrift "Leviathan" dadurch herbeigeführt, dass jeder einzelne sich seiner Selbständigkeit und Macht zugunsten einer starken Staatsgewalt durch einen Vertrag entäußere (Gesellschaftsvertrag).
Während in der sonstigen Naturrechtslehre der Aufklärung dem einzelnen bestimmte Rechte vorbehalten bleiben, erkennt Hobbes, wie auch Machiavelli, dem Staat die absolute Gewalt über das Individuum zu.
Die Analyse der Originalschrift zu der Definition des Staates läßt allerdings eine Differenzierung des Urteils über die absolute Rolle des Staates zu.
Die Begründung des Staates geschieht dadurch, "[...] daß jedermann alles als eigen anerkennt ("to owne and to acknowlegde"), was derjenige, der auf diese Weise [jedermanns] Person verkörpert, in Dingen des allgemeinen Friedens und der allgemeinen Sicherheit tun und veranlassen wird, und sich selbst als Autor alles dessen bekennt, und dabei den eigenen Willen und das eigene Urteil seinem Willen und Urteil unterwirft" (in: Leviathan, XVII).
Es gehört zu Hobbes eindeutiger Uneindeutigkeit, dieses Problem so zu formulieren, dass zwei Lösungen denkbar sind. Tatsächlich nämlich sind nicht alle Handlungen des Souveräns autorisiert, sondern nur jene, die dem Zweck des Friedens und der Sicherheit dienen.
Allerdings erzwingt die meta-juristische Begründung der Souveränität ("common Representer" als "common Power" u.a.), dass das Urteil darüber, welche Handlungen autorisiert sind und welche nicht - welche sich also auf den Zweck des Staates, der hier mit Frieden und Sicherheit bezeichnet ist, beziehen und welche nicht -, dass dieses Urteil im Kompetenzbereich des Souveräns liegt.
Über die Grenzen der Autorität bestimmt in diesem Fall nicht, wie das im 16. Kapitel durchaus noch gedacht war (in: Leviathan, XVI), der Autorisierende, sondern der Autorisierte (Eben diesem Muster folgt Rousseaus Gestaltung des Vertrages durch die "aliénation totale").
Die verblüffende Wendung der Autorisierungsargumentation, die Figur der enteignenden Ermächtigung, entfaltet im Zusammenhang mit der Begründung der Souveränität ihre volle Wirkung. Hier wird die Ambivalenz des Autorisierungsarguments in aller Deutlichkeit erkennbar, der Widerstreit zwischen der aufklärisch-autonomieverbürgenden Argumentation in theoretisch-legitimierender Absicht und dem Versuch, aus dieser Argumentation eine Instanz absoluter Macht zu begründen, die vor allen An- und Einsprüchen der Individuen, denen sie angeblich ihre Existenz verdankt, gesichert ist.
Zum Ausgang der Betrachtung: der mythische Naturzustand als Bürgerkrieg
Zur Analyse des Souveräns im Leviathan
Literatur
Siehe auch: Naturzustand