Behinderung
Von einer Behinderung spricht man bei individuellen Beeinträchtigungen, die umfänglich, schwer und langfristig sind.
Table of contents |
2 Kategorien 3 Statistik 4 Erweiterte Definition 5 Juristische Definition 6 Begriffsdiskussion 7 Hilfe und Selbstbestimmung 8 Verwandte Gebiete 9 Weblinks |
Ursachen
Hinsichtlich der Ursachen lässt sich unterscheiden zwischen
Behinderungen können auch als Kombination aus mehreren Ursachen und Folgen auftreten (Mehrfachbehinderung), oder weitere Behinderungen zur Folge haben, z.B. Kommunikationsbehinderung als Folge einer Hörbehinderung. Die Umweltbedingungen, insbesondere gesellschaftliche Einstellungen und Verhalten gegenüber den von Behinderung betroffenen Menschen, nehmen in modernen Ansätzen zur Definition des Begriffs einen größeren Raum ein.
Kategorien
Grundsätzlich lassen sich Behinderungen grob kategorisieren in:Statistik
Das statistische Bundesamt weist für das Jahr 2001 eine Zahl von 6.711.797 schwerbehinderten Menschen aus. Hiervon werden allerdings nur diejenigen erfasst, die einen Schwerbehindertenausweis beantragt und erhalten haben, was viele behinderte Menschen vermeiden. Natürlich gibt es in der BRD keine "Meldepflicht" für Behinderungen, daher lässt sich die Zahl der Menschen mit Behinderung in Deutschland nur schätzen. Die Schätzungergebnisse bewegen sich hierbei um die 10% - Marke, gemessen an der Gesamtbevölkerung. Nationale und internationale Statistiken weisen erhebliche Varianzen auf, da nicht einheitlich und verbindlich festgelegt wurde, welche Kriterien für eine festzustellende Behinderung erfüllt sein müssen.
Erweiterte Definition
Eine Behinderung ist auch immer als andauernde (ständige) Problematik, an der Gesellschaft teilhaben zu können, zu sehen ("Behindert ist man nicht; behindert wird man" Aktion Mensch). So erweitert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2001 den Behinderungsbegriff in der ICIDH-2 (International Classification of Functioning, Disability and Health) wie folgt:
- Schädigung: Beeinträchtigung einer Körperfunktion oder -struktur im Sinn einer wesentlichen Abweichung oder eines Verlustes,
- Beeinträchtigung der Aktivität: Aus der Schädigung resultierende Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, eine Aufgabe oder Tätigkeit durchzuführen,
- 'Beeinträchtigung der Partizipation:\' Ein nach Art und Ausmaß bestehendes Problem einer Person bezüglich ihrer Teilhabe in einem Lebensbereich bzw. einer Lebenssituation,
- Umweltfaktoren: Sie beziehen sich auf die physikalische, soziale und einstellungsbezogene Umwelt, in der die Menschen ihr Leben gestalten.
Juristische Definition
Im bundesdeutschen Recht wird die Behinderung im Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (dort: § 2 Abs. 1), so festgelegt: "Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist".
Begriffsdiskussion
Es gibt darüber hinaus eine Vielzahl von Definitionen des Behinderungsbegriffs, nicht zuletzt im ständigen Bemühen, eine (behindernde) Diskriminierung und Stigmatisierung schon bei der eingesetzten Sprache auszuschließen - schließlich werden Behinderte in spanischsprachigen Ländern auch heute noch häufig als "minusválidos" (Minderwertige) bezeichnet. Mit dem Ziel einer "Political Correctness" wurde gar versucht, den Begriff ganz zu verbannen bzw. durch Euphemismen wie "besondere Befähigung" oder "besondere Bedürfnisse" zu ersetzen.
Von den zumeist selbst betroffenen Vertretern der Krüppelbewegung wird der Begriff Behinderung dagegen bewusst durch den alten, eigentlich verpönten Ausdruck "Krüppel" ersetzt, um damit provozierend auszudrücken, was Nichtbehinderte nach ihrem Empfinden ohnehin über sie denken.
Letztlich ist Pragmatismus bei der Definition spätestens dann notwendig, wenn Kriterien für die Leistung von Hilfe durch die Gesellschaft festgelegt werden müssen (z.B. Schwerbehindertenausweis, Eingliederungshilfe, Rehabilitation, ...). Diese Situation wird in der sonderpädagogischen Fachdiskussion als Etikettierungs-Ressourcen-Dilemma bezeichnet.
Alfred Sander formuliert 2002 (Eberwein,H.; Knauer,S.; Handbuch der Integrationspädagogik,Beltz) folgendes: "Behinderung liegt vor, wenn ein Mensch mit einer Schädigung oder Leistungsminderung ungenügend in sein vielschichtiges Mensch-Umfeld-System integriert ist." Er führt Behinderung also nicht auf eine Schädigung oder Leistungsminderung eines/einer einzelnen zurück sondern auf die Unfähigkeit des Umfelds des betreffenden Menschen diesen zu integrieren.
Dieses Prinzip muss vom Staat in der Gesetzgebung, der Verwaltung und bei der Rechtsprechung berücksichtigt werden. So finden sich zahlreiche Regelungen zum Nachteilsausgleich und zum Schutz der Rechtsposition behinderter Menschen u.A. im Sozialrecht, im Steuerrecht, im Arbeitsrecht oder auch in Bauvorschriften, hier insbesondere zum Thema Barrierefreiheit.
Konzepte, Maßnahmen und Einrichtungen der Behindertenhilfe setzen schon bei Kleinkindern (Frühförderung), Kindern und Jugendlichen an, dem Fachgebiet der Sonderpädagogik und der Heilpädagogik. Auch für Erwachsene existieren Leistungsansprüche und Hilfsangebote im Bereich der Eingliederungshilfe im Alltag, im Beruf sowie im Bereich der medizinischen Rehabilitation.
Die Landschaft der Einrichtungen und der Konzepte der Behindertenhilfe ist breit aufgefächert, was auch Ergebnis der lebendigen politischen und wissenschaftlichen Diskussion der letzten Jahrzehnte ist. Fand Unterstützung behinderter Menschen davor fast immer in spezialisierten "Sonder-" Einrichtungen wie Sonderschulen, Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), Internaten oder Heimen statt, so gibt es heute daneben auch integrative Ansätze, wie integrative Kindergärten, integrative Schulen, Integrationsfirmen etc.. Dies sind reguläre Organisationen, in denen durch konzeptionellen, personellen und strukturellen Aufwand auch die Bedürfnisse behinderter Menschen berücksichtigt werden, wodurch gemeinsames Lernen und Arbeiten ermöglicht werden soll.
Aus dem Wunsch, kein fremdbestimmtes "Objekt" der Behindertenhilfe mehr zu sein erkämpften von Behinderung Betroffene sich neue, selbstbestimmte Unterstützungsmodelle, in denen sie selbst, z.B. als Arbeitgeber von persönlichen Assistenten, die Kontrolle über ihr Leben behalten. Stichworte sind hier die persönliche Assistenz, das persönliche Budget, die Arbeitsassistenz im Beruf, oder die betriebliche Mitbestimmung im Werkstattrat der Werkstatt für behinderte Menschen.
Hilfe und Selbstbestimmung
Die Gesellschaft ist aufgefordert, Strukturen zur Unterstützung von behinderten Menschen zu schaffen. In Deutschland findet dies Ausdruck in Artikel 3 des Grundgesetzes: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden".Verwandte Gebiete
siehe auch: Grundgesetz der BRD, Artikel 3, Integration
, Barrierefreies Internet
, Behindertenhilfe