Befehlsnotstand
Befehlsnotstand ist ein Begriff aus der Rechtspraxis.In vielen Streitkräften geht ein Befehl geltendem Strafrecht vor; im Falle einer Straftat auf Befehl ist dieser trotzdem verbindlich und die Nichtausführung führt zu empfindlichen Strafen. Im Falle, dass eine Straftat befohlen wird, ist nicht der Ausführende (Befehlsempfänger) oder Weitergebende (Befehlsübermittler) rechtlich verantwortlich, sondern der Anordnende (Befehlsgeber), der den Befehl ursprünglich gab, ohne ihn selbst erhalten zu haben.
Die strafrechtlich unter Beachtung der Unschuldsvermutung rekonstruierbare Befehlskette im Falle von Straftaten und Völkerrechtsverstößen endet allerdings meist bei einem Untergebenen, der den Befehl angeblich von seinem Vorgesetzten erhalten, und einem Vorgesetzten, der den Befehl angeblich gegeben hat. Fast alle Kriegsverbrechen, die vor Gericht kommen, werden versucht, mit Hinweis auf Befehlsnotstand zu entschuldigen.
Im Prozess um die DDR-Mauerschützen wurde, obwohl nach DDR-Recht ein Befehl allgemeine Gültigkeit hat und alles andere Recht überflügelte, der Befehlsnotstand nicht beachtet, obwohl man hätte argumentieren können, dass auch die Bundesrepublik ihre Grenzen mit Waffengewalt schützt und es nicht das Problem der Mauerschützen mit dem Auftrag, unautorisierte Grenzübertritte zu verhindern gab, sondern vielmehr das der Regierung, Grenzübertritte so gut wie nie zu autorisieren. Aus diesem Grunde sind die Mauerschützenprozesse oftmals kritisiert worden, vor allem, weil viele Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus mit Befehlsnotstand entschuldigt wurden.
Gerade im dritten Reich hat es bei den schwersten Verbrechen meist keinen echten Befehlsnotstand gegeben. Man weiß heute, dass etwa ein Mord auf Befehl meist durchaus verweigert werden konnte, ohne, dass der Befehlsempfänger ernsthafte Konsequenzen zu befürchten hatte.
In der Bundeswehr ist ein Bezug auf Befehlsnotstand nur eingeschränkt möglich. Hier ist die Ausführung eines Befehls untersagt, wenn er offensichtlich gegen geltendes humanitäres Völkerrecht oder Strafrecht geht. Man kann bei Soldaten zwar genauso wenig wie bei jedem anderen Nichtjuristen davon ausgehen, dass er alle Feinheiten von Straf- und Völkerrecht offensichtlich erkennt, allerdings durchaus die schwersten Fälle wie Mord, Vergewaltigung, Plünderung oder den Missbrauch von Schutzzeichen, die den Großteil der Kriegsverbrechen ausmachen.
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