Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe
Der Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe ist einer der wichtigsten Bahnhöfe im deutschen Fernverkehr.
Als die Planungen für die Eisenbahn-Neubaustrecke Hannover-Würzburg Gestalt annahmen, bestand ursprünglich der Wille, darauf möglichst wenige Zwischenhalte für den neuen, schnellen Fernverkehr, der darauf betrieben werden sollte, einzurichten. Durch politischen Druck konnte jedoch erreicht werden, dass auch Göttingen, Fulda und eben Kassel angefahren werden würden.
Für die ersten beiden Halte war dies relativ unproblematisch zu realisieren. Kassel jedoch hatte einen Kopfbahnhof, und es war somit an mindestens drei Realisierungsvarianten zu denken:
Entstehungsgeschichte
Noch als die Strecke in anderen Abschnitten schon längst im Bau war (Baubeginn 1973) und die damalige Deutsche Bundesbahn am 29. März 1979 ihre Ausstellung zu den Neubauvorhaben in Kassel eröffnete, wurde über die Varianten debattiert. Die Grundsteinlegung zum hessischen Streckenabschnitt fand am 13. November 1981 statt; zu diesem Zeitpunkt war die Entscheidung für die dritte Variante gefallen. Der Bau des Bahnhofs Kassel-Wilhelmshöhe begann im gleichen Jahr.
Die feierliche Eröffnung des neuen Bahnhofs durch den Bundespräsidenten erfolgte dann am 29. Mai 1991, zusammen mit der Übergabe der gesamten Strecke Hannover-Würzburg und dem Beginn des planmäßigen ICE-Verkehrs. Im mittlerweile wiedervereinigten Deutschland erwies sich Kassel-Wilhelmshöhe plötzlich als nicht mehr zonenrandnah, sondern überaus zentral gelegener, leistungsfähiger Knotenbahnhof und damit insgesamt als planerischer Glücksfall.
(Es ist überliefert, dass der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker beim Festakt anlässlich der Eröffnung keine Toilette finden konnte und gezwungen war, gedeckt durch seine Personenschützer an eine Wand zu urinieren. Dies scheint jedoch kein schlechtes Omen für den Bau gewesen zu sein.)
Kassel-Wilhelmshöhe ist ein als Galeriebahnhof in einem Geländeeinschnitt realisierter Durchgangsbahnhof mit zehn Bahnsteiggleisen. Ein Querbau in Stahlträgerbauweise führt über die Gleise und ist mit ihnen durch breite, flache Rampen und Treppen verbunden. Vor dem Bahnhof überspannt ein gewaltiges Vordach auf einem "Wald" aus Rundpfeilern eine Knotenpunkthaltestelle für Stadtbahn und Busse; dahinter sind Parkebenen angeordnet, die zusammen mit Aufzügen, Treppen und Stegen noch eine weitere Querungsmöglichkeit der Gleise bilden.
Es ergaben sich allerdings einige Probleme bei der Ausführung dieses eigentlich guten Konzeptes. Den Architekturwettbewerb hatte das Team aus Andreas Brandt und Rudolph Böttcher gewonnen, das den Auftrag aber zurückgab, als die Änderungen der Randbedingungen durch den Auftraggeber für sie unzumutbar geworden waren. Eine 'Nachbesserung' durch Peter Schuck erfolgte 1990-1991.
Im Ergebnis ist der Stil des Gebäudes heute eher zwittrig, da für 1980er-Jahre-Architektur typischen Elemente des ersten Entwurfs wie türkis und rot gestrichene, verflanschte Rohre zwar weitenteils z.B. durch die Fischbauchverkleidungen der Stützen verdeckt sind, aber eben nicht ganz. Ohnehin weist der Bau einige unglückliche Merkmale auf. Er ist, vor allem auf den Bahnsteigen zur Mitte hin, recht dunkel, und, da die Rampenstruktur allseitig offen ist, sehr zugig (daher auch der Spitzname "Palast der tausend Winde"). Die indirekte Beleuchtung durch Scheinwerfer, die kreisrunde, klargläserne Deckenspiegel anstrahlen, wirkt auf die meisten Besucher auch sehr unsympathisch. Die Rampenkonstruktion ist zwar barrierefrei und kann große Fahrgastmengen bewältigen; man würde heute aber eher Fahrtreppen bauen.Architektur