Bärtierchen
Bärtierchen | ||||||||||||
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Bärtierchen | ||||||||||||
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Die Bärtierchen (Tardigrada), wörtlich langsame Geher, sind eine als eigener Tierstamm eingeordnete Gruppe von mehrzelligen Kleinstlebewesen.
Es sind etwa 750 Arten beschrieben. Die größten Arten werden 1,5 mm lang, die kleinsten erreichen weniger als 0,2 mm. Viele Bärtierchen haben sich an sehr unterschiedliche Biotope angepasst. Viele Arten können durch Kryptobiose auch Extrembedingungen (Vakuum, tiefste Temperaturen, Trockenheit, Radioaktivität etc.) unbeschadet überdauern.
Table of contents |
2 Merkmale 3 Fortpflanzung 4 Lebensräume, Häufigkeit und Verbreitung 5 Kryptobiose 6 Evolution 7 Systematik 8 Weblinks |
Die Tardigraden sind - wie molekulargenetische Untersuchungen (Nelson et. al.) gezeigt haben - den Gliederfüßern (Arthropoda) besonders nah verwandt. Bärtierchen werden mit diesen und den Stummelfüßern (Onychophora) zur Gruppe der Pararthropoden zusammengefasst. Diese bilden nach herkömmlicher Systematik zusammen mit den Ringelwürmern (Annelida) die Articulaten. Nach neuerer Systematik werden sie mit Gliederfüßern, Fadenwürmern (Nematoda) und anderen Stämmen zur Gruppe der Häutungstiere (Ecdysozoa) zusammengefasst. Diese Zuordnung beruht neben morphologischen Merkmalen vor allem auf Untersuchungen des genetischen Codes der ribosomalen RNA von 18-S-Ribosomen.
Kennzeichen des Körperbaus sind:
Bärtierchen haben sehr viele Lebensräume erobert, von der Tiefsee (unterhalb 4.000 m) bis zum Himalaya (oberhalb 6.000 m) und von den Polargebieten bis in äquatoriale Gebiete.
Die meeresbewohnenden (marinen) Bärtierchen bevölkern unterschiedliche Lebensräume. Besonders häufig sind sie im Meiobenthos des Sandlückensystems zu finden.
So genannte terrestrische (landlebende) Bärtierchen (Eutardigrada) und (Echiniscoidea) leben bevorzugt im Wasserfilm, der Moose oder Flechten umgibt, sowie - in geringerer Anzahl - in Böden. In stark austrocknenden Moosen sowie in Dünen bilden sie zusammen mit bdelloiden Rädertierchen (Rotatoria) die häufigste Gruppe mehrzelliger Tiere. Auch in Meeres- und Süßgewässersedimenten können sie häufig sein (bis zu 25.000 Exemplare pro Liter Boden) und mehr als 20 % der Biomasse stellen.
Die weltweite Verbreitung der Bärtierchen wird mit der Winzigkeit und Leichtigkeit der Eier und "Tönnchen" in Verbindung gebracht, die ohne Weiteres durch Wind oder Tiere großräumig verteilt werden können, möglicherweise sogar in die obere Atmosphäre. Auch sehr ungewöhnlicher Fundorte sind belegt. Für diese These gibt es jedoch wenig Beweise. Viele Arten haben ein klares Verbreitungsmuster und sind auf einzelne Klimazonen und Kontinente bzw. Meeresgebiete beschränkt. Einige Arten, beispielsweise Milnesium tardigradum oder Echiniscus testudo sind jedoch weltweit verbreitet, Exemplare aus verschiedenen Kontinenten zeigen keine morphologischen Unterschiede. Inwieweit sich dennoch hinter der gleichen Morphospezies unterschiedliche genetische Arten verbergen, ist noch nicht hinreichend geklärt.
Viele landlebende Bärtierchen sind sehr anpassungsfähig und können auch Extrembedingungen überdauern, sie sind die absoluten Rekordhalter im Überleben widriger Bedingungen.
Sie sind in der Lage, beim Fehlen von Feuchtigkeit in einen Kryptobiose, genauer: Anhydrobiose genannten Zustand überzugehen, in dem alle Stoffwechselvorgänge aussetzen und in dem der Wassergehalt von über 80% auf 3% reduziert wird, wobei das Wasser durch Trehalose ersetzt wird. Äußerliches Kennzeichen der Eintrocknung ist das so genannte Tönnchenstadium.
In diesem Zustand können Bärtierchen nach heutiger Forschung mehrere Jahre in völliger Trockenheit, im Vakuum, in starker Radioaktivität und anderer Strahlung, unter sehr starken Drücken bei 6000 bar, bei minus 270°C, also knapp am absoluten Nullpunkt, oder über 70° Celsius überleben!
Bei Wasserangebot erwacht das Bärtierchen bereits nach 5 Minuten aus der Trockenstarre und ist dann sofort stoffwechsel- oder auch fortpflanzungsfähig.
Die meisten Forscher sind der Auffassung, dass sich der Zustand der Kryptobiose evolutionär als Überlebensstrategie und Anpassung an den Lebensraum Land entwickelte und - wenngleich nicht immer so ausgeprägt - auch bei anderen Tierstämmen, z.B. den Rädertierchen (Rotatoria) vorkommt. Durch diese Anpassung konnten Bärtierchen viele teilweise trockene Lebensräume mit sehr geringer Konkurrenz besiedeln (z.B. Hochgebirge, Arktis, Dünen). Zudem ist die Fähigkeit zur Kryptobiose innerhalb der Tardigraden wahrscheinlich mehrfach unabhängig voneinander entwickelt worden (so bei Echinisciden und vielen, aber nicht allen, Eutardigraden). Hingegen ist bei den evolutiv ursprünglichsten Arten (Arthrotardigrada) kein Fall von Kryptobiose nachgewiesen.
Eine andere, weniger konventionelle Theorie geht davon aus, dass - da Bärtierchen unter Bedingungen überleben, die normalerweise auf der Erde nicht auftreten - ein außerirdischer Ursprung oder zumindest Aufenthalt anzunehmen ist. Nur so sei eine evolutionäre Anpassung an derartige Extrembedingungen denkbar.
Der Anpassungsmechanismus ist bisher nur teilweise geklärt und Objekt der Weltraum- und Militärforschung.
Fossile Belege gibt es nur wenige, so die Art Beorn leggi aus kreidezeitlichem kanadischem Bernstein. Auch für Aysheaia (Kambrium, Burgess Schiefer) nehmen manche an, dass dieses Fossil näher den Bärtierchen als den Stummelfüßern verwandt sei. Neuere Untersuchungen von Mikrofossilien (Dieter Walußek) haben tardigradenartige Tiere aus dem sibirischen Kambrium nachgewiesen.
Bärtierchen werden als sehr alte Abstammungslinie angesehen, die sich direkt in der kambrischen Explosion vor mindestens 530 Millionen Jahren entwickelt hat, noch vor den berühmten "Burgess Shale" Fossilien. Sowohl die Fossilfunde als auch die molekulargenetischen Untersuchungen an der rRNA der 18-S-Ribosomen legen nahe, dass sie sich bereits vor der Aufspaltung der Gliederfüßer (Arthropoda) von dieser Evolutionslinie abgespalten haben.
Systematische Stellung im Tierreich
Merkmale
Fortpflanzung
Die Fortpflanzung erfolgt bei den getrenntgeschlechtlichen Tieren durch Kopulation und Eiablage. Manche Bärtierchen legen ihre Eier in die Exuvien (Häutungshemden). Zumindest eine Art (Pseudobiotus megalonyx) betreibt Brutfürsorge (die mit Eiern gefüllte Exuvie wird über mehrere Wochen bis zum Schlüpfen der Jungtiere vom Weibchen mitgeführt). In der Regel diploider Chromosomensatz, bei einigen Arten der Eutardigraden kommen allerdings triploide Weibchen vor.Lebensräume, Häufigkeit und Verbreitung
Kryptobiose
Evolution
Systematik
Weblinks