Bürgerversicherung
Mit dem Begriff
Bürgerversicherung werden zumeist Vorschläge für eine Umgestaltung der
Krankenversicherung bezeichnet. Die Grundidee der Bürgerversicherung ist, alle Bürger mit allen Einkommen in die Finanzierung der Gesundheitsversorgung einzubeziehen.
Ein Ziel ist, das vor allem durch massive Einnahmeausfälle in Finanznot geratene System der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren (siehe auch Rentenproblem). Zum anderen hoffen Befürworter des Konzepts, durch besseren Wettbewerb der Versicherer auch die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung zu verbessern.
Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Konzepte der Bürgerversicherung unterscheiden:
- Alle Bürger zahlen einen bestimmten Prozentsatz aus der Summe aller eigenen Einkünfte (Lohnarbeit/Kapitalerträge/Mieteinnahmen/Zuschüsse/sonstige Einnahmen) in die Bürgerversicherung ein.
- Alle Bürger zahlen einen gleichen Betrag (Kopfpauschale, Kopfprämie, Gesundheitsprämie, Bürgerprämie) in die Bürgerversicherung ein. Er kann bei Geringverdienern aus Steuermitteln subventioniert werden.
Bürgerversicherung und
Kopfpauschale sind also keine absoluten Gegensätze, wie fälschlich oft dargestellt wird. In der aktuellen politischen Auseinandersetzung wird auch über eine
Mischform diskutiert.
Streitfragen
Die eigentlichen Streitfragen sind:
- ob künftig alle Bürger in ein Krankenversicherungssystem einbezogen werden sollen, in dem lebhafter Wettbewerb unter den Krankenversicherungen unter einheitlichen (Zugangs- und Kalkulations-) Bedingungen herrscht, oder es weiterhin ein Nebeneinander unterschiedlicher Krankenversicherungssysteme (Gesetzliche Krankenversicherung vs. Private Krankenversicherung) geben soll,
- ob der Einkommensausgleich über einkommensabhängige Beiträge (auf einer gegenüber der heutigen GKV erweiterten Bemessungsgrundlage und ggf. mit einer höheren Beitragsbemessungsgrenze) oder aber – bei einkommensunabhängiger Beitragsgestaltung („Kopfprämien“) – über steuerfinanzierte Zuschüsse an Einkommensschwache erfolgen soll,
- ob es für Ehepartner ohne eigene Einkommen künftig weiterhin eine beitragsfreie Mitversicherung geben soll oder ob sie eigene Beiträge entrichten sollen (ggf. nur dann, wenn keine Kinder erzogen bzw. Pflegeleistungen für Angehörige erbracht werden),
- ob es weiterhin einen hälftigen Arbeitgeberbeitrag geben soll oder ob dieser begrenzt („eingefroren“) bzw. über die Auszahlung mit dem Bruttoentgelt vollständig abgeschafft werden soll,
- ob in der Krankenversicherung eigenständige Elemente der Kapitaldeckung eingeführt werden sollen oder nicht.
(diese Streitfragen etwas modifiziert nach: "Bürgerversicherung versus Kopfpauschale - Alternative Finanzierungsgrundlagen für die Gesetzliche Krankenversicherung", von Dr. Klaus Jacobs, Dr. Bernhard Langer, Prof. Anita B. Pfaff, Prof. Dr. Martin Pfaff, hrsg. von der Friedrich-Ebert-Stiftung, November 2003), als PDF-Datei: [1]
Literatur
- Jürgen Borchert; Dieter Eissel: Bürgerversicherung jetzt. Gegen den marktradikalen Kahlschlag in der Sozialpolitik. Band 1 der Schriftenreihe “Hintergründe und Meinungen zur Gesellschaft” des DGB-Bildungswerk Hessen e.V., März 2004. Bezug: Tel. 069/27300560 E-Mail: info@dgb-bildungswerk.org; Einzelpreis 3,50 Euro plus Porto. (Behandelt neben der Krankenversicherung auch eine mögliche Umgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung).
- Ursula Engelen-Kefer (Hrsg.): Reformoption Bürgerversicherung. Wie das Gesundheitssystem solidarisch finanziert werden kann. 200 Seiten, € 12.80; sFr 23.20, ISBN 3-89965-056-5
Weblinks
Siehe auch: Bericht der Rürup-Kommission zur Bürgerversicherung in der Krankenversicherung