Asymmetrische Information
Asymmetrische Information (engl. asymmetric information) ist ein wirtschaftswissenschaftlicher Begriff und bezeichnet den Zustand, in dem zwei Vertragsparteien bei Abschluss und/oder Erfüllung eines Vertrags nicht über die selben Informationen verfügen. Die Auseinandersetzung mit Problemen die aus asymmetrischen Informationen resultieren ist Gegenstand der Informationsökonomie (engl. economics of information).
Table of contents |
2 Das Problem asymmetrischer Information 3 Lösungsmöglichkeiten 4 Staatliche Lösungen und Markt-Lösungen 5 Literatur |
Das Vorhandensein von asymmetrischer Information wird als ein Fall von beschränkter Rationalität angesehen.
Eine zentrale Annahme neoklassischer ökonomischer Modelle ist die Annahme vollständiger Rationalität, d.h. die Akteuere kennen sämtliche Umweltzustände, Ergebnisse und können die Handlungen ihrer Vertragsparteien beobachten. Informationen sind kostenlos verfügbar, Verträge sind vollständig, ihre Erfüllung kann kostenlos beobachtet und vollständig durchgesetzt werden.
Trotz dieser intuitiv unrealistisch erscheinenden Annahme, können neoklassische Modelle in bestimmten Bereichen immer noch mit guten Ergebnissen verwendet werden, nämlich dann, wenn ein Partialmarkt dem perfekten Markt der Neoklassik nah kommt, zum Beispiel im Wertpapierhandel.
In der neuen Institutionenökonomie wurde dagegen explizit die Annahme beschränkter Rationalität eingeführt. Informationsbeschaffung ist jetzt nicht mehr kostenlos, sondern verursacht Transaktionskosten.
Je nach Erklärungsziel unterscheidet man drei verschiedene Ansätze innerhalb der neuen Institutionenökonomik:
Alle neoinstitutionalistischen Ansätze gehen von beschränkter Rationalität aus, allerdings wird das Problem asymmetrischer Information hauptsächlich in der Principal-Agent-Theorie thematisiert. Betrachtet wird dabei eine Beziehung zwischen einem Auftraggeber (Principal/Prinzipal) und einem Auftragnehmer (Agent), die unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass der Prinzipal über weniger Informationen verfügt als der Agent.
Man unterscheidet dabei drei Grundtypen asymmetrischer Information (Vgl. dazu zum Beispiel Picot/Dietl/Frank: Organisation, 2. Aufl., Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 1999, S. 88 ff.):
Hierbei kennt der Prinzipal bestimmte, unveränderliche Eigenschaften des Agenten vor Vertragsabschluss nicht, er kann also die Qualität der angebotenen Leistung ex ante nicht beurteilen. Es besteht die Gefahr, dass es zu Adverse Selection kommt, dass also systematisch unerwünschte Vertragspartner ausgewählt werden. Als Beispiel hierfür dient das berühmte "Lemons"-Modell von Akerlof:
Hierbei treten die Informationsasymmetrien erst ex post, also nach Vertragsabschluss und während der Vertragserfüllung auf. Hidden action bedeutet, dass der Agent diskretionäre Spielräume hat, der Prinzipal seine Handlungen nicht (vollständig) beobachten kann. Hidden information liegt dagegen vor, wenn der Prinzipal zwar die Handlungen beobachten kann, deren Qualität aber nicht einschätzen kann.
Beispiele für Hidden action:
Selbst wenn der Prinzipal Möglichkeiten hat, das Handeln des Agenten zu beobachten, also wenn keine Hidden action- oder Hidden information-Probleme vorliegen, dann kann es in bestimmten Fällen immer noch zu Problemen dadurch kommen, dass der Prinzipal ex ante die Absichten des Agenten nicht kennt. Tätig der Prinzipal Investitionen, die er nicht rückgängig machen kann (sunk costs), kommt er in ein Abhängigkeitsverhältnis zum Agenten. In diesem Zusammenhang spricht man von der Hold up-Gefahr, wenn der Agent dies ausnutzen kann, um sich selbst einen Vorteil auf Kosten des Prinzipals zu verschaffen. Ein Beispiel hierfür ist der klassische Entführungs-/Erpressungsfall. Mit der Lösegeldübergabe hat der Prinzipal eine irreversible Investition getätigt und ist auf den guten Willen des Agenten angewiesen, dass dieser den verabredeten Teil (z.B. Freilassung von Geiseln) auch erfüllt. Ein anderes Beispiel ist die Mieterhöhung kurz nach Bezug (Umzugskosten als irreversible Investition) einer Wohnung.
Die asymmetrische Information verhindert vorteilhafte Vertragsbeziehungen. Es kommt ein schlechter Vertrag oder sogar überhaupt kein Vertrag zustande. Deshalb muss man versuchen, das Problem der asymmetrischen Information in den Griff zu bekommen. Die dabei gegenüber der idealen Lösung entstehenden Kosten (im weitesten Sinne) bezeichnet man als Agency Kosten.
Hierbei kommen als Lösungswege in Frage die Beseitigung der Informationsasymmetrie oder die Interessenangleichung.
Durch Signalling kann der Agent seine Eigenschaften signalisieren. Hierbei nimmt der Agent Kosten auf sich, um ein bestimmtes Signal zu produzieren, hierbei muss der Nutzen der Signalproduktion (Vorteile abzüglich Kosten) für erwünschten Agenten positiv, für unerwünschte Agenten dagegen negativ sein. Beispiele für Signalling sind Hochschuldiplome, Dekra-Gebrauchtwagensiegel und ähnliches.
Wenn der Prinzipal dagegen Kosten auf sich nimmt, um mehr über die relevanten Charakteristiken der Agenten zu erfahren, bezeichnet man das als Screening. Beispiel hierfür sind Assessment-Center, Probefahrten und ähnliches.
Durch ein geeignetes Vertragsmenü kann man Self selection erreichen. Hierbei bietet der Prinzipal verschiedene Verträge an, so dass für die unterschiedlichen Typen von Agenten jeweils nur ein Vertrag optimal ist. Beispiel sind Versicherungsbeträge mit unterschiedlich hohen Selbstbeteiligungen. Schlechte Risiken wählen den in der Regel wesentlich teureren Tarif ohne Selbstbeteiligung, während gute Risiken eine höhere Selbstbeteiligung bei niedrigeren Beiträgen akzeptieren.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Verträge so zu konstruieren, dass nur erwünschte Agenten diese unterzeichnen würden. Nur sie besitzen ein Eigeninteresse, unter diesen Bedingungen die Leistung anzubieten. Beispiele sind Garantien, Reputationen etc.
Hierbei ist Hauptmittel zum Abbau der Risiken die Interessenangleichung, zum Beispiel durch Ergebnisbeteiligung des Agenten. Die Agenten werden aus Eigeninteresse die vom Prinzipal erwünschte Leistung erfüllen. Beispiele sind Aktienoptionspläne für Manager, aber auch Produkthaftungsgesetze, Reputation und ähnliches. Hierbei ist das Problem, dass die Principal-Agent-Theorie von einem risikoneutralen Prinzipal, aber einem risikoaversen Agenten ausgeht, so dass bei einer Ergebnisbeteiligung der Agent ein erhöhtes Risiko tragen muss, was für ihn mit Kosten verbunden ist.
Durch Monitoring kann der Prinzipal versuchen, die Handlungen des Agenten beobachtbar und sanktionierbar zu machen. Dies verursacht jedoch Monitoring-Kosten.
Der Hold up-Gefahr kann man nur mittels Interessenangleichung begegnen. Beispiele sind Sicherheiten, langfristigere Verträge und Gegengeschäfte (gegenseitige hold up-Situation).
Unabhängig davon, ob der Staat Lösungen anbietet (staatliche Zertifizierungen, staatliche Abschlüsse als Signalling, Produkthaftungsgesetz, Gewährleistungsrecht, Mindeststandards), oder ob die Vertragsparteien durch ihren bilateralen Vertrag die Probleme, die aus der Informationsasymmetrie resultieren, lösen wollen, es kommt immer zu Agency-Kosten, die ideale Lösung, die bei vollständiger Rationalität und vollständigen Verträgen in der Neoklassik erreichbar wäre, kommt nicht zustande.
Da der Staat aber vereinheitlichte Institutionen bereitstellt, geht die Neue Institutionenökonomik davon aus, dass diese staatlichen Institutionen den Vertragsparteien den Vertragsabschluss erleichtern, da sie auf diese Institutionen Bezug nehmen können. Beispiel: Wenn ich als Kunde in ein Kaufhaus gehe, muss ich mir die irgendwo ausgehängten AGBs nicht durchlesen, da diese mich nicht unangemessen benachteiligen dürfen. Das Kaufhaus wiederum muss wenig Kosten aufwenden, um mir eine 2-jährige Gewährleistung zu versprechen, da diese bereits gesetzlich vorgeschrieben ist.
Da aber - trotz staatlich vereinheitlichter Institutionen - weiterhin private Signale gesetzt werden (zum Beispiel geben manche Autohersteller drei Jahre Garantie), schließt die staatliche Regulierung eine Marktlösung nicht aus. Sie setzt in manchen Bereichen nur gewisse Mindeststandards, zum Beispiel im Verbraucherschutz, da der Staat davon ausgeht, dass sich keine vertretbare Marktlösung einstellt. Da es aber unter der Annahme beschränkter Rationalität niemals zu einem effizienten Marktgleichgewicht im Sinne der Neoklassik kommt, fällt es schwer, hier Vorteilhaftigkeitsaussagen zu treffen, zumal wenn man - wie im Verbraucherschutz - auch außerökonomische Wertaussagen (Gesundheit) in die Argumentation mit einbezieht.
Rationalität
Neoklassik
Neue Institutionenökonomie
Das Problem asymmetrischer Information
Hidden characteristics
Weitere Beispiele sind der Versicherungsmarkt, wenn die Versicherungen nicht beurteilen können, welches Risiko die Versicherten individuell darstellen.Hidden action und Hidden information
Beispiele für Hidden information:
In beiden Fällen ist das Problem, dass der Prinzipal nicht beurteilen kann, ob das resultierende Ergebnis durch qualifizierte Anstrengungen des Agenten erreicht wurde, oder (bzw. wie sehr) ob die Umweltzustände das Ergebnis beeinflusst haben. Wenn man zum Beispiel mit einem Schnupfen zum Arzt geht und Medikamente verschrieben bekommt, dann ist selten klar, ob die Besserung nicht auch ohne ärztliche Unterstützung eingetreten wäre ("Ein Schnupfen dauert eine Woche, geht man zum Arzt nur sieben Tage.") Dieses Unwissen kann der Agent ausnutzen, was als Moral hazard bezeichnet wird.Hidden intention
Lösungsmöglichkeiten
Hidden characteristics
Beseitigung der Informationsasymmetrie
Interessenangleichung
Hidden action und Hidden information
Hidden intention
Staatliche Lösungen und Markt-Lösungen
siehe auch: Principal-Agent-Theorie, Transaktionskostentheorie, Property-Rights-Theorie, Institutionenökonomie, NeoklassikLiteratur
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Aufsätze