Arbeitsteilung
Unter Arbeitsteilung versteht man jede Form der Aufteilung der gesellschaftlichen Produktion von Gütern und Dienstleistungen in unterschiedliche Teilprozesse, die dann von verschiedenen Wirtschaftseinheiten (Produzenten, Produktionsstätten, Regionen) ausgeführt werden. Jede Form der Arbeitsteilung setzt eine entsprechende Form der Arbeitsvereinigung, das heißt der gesellschaftlichen Organisation der Zusammenführung der verschiedenen Teilprozesse voraus.
Im Wesentlichen im Anschluss an Karl Bücher können verschiedene, sich aber in der Regel überlagernde, Formen der Arbeitsteilung unterschiedenen werden, wie insbesondere:
Die Arbeitsteilung steigert nach Adam Smith die Produktivität der Arbeit. Laut Smith hat sie demnach drei Vorteile:
Der Technologische Fortschritt kommt dadurch zustande, dass für einen Teil der Arbeit leichter neue Maschinen entwickelt werden können.
Smith sieht jedoch auch die Gefahr der Arbeitsteilung. Menschen verdummen, wenn sie nur einen einzelnen Handgriff andauernd ausüben. Als Gegenmaßnahme fordert er eine verbesserte Ausbildung.
Siehe auch: Taylorismus
Der Begriff der Arbeitsteilung war in der Soziologie de 19. Jahrhunderts Gegenstand einer Auseinandersetzung über den Zusammenhalt der Gesellschaft. Herbert Spencer analysierte die Arbeitsteilung in der Abhandlung 'Specialisation of Functions and Division of Labour' aus dem Werk 'Principles of Sociology' (ab 1877) als natürliches Ergebnis gesellschaftlicher Evolution und regionaler Unterschiede. Emile Durkheim "reagierte" in Auseinandersetzung mit dem Utilitarismus in 'De la division du travail social' (1893) und erklärte die Arbeitsteilung zur wichtigen Basis für die "organische Solidarität" hochentwickelter Gesellschaften. Zeitgleich, aber nicht in direkter Auseinandersetzung beschäftigte sich Georg Simmel in 'Über sociale Differenzierung' (1890) mit dem Thema der Arbeitsteilung. Gemeinsam ist allen drei Werken das wesentliche Ziel, den Widerspruch zwischen zunehmender Individualisierung und kollektivem Zusammenhalt der Gesellschaft aufzulösen. Darüber hinaus legt jeder Autor ein Gedankenmodell der Teilung zugrunde, bei der sich ein homogenes Ganzes über einen Zeitraum zu einer heterogenen Sammlung von Einzelteilen entwickelt, die aber ihrerseits wieder ein (höheres) Ganzes bildet. Die Unterschiede setzen bereits bei der Zuordnung dieses einfachen Modells an: So kann dieses Ganze die Menge möglicher Tätigkeiten zur Gesellschaftserhaltung (Spencer), die Menge aller bisher vorhandenen Tätigkeiten (Durkheim) oder die Menge der Interessen und Vorstellungen eines Individuums (Simmel) sein.
Ausgehend von dem allen drei Autoren gemeinsamen Teilungsgedanken werden in der Folge die einzelnen Aspekte dieser Teilung betrachtet, um auf diese Weise die unterschiedlichen Facetten der untersuchten Begriffe division of labour, specialisation of functions, Differenzierung, Arbeitsteilung und division du travail social herauszuarbeiten.
Die deutlichste Aussage zum Objekt der Teilung ist bei Spencer zu finden. Specialisation of functions bezieht sich auf alle Tätigkeiten oder deren Teile, die zum Fortbestehen einer Gesellschaft nötig oder wichtig sind (dies sind die Tätigkeiten von Regierung, Militär, Geistlichkeit, Verwaltung und Industrie). Division of labour schränkt Spencer gemäß der allgemeinen Auffassung seiner Zeit auf den Teil der specialisation of functions ein, der direkt oder indirekt der Erfüllung materieller Wünsche oder der Herstellung materieller Hilfsmittel zur Erfüllung geistiger Wünsche dient. Zur division of labour gehören darüber hinaus noch die einen Produktionsprozess regulierenden geistigen Arbeiten. Auch auf Tätigkeiten ausgerichtet scheint die Arbeitsteilung Simmels, die selten Verwendung findet. Sie hat mit Differenzierung der Arbeit eine ähnliche oder identische Bezeichnung. Sie teilt verwandte Aufgaben einer beruflichen Tätigkeit, deckt sich also höchstens mit der specialisation of functions, wenn man den Beruf als Beitrag zum Fortbestehen einer Gesellschaft ansehen will, und die Aufgabe im Sinne von in naher Zukunft stattfindender Tätigkeit versteht.
Differenzierung greift indes deutlich weiter über diesen Bereich hinaus und meint zunächst Ungleichheit, so dass Arbeitsteilung schließlich eine mögliche Konkretion von Differenzierung ist. So ist das Objekt der Differenzierung unbestimmt. Soziale Differenzierung ist deutlich an den Entwicklungsprozess von einer homogenen Gruppe von Menschen zu einer heterogenen gebunden, aber auch hier beschreibt sie direkt nur eine Unterschiedlichkeit. Schließlich ist in der Differenzierung der Persönlichkeit, die mit der sozialen Differenzierung einhergeht, doch eine Art Teilung gefunden. Denn sinnvoll lässt sich diese nur deuten als die Unterschiedlichkeit der Interessen einer Person und damit die Aufspaltung, die Teilung des Interesses einer Person in verschiedene Teile. Diese Teile sind die Zugehörigkeiten dieser Person zu verschiedenen Gruppen (Kreisen), die bei einer Vielzahl vorhandener Kreise die Persönlichkeit als einzigartiger Schnittpunkt dieser Vielzahl beschreiben.
Durkheim bezieht seine division du travail social einmal auf Arbeit und einmal auf Funktion. Da die Arbeitsteilung aber "ein Ergebnis des Lebenskampfes" ist, sind die zur Disposition stehenden Tätigkeiten auf die Erringung von knappen Gütern gerichtet beziehungsweise auf solche, die durch viele menschliche Konkurrenten knapp geworden sind. Da diese Güter sowohl geistige wie materielle sein können, ist ein Vergleich mit der specialisation of functions und der Arbeitsteilung möglich. Ein Unterschied zur ersteren liegt in solchen Tätigkeiten, die für das Fortbestehen der Gesellschaft nötig sind, aber keine (zumindest nicht aufwändig konstruierten) knappen Güter beschaffen.
Beispiele für diese Tätigkeiten sind das Wählen einer Partei, das sich Informieren durch die Medien oder der (moralische) Austausch mit seinen Mitmenschen. Diese Tätigkeiten befriedigen zwar Bedürfnisse des Handelnden, stehen aber unbeschränkt zur Verfügung, insbesondere unabhängig davon, wie viele andere Menschen die gleiche Tätigkeit ausüben. Jedoch eine Gesellschaft ohne Wahlbeteiligung oder Kommunikation über die gesellschaftlichen Anliegen würde (auch im Sinne Durkheims) wohl kaum weiterbestehen können. Will man 'berufliche Tätigkeiten' weniger an eine 'Berufung' und stärker an eine Lohnarbeit binden, so ist Arbeitsteilung gewissermaßen der 'kleinste gemeinsame Nenner' der hier diskutierten Begriffe.
Ein wesentlicher Kritikpunkt Durkheims an der Arbeit Spencers ist die Nichtbeachtung der Absprache und damit des zuvor nötigen moralischen Bandes zwischen den Personen, die eine Arbeit untereinander aufteilen. Basis dieser Kritik ist die "Natur" der division du travail social, die "eine Funktion in zwei exakt komplementäre Funktionen" zu teilen verlangt. Dies ist eine übermäßige Einschränkung des Teilungsbegriffs, will man den Ausführungen Spencers gerecht werden, denn dieser betrachtet ebenso eine voneinander unabhängige 'Teilung' (wenn man sie dann noch als solche bezeichnen will), wie sie beispielsweise zwischen verschiedenen Regionen möglich wäre, als auch eine sich gegenseitig unterstützende Teilung ähnlich einer Symbiose, die sowohl Überlappungen als auch völlig verschiedene Teile beinhalten kann. So kann, um diese Unterschiede durch Beispiele plastischer zu machen, ein Bauer seine Feldarbeit in Säen und Ernten komplementär teilen. Er kann aber auch mit einem Nachbarn zusammenarbeiten, schwerpunktmäßig Ackerbau betreiben und seine Viehzucht stark einschränken, während sich sein Nachbar umgekehrt verhält, was einer überlappenden Teilung gleich käme. Schließlich könnten Fischer und Bauer ohne sie verbindenden Handel oder gegenseitige Kenntnis nebeneinander existieren, so dass, gemessen an den denkbaren Möglichkeiten der Lebensmittelversorgung einer Gesellschaft, eine völlig unabhängige Teilung festzustellen ist. Die Kritik Durkheims ist nur im Falle einer komplementären Teilung tragfähig. Es ist ein beachtlicher Unterschied zwischen "division du travail social" und specialisation of functions beziehungsweise division of labour festzustellen.
Die Differenzierung der Persönlichkeit kann, nehmen wir als Basis das im vorigen Kapitel konstatierte Teilungsobjekt, alle drei der oben entworfenen Teilungsformen annehmen. Die Arbeitsteilung hingegen tritt durch den starken Bezug auf Lohnarbeit häufig als von einem Leitenden geplant auf und ist daher oft komplementär angelegt, erscheint aber auch überlagernd. Wichtig ist Simmel aber gerade die Verbindung zwischen den einzelnen Tätigkeitsbereichen, so dass eine unabhängige Teilung zwar durch die Formulierungen nicht ausgeschlossen werden kann, aber zumindest kaum von ihm berücksichtigt wird. Durch diese Verbindung nämlich kommen die für ihn interessanteren Folgen der Arbeitsteilung zu stande: Dass der Mensch einen anderen Menschen mit gleichem Beruf, aber anderen Interessen hat (oder umgekehrt), und so die sachlichen Zusammenhänge von den schematischen Gleichheiten zu unterscheiden lernt und darüber das abstraktere Gemeinsame erkennt.
Die eben angesprochene Folge der Arbeitsteilung bei Simmel ist nur zu finden, wenn zwei verschiedene Personen oder Gruppen die getrennten Teile der Arbeit ausführen, die Teilarbeiten also parallel ausgeführt werden können. Aus ähnlichem Grunde ist auch die Form der Teilung, bei der eine Tätigkeit nur räumlich und/oder zeitlich geteilt wird und trotzdem von einer Person oder einer Gruppe (ohne Spezialisierung ihrer Mitglieder) durchgeführt wird, für Durkheim uninteressant und wird nicht berücksichtigt. Denn in diesem Fall kann die Entstehung von Solidarität zwischen verschiedenen Personen nicht gefolgert werden. So findet diese Möglichkeit nur bei Spencer eine (explizite) Erwähnung zumindest für die serielle division of labour von einer Einzelperson.
Erstaunlich unbeachtet bleibt die Frage nach der Austauschbarkeit der Beteiligten der Teilung bei Spencer in den behandelten Kapiteln, denn diese scheint parallel mit der allgemeinen Teilungsentwicklung zu steigen. Zwar behandelt er die Freiheiten des Lohnarbeitsverhältnisses, aber dass eine Aufsplitterung komplexerer Tätigkeiten nicht nur Raum für eine Spezialisierung der an der Teilung beteiligten Personen ermöglicht, sondern umgekehrt auch die verbleibenden Teile so einfach machen kann, dass prinzipiell jeder Mensch ohne besondere Qualifikationen diese Teiltätigkeiten ausführen kann, habe ich im Ausgangsmaterial nicht finden können. Noch deutlicher wird dieser Punkt bei Durkheim regelrecht 'negiert'. So findet sich in der Sekundärliteratur eine Charakterisierung der 'segmentären', also in Durkheims Klassifizierung primitiven, wenig entwickelten Gesellschaft der folgenden Art: "Von den meisten Individuen wird erwartet, dass sie jede Aufgabe erfüllen können, sie müssen, was die Funktionserfüllung betrifft, fast austauschbar sein, und besitzen in diesem Sinne aus gesellschaftlicher Perspektive keine 'Individualität'." Letztere entsteht bei Durkheim gerade durch die division du travail social, was aber eine solche Spezialisierung der Arbeitsanbieter voraussetzt, dass sie ihrerseits eben deutlich weniger austauschbar sind als zuvor (Diese Entwicklung ist nach Durkheim auch durch die Konkurrenz der Arbeitsanbieter verursacht). Betrachtet man aber zumindest den Teil der Arbeitsteilung, der zur Steigerung der Produktivität von Arbeitgebenden bewusst geplant ist, so sind viele dieser Teilarbeiten so unpersönlich und unqualifiziert, dass die angestellten Menschen in hohem Maße austauschbar sind und keine oder kaum besondere Qualitäten vorweisen können. Dann ist aber nicht einsehbar, warum eine Solidarität zwischen diesen Personen entstehen sollte, da jeder ihre Aufgaben übernehmen könnte und somit keiner von ihnen abhängig ist. Auch ist dieser Aspekt nicht als Anomalie an den Rand zu stellen, da selbst in einer nur auf freiwilliger Berufswahl und natürlich gewachsener division du travail social beruhenden Gesellschaft stets unqualifizierte und damit personell austauschbare Arbeiten anfallen. Diese werden dann nicht aus Interesse, Veranlagung oder Fähigkeiten angenommen, sondern aus Mangel an anderen Arbeitsmöglichkeiten.
Deutlich geht Simmel auf diesen Punkt, wenn auch in allgemeinerer Form, ein. Er sieht die Objektivierung der sozialen Beziehungen in Einklang mit einer steigenden individuellen Freiheit wachsen, da die Verpflichtungen nicht mehr gegenüber einer konkreten Person, sondern nur noch gegenüber einer Position bestehen. Diese Entwicklung hat seine Grenzen, da die anderen "zunächst doch da sein und empfunden werden [müssen], damit sie einem gleichgültig sein können. [...] Die Ursache wie die Wirkung derartiger objektiver Abhängigkeiten, bei denen das Subjekt als solches frei ist, liegt in der Auswechselbarkeit der Personen: in dem freiwilligen oder durch die Struktur des Verhältnisses bewirkten Wechsel der Subjekte offenbart sich jene Gleichgültigkeit des subjektiven Momentes der Abhängigkeit, die das Gefühl der Freiheit trägt." Bezogen auf die Arbeitsteilung hieße das, dass nur die Positionen oder Posten, denen die Teile der Arbeit zugeordnet sind, voneinander abhängig sind, nicht aber die diese besitzenden Individuen. Nun schafft das Bewusstsein der Individuen über die Abhängigkeiten ihrer Posten das Gefühl, von allen anderen Individuen abhängig zu sein, da potentiell jeder andere einen solchen Posten erhalten könnte, und somit eine indirekte Abhängigkeit vorhanden wäre. Dabei ist allerdings, und insofern trifft meine oben geäußerte Kritik auch auf Simmel zu, nicht der unterschiedliche Grad der Austauschbarkeit, abhängig von der Tätigkeit und den dazu nötigen Qualifikationen, berücksichtigt, der eben nicht eine Abhängigkeit des Einzelnen von allen gleichermaßen, sondern eine mit der Qualifikation des Postens steigende Abhängigkeit erzeugt.
Ein weiterer Punkt ist die Frage, ob eine Person an mehreren Teilungsprozessen beteiligt sein kann. So scheint es für Spencer selbstverständlich zu sein, dass jede Person nur einen Tätigkeitsteil oder Beruf ausüben kann. Dem widerspricht nun Simmel, der gerade in der Vielfalt der Kreise, an denen die gleiche Person beteiligt ist, eine wesentliche Entwicklung feststellt (dabei wird in Beispielen deutlich, dass auch verschiedene Tätigkeiten und Berufe mit der Mitgliedschaft in solchen Kreisen verbunden sein können). Die Ausführungen Durkheims lassen beide Möglichkeiten zu. Da sie aber die aus mehreren Tätigkeiten bei einer Person möglicherweise entstehenden Konflikte nicht beachtet (wie Simmel dies tut), ist seine Auffassung vermutlich der von Spencer ähnlich.Definition
Formen der Arbeitsteilung
Begriff der Arbeitsteilung in der Wirtschaft
Die Zeitersparnis wird mit dem berühmten Stecknadel-Beispiel (ein Beispiel der Arbeitszerlegung) erklärt. Ein einzelner ungelernter Arbeiter kann an einem Tag nur wenige Stecknadeln herstellen. Wird die Arbeit aufgeteilt in mehrere Handgriffe (Draht ziehen, abzwicken, zuspitzen, Kopf oben drauf, Verpacken, ...), können von beispielsweise fünf Arbeitern tausende Stecknadeln an einem Tag hergestellt werden.Begriff der Arbeitsteilung in der Soziologie
Das Objekt der Teilung
Die Komplementarität der Teilung
Die Betroffenen der Teilung