Antiochia
Antiochia (oder Antiochien, Antiocheia) ist der Name mehrerer im hellenistischenen Zeitalter gegründeter Städte in Vorderasien.Antiochia am Orontes (heute Antakya) liegt in der heutigen Türkei. Die Stadt wurde 300 v. Chr gegründet durch Seleukos I. Nikator, der sie zur Residenz der Seleukiden machte. 64 v. Chr wurde sie Hauptstadt der römischen Provinz Syrien. Seleukos I. Nikator war General Alexanders des Großen und Begründer eines der Nachfolgereiche, nachdem das Alexanderreich zerfallen war. Der Name Antiochos taucht häufig unter den Nachkommen von Seleukos I. Nikator auf.
Um die Stadt schnell zu besiedeln. löste er die von seinem Vorgänger Antigonos in der Nähe gegründete Stadt Antigoneia auf und siedelte 5000 makedonische Veteranen dort an. So wurde Antiochia schon um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. eine der einflußreichsten Städte in den für die griechische Kultur neu erschlossenen Gebieten.
In den Quellen ist vom Ausbau des Königsviertels die Rede, von umfangreichen Palastanlagen, von einer bedeutenden Bibliothek. Die friedliche Entwicklung wurde allerdings durch immer wieder aufflammende Kriege mit dem Nachbarreich der Ptolemäer unterbrochen.
Ptolemaios III gelang es während des 3. Syrischen Krieges im Jahre 246 v. Chr, die Hafenstadt Seleukia in Pieria zu eroberen, und es wird berichtet, daß er auch Antiochia besetzte. Die Bevölkerung soll ihn sogar freudig begrüßt haben. Doch er gab dies Gebiet bald wieder auf.
Wenige Jahrzehnete später konnte ein seleukidischer König mit anfangs großem Erfolg die Landkarte verändern. Antiochos III suchte in Kleinasien stabile Grenzen zu schaffen und wandte sich dann rebellischen Völkern im Osten zu. Sieben Jahre (von 212 bis 205) dauerte sein Kriegszug auf den Spuren Alexanders des Großen, der ihn bis nach Turkestan führte, und der auch ihm den Ehrentitel "der Große" einbrachte.
Seine weiteren Pläne scheiterten an Rom, das sich nach dem Sieg über Hannibal als Weltmacht fühlte und bald überall im Osten angriff. Antiochos IV Epiphanes (175 bis 164) konnte im nun schon 7. Syrischen Krieg Ägypten erobern. Er ließ sich in Anspielung auf Alexander in Memphis zum König krönen, aber wieder griffen die Römer ein und zwangen ihn, das Reich der Ptolemäer schnell zu verlassen.
Auf dem Rückweg zerstörte er Jerusalem, ordnete dort den Kult von Zeus und Athena an und löste damit einen Aufstand aus. Mit seinem Tod ging die große Zeit der hellenistischen Weltstadt Antiochia zu Ende. Die Antiochier litten viele Jahrzehnte unter den Kämpfen rivalisierender Thronprätendenten. Sie mußten immer wieder Soldaten stellen und Kriege bezahlen. Von einem Thronanwärter zu Hilfe gerufene jüdischen Truppen "erschlugen (in Antiochia) denselben Tag 100 000 Mann und zündeten die Stadt an und plünderten sie" heißt es in der Luther-Übersetzung von 1 Makkabäer 11.
Die Zahl ist sicher übertrieben, aber der Vorgang gibt Kenntnis von einer der Zerstörungen der Stadt im späten Hellenismus. Schließlich boten die Antiochier Stadt und Land einem fremden König an. Tigranes, König von Armenien, bescherte Antiochia 14 ruhige Jahre. Dann folgten wieder Wirren, bis endlich die pax romana unter Augustus bessere Zeiten brachte. Caesar, Augustus, Tiberius und fast alle späteren Kaiser besuchten "Antiochia die Große", die zusätzlich politische Bedeutung erhielt, seit die Grenze des Römischen Reiches auf die Linie des Euphrat zurückgenommen worden war. Die Vorbereitung der Kriege gegen aufsässige östliche Nachbarn, gegen Parther und Sassaniden erfolgte stets in Antiochia.
Antiochia war eine der fünf wichtigsten Stadte des Römischen Reiches. Die Stadt nahm aber auch in der Geschichte des Christentums einen bedeutenden Platz ein. Hier predigte der Apostel Paulus zum ersten mal in einer Synagoge, hier wurden die Nachfolger Christi erstmalig Christen ("christianoi") genannt. Mit der Etablierung der christlichen Kirche wurde Antiochia Sitz eines der fünf ursprünglichen Patriarchatee, gemeinsam mit Jerusalem, Alexandria, Konstantinopel und Rom. Gegenwärtig hat das syrisch-orthodoxe antiochenische Patriarchat seinen Sitz in Damaskus, das syrisch-katholische Patriarchat von Antiochia hat seinen Sitz in Beirut (siehe: Altorientalische Kirchen).
Jahrhundertelang blieb Antiochia eine bedeutende Stadt im Byzantinischen Reich, bis es 636 durch die Muslime erobert wurde. Bis 969 blieb Antiochia in arabischer Hand und wurde dann durch den byzantinischen Kaiser Nikephorus II. Phokas zurückerobert. 1085 fiel die Stadt wiederum in die Hände der Seldschuken. 13 Jahre später wurde sie von den Kreuzfahrern besetzt und Hauptstadt eines unabhängigen Fürstentums von Antiochien. Während des 12. und 13. Jahrhunderts blieb Antiochia in der Hand der Kreuzfahrer, bis es 1268 durch die Mameluken unter Sultan Baibars endgültig erobert wurde. Baibars zerstörte die Stadt so schwer, dass sie nie wieder größere Bedeutung erlangte.
Verschiedene andere Städte im Reich der Seleukiden hießen ebenfalls Antiochia, (z.B.: Antiochia in Pisidien) die meisten wurden durch Seleukos I. Nikator gegründet.