Anthropisches Prinzip
Das anthropische Prinzip (von griechisch anthropos »Mensch«) besagt, dass die enorme Vielzahl von Naturgesetzen und Naturkonstanten im Universum exakt so aufeinander abgestimmt sind, dass sie Leben ermöglichen, welches diese unwahrscheinlichen Bedingungen als solche auch zu erkennen vermag.
- Nicht nur, dass der Mensch in das Universum hineinpasst. Das Universum passt auch zum Menschen. Man stelle sich ein Universum vor, in dem sich irgendeine der grundlegenden dimensionslosen physikalischen Konstanten in die eine oder andere Richtung um wenige Prozent verändern würde ? in einem solchen Universum hätte der Mensch nie ins Dasein kommen können. Das ist der Dreh- und Angelpunkt des anthropischen Prinzips. Gemäß diesem Prinzip liegt dem gesamten Mechanismus und dem Aufbau der Welt ein die Existenz von Leben ermöglichender Faktor zugrunde.
(John Barrow und Frank Tipler, The Anthropic Cosmological Principle, Seite 7).
Table of contents |
2 Das anthropische kosmologische Prinzip 3 Anthropische Voreingenommenheit und anthropisches Schließen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 Fußnote |
Das anthropische Prinzip gibt in seiner einfachsten Form eine Binsenweisheit wieder: dass jedwede stichhaltige Theorie über das Universum in Einklang mit unserer Existenz als Kohlenstoff basierte menschliche Wesen zu dieser speziellen Zeit und in diesem speziellen Teil des Universums stehen muss. Versuche, dieses Prinzip anzuwenden, um wissenschaftliche Erklärungen in der Kosmologie zu erhalten, haben zu einiger Verwirrung und vielen kontroversen Diskussionen geführt.
Der Ausdruck anthropisches Prinzip wurde erstmals 1973 von Brandon Carter während der Feierlichkeiten zu Kopernikus' 500. Geburtstag vorgeschlagen, wie um auszurufen, dass letztlich die Menschheit eine besondere Stellung im Universum einnehme.(1)'
Verfechter des anthropischen Prinzips weisen darauf hin, dass das Universum dermaßen fein darauf abgestimmt erscheint, die Existenz von Leben, wie wir es kennen, zu ermöglichen, und dass, würde auch nur eine der grundlegenden physikalischen Konstanten von ihrem Wert abweichen, dieses Leben nicht möglich wäre. Es wurden Arbeiten verfasst, die die Ansicht vertreten, das anthropische Prinzip sei in der Lage, physikalische Konstanten wie die Feinstrukturkonstante, die Anzahl der Dimensionenen des Universums und die kosmologische Konstante zu erklären. Die Verfechter stellen heraus, dass diese Konstanten keine »offensichtlichen« Werte besitzen. Das Universum, das wir beobachten, muss für die Entwicklung intelligenten Lebenes geeignet sein, denn andernfalls könnten wir nicht hier sein und es beobachten.
Die beiden hauptsächlichen Versionen des Prinzips, wie es von Barrow und Tipler formuliert wurde, lauten:
Das Anthropische Prinzip
Die schwache Version wurde als »Argument aus Mangel an Vorstellungskraft« kritisiert für die Annahme, dass keine anderen Formen von Leben möglich seien. Darüberhinaus könnte es sein, dass der Bereich der Naturkonstanten, der die Evolution Kohlenstoff basierten Lebens zulässt, weitaus weniger Beschränkungen unterliegt, als behauptet worden ist (Stenger, "Timeless Reality"). Auch die starke Version wurde kritisiert als nicht wissenschaftlich prüfbar bzw. nicht falsifizierbar sowie als schlicht unnötig.
Verfechter der Hypothese des Intelligent Design (d. h. intelligente Planung hinter dem Universum) sehen Bestätigung durch das anthropische Prinzip. Andererseits wird die Existenz von Paralleluniversen aus anderen Gründen vorgeschlagen und das anthropische Prinzip verleiht dieser Theorie zusätzliche Unterstützung. Unter der Annahme, dass einige mögliche Universen in der Lage wären, intelligentes Leben hervorzubringen, muss es tatsächliche Universen geben, die dies tatsächlich tun, und unseres gehört offensichtlich zu ihnen.
1986 wurde das kontroverse Buch The Anthropic Cosmological Principle von John Barrow and Frank Tipler veröffentlicht. Darin ebnete Barrow, ein Kosmologe, dem, was er anthropisches Prinzip nannte, den Weg, um eine Form des Umgangs mit den schier unglaublichen Zufällen zu finden, die zu unserer Gegenwart in einem Universum führten, das perfekt auf unsere Existenz eingestellt scheint. Alles vom genauen Energiezustand des Elektrons bis hin zur Ausprägung der schwachen Wechselwirkung scheint maßgeschneidert, um unsere Existenz zuzulassen. Wir scheinen in einem Universum zu leben, das von einer Reihe unabhängiger Variablen abhängt, bei denen eine winzige Veränderung ausreichte, es unbewohnbar für jedwede Form von Leben zu machen. Und trotzdem existieren wir. Das anthropische Prinzip behauptet, der Grund warum wir hier seien und diese Fragen überhaupt erwägten, folge aus der Tatsache, dass genau die richtigen Werte für die Variablen vorlägen.
Brandon Carter stellte seine Ideen zum anthropischen Prinzip 1974 in einer Publikation der Internationale Astronomische Union (IAU) vor. Später, im Jahr 1983, behauptete er, dass das Prinzip in seiner ursprünglichen Form lediglich dazu dienen sollte, Astrophysiker und Kosmologen vor möglichen Fehlern bei der Interpretation von astronomischen und kosmologischen Daten zu warnen, falls biologische Randbedinungen des Beobachters nicht miteinbezogen würden. 1983 schloss er darüberhinaus eine Warnung ein, dass genau das Umgekehrte auch für Evolutionsbiologen gelte; Carter behauptete, dass bei der Interpretation der Evolutionsgeschichte gleichfalls astrophysikalische Beschränkungen des Prozesses zu beachten seien. Dies im Hinterkopf schloss Carter, dass die Evolutionskette aufgrund des zur Verfügung gestandenen Zeitintervalls vermutlich höchstens ein oder zwei hochgradig unwahrscheinliche Glieder enthalten könne. A. Feoli und S. Rampone (Is the Strong Anthropic Principle Too Weak, 1999) führten an, dass die geschätzte Größen unseres Universums und der Anzahl der Planeten darin eine höhere Grenze zuließen, und keinen Beweis für Intelligent Design in der Evolution lieferten.
Nick Bostrom fragte 2002: »Ist es möglich die Kerngedanken des Effekts der selektiven Wahrnehmung in einer einfachen Aussage zusammenzufassen?« Er schloss, dass es so sein könnte, aber dass »viele ›anthropische Prinzipien‹ einfach verworren sind. Manche, besonders jene, die ihre Inspiration von Brandon Carters grundlegenden Arbeiten beziehen, klingen vernünftig … aber sie sind zu schwach, um echte wissenschaftliche Arbeit zu leisten. Insbesondere behaupte ich, dass es die bestehende Methodologie nicht erlaubt, irgendwelche beobachtbaren Konsequenzen aus gegenwärtigen kosmologischen Theorien abzuleiten, ungeachtet dessen, dass diese Theorien recht einfach getestet werden können und auch empirisch durch Astronomen getestet werden. Was nötig ist, um diese methodologische Kluft zu überbrücken, ist eine adäquatere Feststellung, wie Effekte selektiver Wahrnehmung einbegezogen werden müssen.« Seine Ansicht zur Selbstbeobachtung (Self-Sampling Assumption) ist, »dass man von sich selbst denken sollte, als wäre man ein zufälliger Beobachter aus einer passenden Referenzklasse.« Dies erweitert er zu einem Modell von anthropischer Voreingenommenheit (anthropic bias) und anthropischem Schließen (anthropic reasoning) unter der Unsicherheit der Unbekanntheit des eigenen Platzes in unserem Universum – oder wer überhaupt »wir« sind. Das könnte auch ein Weg sein, um diverse durch kognitive Voreingenommenheit bestehende Grenzen zu überwinden, die inhärent in den Menschen vorhanden sind, die die Beobachtungen vornehmen und Modelle unseres Universums mittels Mathematik auszudrücken pflegen.
¹ Es wurde jedoch bereits früher angewandt, so schrieb z. B. 1957 R. H. Dicke: »Das ›momentane‹ Alter des Universums ist nicht zufällig, sondern wird bestimmt durch biologische Faktoren … [Veränderungen an den Werten fundamentaler physikalischer Konstanten] würden von vornherein die Existenz von Menschen ausschließen, die über das Problem nachdenken könnten.« (R. H. Dicke, Principle of Equivalence and Weak Interactions, Rev. Mod. Phys. 29, S. 355, 1957.)
Sogar noch frühere Darstellungen des Prinzips können in Alfred Russel Wallaces Buch Man's Place in the Universe gefunden werden, welches erstmals 1903 veröffentlicht wurde. Zum Beispiel: »Ein derart gewaltiges und komplexes Universum wie das, von dem wir wissen, dass es um uns herum existiert, könnte unbedingt notwendig sein … um eine Welt hervorzubringen, die genauestens an jedes Detail zur ordentlichen Entwicklung des im Menschen gipfelnden Lebens angepasst sein sollte.« (S. 256–257 in der Ausgabe von 1912).Das anthropische kosmologische Prinzip
Anthropische Voreingenommenheit und anthropisches Schließen
Siehe auch
Literatur
Weblinks
Fußnote