Anthologie
Eine Anthologie oder Blütenlese (griech., von anthos = Blume, legeïn = lesen, sammeln, sprechen) ist eine Sammlung ausgewählter Gedichte verschiedener Autoren, oder eine themenbezogene Zusammenstellung aus literarischen, musikalischen oder grafischen Werken. Eine Sonderform der Anthologie ist das Lesebuch.Der Begriff hat sich im 18. Jahrhundert allgemein für Sammlungen von Lyrik, Aphorismen, Erzählungen etc. durchgesetzt. Zusammenstellungen von Epigrammen gab es aber schon in der Antike. Im Hellenismus wurde "Anthologie" auch ein Titel für Gedichtsammlungen.
Table of contents |
2 Kurze Geschichte der Anthologien 3 Griechische bis "freie" Anthologie 4 Weblinks |
Anthologien mit Themenschwerpunkt
Während etwa die Frankfurter Anthologie der FAZ seit 1974 eine breitgestreute Auswahl und Interpretation von Lyrik gibt, sind andere
Anthologien meist einem bestimmten thematischen Schwerpunkt gewidmet. Dazu gibt es eine Reihe konkreter Möglichkeiten:
- Kunstwerke ähnlicher Gattung - z.B. Sprüche, Erzählungen, Kriminalromane, Kurzgeschichten, Reiseberichte, italienische Oper, Liebeslieder, fantastische Grafik, deutsche Märchen
- Autoren spezieller Epochen - etwa Erzähler des 20. Jahrhunderts, unbekannte Schweizer Autoren, späte Minnesänger, römische Geschichtsschreiber, Architekten des Jugendstils ...
- Werke oder Künstler bestimmter Regionen - z.B. persische Lyrik, französischer Impressionismus, Sagen aus Österreich, bulgarische Volkslieder
- Anthologien über Themen und Erlebnisse: Angst, Begegnung, Bilder der Kindheit, Eisenbahn, (verlorene) Heimat, orientalische Nächte, schwarzer Humor, Romantik, Sehnsucht, Traum, Science Fiction, das Buch von Weihnachten.
Kurze Geschichte der Anthologien
Erste Sammelwerke von Epigrammen gab es schon vor der Zeitenwende - etwa den "Kranz" des Philosophen und Dichters Meleagros von Gadera (70 v. Chr und des Philippos von Saloniki. Basierend auf ihnen und dem "Kyklos des Agathias" (etwa 560) schuf der byzantinische Theologe Konstantinos Kephalas um 900 eine in Kategorien geliederte Anthologie, die vielfach erweitert wurde. Der Heidelberger Codex Palatinus (lat. für Pfälzer Handschrift) gab ihr den Namen Anthologia Palatina.Ebenfalls in Byzanz editierte der Humanist Maximos Planudes um 1300 die Anthologia Planudea. Im Spätmittelalter entstanden Sammlungen lateinischer Alltagslyrik wie die Carmina Burana - eine Thematik, die 1573 der französische Altphilologe J.J. Scaliger fortsetzte. Durch Erasmus von Rotterdam erhielten Anthologien auch didanktische Funktionen, wie in der Sentenzensammlung Adagiorum Collectanea (1500). Nach 1700 erschienen unveröffentlichte Gedichte von Benjamin Neukirch, 1782 nannt Friedrich Schiller seine Gedichtsammlung Anthologie.
Die fantastische Literatur erhielt ihr Sammelwerk 1941 durch Jorge Luis Borges, vom Franzosen André Breton stammt die "Anthologie de l’Humor Noir (1937), von Walter Höllerer das "Lyrikbuch zur Jahrhundertmitte" (1956). Danach entstanden - mit zunehmendem Interesse und Wohlstand der leserschaft - verschiedenste Anthologien, von denen einige unten als Weblink angeführt sind.
Griechische bis "freie" Anthologie
Dass das griechische Synonym für "Blütenlese" den Wortstamm Logos
(?????) enthält, lässt vielfache Deutungen der hier behandelten künstlerischen Auswahlmethoden zu. Für antike Wissenschafter geht der "Logos" weit über die Bedeutung des o.e. legeïn hinaus - siehe bei Heraklit, Platon oder beim Johannes-Prolog: er kann außer Wort und Rede auch Gedanke und Begriff]] meinen, sowie Bericht, Beweis, Erklärung usw. Auch mit Gott und Universum wird der Logos gleichgesetzt.
Wenn nun Griechen oder spätere Eklektiker eine Auswahl der schönsten Blüten "vorlegen" (Blütenlese, Anthoi legein), so kann dies - auch ganz wörlich genommen - von Prosaischem und Liebesgedichten über sarkastische Sprüche und philosophische Aphorismen bis zur Deutung von Bildende Kunst reichen.
Durch das Internet bahnt sich hier eine eher banale Entwicklung an: zahlreiche Initiativen veranstalten Wettbewerbe für Hobby-Schriftsteller, und unter "Anthologie" zeigt jede Suchmaschine ein buntes literarisches Gemisch. So finden sich "Blüten"lesen, die von Gedichten und Geschichten nur einer Person künden.
Solider sehen die jährlichen Anthologien mehrerer Verlage aus (z.B. Kyrene Innsbruck, Frieling Berlin), die zwar auch zur freien Beteiligung einladen, aber nur die besten Beiträge ins Buch aufnehmen. In beiden Fällen werden die Beiträge meit in Kategorien wie Lyrik, Prosa, Krimi, Kurzgeschichten, Erotik, Satire usw. geordnet.
Siehe auch: Eugippius, Marcel Reich-Ranicki, Hellmuth Karasek, Stiftung Ludwig, Upton Sinclair usw.
Weblinks