Allgemeines Landrecht
Das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten (ALR) war ein Gesetzeswerk, das von Friedrich dem Großen erlassen wurde.
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2 Inhalt 3 Rechtsgeschichtliche Bedeutung 4 Rechtliche Fortentwicklung 5 Literatur 6 interne Links |
Die Wurzeln des ALR reichen zurück bis zu den Überlegungen Friedrich I ein einheitliches Recht zu schaffen. Diese grundlegende Reform wurde jedoch erst durch Friedrich II in Auftrag gegeben.
Maßgebliches Anliegen für die Entwicklung des Landrechtes war der Wunsch Friedrich II klares und gerechtes Recht zu haben. Friedrich war nachhaltig geprägt vom Müller-Arnold-Fall und nahm diesen als Anlass für eine umfassende Justiz- und Gesetzesreform. Besonders sollte die Macht der Juristen durch möglichst genauen Wortlaut begrenzt werden.
Zunächst hatte Friedrich der Große ein Kommentierungsverbot (Analogieverbot) verfügt mit dem Ziel, den "Rechtsmißbrauch" der Juristen zu beenden. Nur der Wortsinn durfte ausgelegt werden. Im Zweifel wurde eine eigens eingerichtete Kommission befragt, die jedoch aufgrund der häufigen Anfragen abgeschafft wurde, da dies die Rechtsprechung lähmte.
Das ALR sollte nun für jederman das Recht in verständlicher Form "nachlesbar" machen.
Mit Kabinettsorder vom 14. April 1780 wurde Großkanzler von Cramer mit der Ausarbeitung beauftragt, der die Arbeiten an dem Gesetzeswerk nach dem Willen des Königs nicht einer einzelnen Person übertrug.
Maßgeblich schlugen sich das Wirken Svarez (Zivilrecht) und Kleins (Strafrecht) im Entwurf nieder.
Das ALR wurde 1792 zunächst als "Allgemeines Gesetzbuch für die Preußischen Staaten" (AGB) fertiggestellt. Eine Überarbeitung erfolgte aufgrund der Ereignisse der französischen Revolution, wodurch die reaktionären und konservativen Eliten in Preußen ihre Bedenken gegen die freiheitliche Grundtendenz des Gesetzes durchsetzen konnnten: Viele freiheitlichen Rechte und vernunftrechtliche Bestimmungen wurden entfernt oder eingeschränkt (z.B. Wohlfahrt als Staatszweck). Das Gesetz trat so erst unter dem Nachfolger Friedrich Wilhelm III am 1. Juni 1794 in Kraft.
Das ALR ersetzte subsidiär geltende unterschiedliche Rechtsquellen wie z.B. das Römische Recht und das Sachsenrecht. Es galt ebenso nur subsidiär, d.h. es kam nur dann zur Anwendung, wenn die lokalen Rechtsquellen keine Regelung trafen. Es sorgte daher nicht für eine umfassende Rechtseinheit im Lande. Lediglich für Gebiete ohne eigene althergebrachte Rechtsquellen wurde ein umfassendes einheitliches Recht gesetzt, insbesondere in den ostelbischen Provinzen mit Ausnahme der Städte die auch hier häufig über eigene Rechtsquellen verfügten. Auch in der Rheinprovinz (wurde preußisch nach dem Wiener Kongress 1814) galt nicht das ALR sondern der eingedeutschte Code Civil, der sich im liberalen Bürgertum aufgrund der freiheitlichen Grundgedanken wie Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz, Eigentums-, Vertrags- und Testierfreiheit, Geschworenengerichte, usw. großer Beliebtheit erfreute.
Das ALR regelte das allgemeine Zivilrecht, Familien- und Erbrecht, Lehensrecht, Ständerecht, Gemeinderecht, Staatsrecht, Kirchenrecht, Polizeirecht, Strafrecht und Strafvollzugsrecht in über 19.000 Paragraphen. Jeder mögliche Fall sollte exakt geregelt sein.
Rechtspolitisch war die Einführung des ALR ein Fortschritt, auch wenn die feudale Ständeordnung im 19. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß war und immer mehr die wirtschaftliche Entwicklung des Landes bremste (siehe dazu Bauernbefreiung und Leibeigenschaft).
Vor allem der Vorrang des Naturrechts vor dem Römischen Recht war ein großer Fortschritt. Auch rechtspolitische Grundsätze wie nullum crimen sine lege oder dass der Staat dem Bürger sein Eingriffsrecht nachweisen muss, waren neu.
Insbesondere der Entwurf des AGB spiegelte eine veränderte Staatsauffassung von Staat und Recht wieder, die im Staatsdenken von Friedrich II. ihren Ursprung hatte. Jedoch beabsichtigte das Gesetz nicht eine konstitutionelle Einschränkung der Monarchie, sondern stellte lediglich ein Bekenntnis zur Selbstbeschränkung dar. Dieses wurde durch die Umarbeitung zum ALR abgeschwächt.
So war z.B. das Verbot von Machtsprüchen des Königs mit dem Ziel, der Willkür des Herrschers Grenzen zu setzen, im ALR nicht mehr enthalten.
Auch die Rechte des Adels wurden weiter gefestigt und die bestehende Sozialordnung wie z.B. der Zunftzwang beibehalten. Dadurch konservierte das ALR im Wirtschaftsleben bestehende Besitzstände.
Eine Rechtseinheit wurde für Preußen mit dem ALR nicht geschaffen. Erst mit dem StGB, den Reichsjustizgesetzen von 1877 (StPO, ZPO, KO) und dem BGB wurde eine umfassende Rechtseinheit geschaffen, die dann aber über den preußischen Staat hinaus eine einheitliche Rechtsordnung für das zweite Deutsche Kaiserreich darstellte.
Im heutigen Recht spielt das Allgemeine Landrecht durch die umfassende Kodifikation des Bürgerlichen Gesetzbuches u.a. keine Rolle mehr. Wiederbelebt wurde das Allgemeine Landrecht jedoch durch die Nassauskiesungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, das dem Bundesgerichtshof (BGH) aufgab, die Entschädigung beim enteignungsgleichen Eingriff nicht mehr auf Art. 14 GG zu stützen. Daraufhin stellte der BGH die Entschädigung auf den gewohnheitsrechtlich anerkannten Anspruch aus §§ 74, 75 der Einleitung zum allgemeinem Landrecht. Bis zum Erlass eines (verfassungsmäßigen) Staatshaftungsgesetzes wird dies weiterhin Grundlage sein.
Landesrechtlich gelten einzelne Vorschriften bis heute.
Siehe auch: 10 II 17 ALR.
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Rechtsgeschichtliche Bedeutung
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