Aliso
= Aliso =
Die Germanen haben im Gefolge der Varusschlacht sämtliche Kastelle bis auf eines erobert. Dieses Lager (Aliso) belagerten sie ohne Erfolg. Nur Frontinus berichtet - im Gegensatz zu Cass. Dio LVI 22,1 -, dass die aus der Niederlage des Varus Entronnenen belagert wurden (reliqui ex Variana clade) . Solange sich diese Festung hielt, konnten die Germanen weder den Rhein überschreiten noch in Gallien einfallen . Die zahlreichen Bogenschützen hielten die Germanen auf Distanz. Dabei erlitten die Germanen große Verluste. Von der Belagerungskunst selbst verstanden diese nichts. Im Lager hielten sich viele Unbewaffnete auf, darunter auch viele Frauen, Kinder und Sklaven. Die Germanen bewachten - in respektvollem Abstand vom Lager - die Zufuhrwege, um die eingeschlossene Besatzung von Lebensmittellieferungen abzuschneiden . Angesichts der heftigen Angriffe und des knappen Lebensmittelvorrates erschien die Situation hoffnungslos. Aber die Römer gaben die Sache nicht verloren! Der Kommandeur, der praefectus castrorum (und als solcher früherer Primipilar) L. Caedicius, war ein kriegserfahrener Mann.
Eine Gefahr bestand darin, dass die Germanen das Kastell in Brand setzen würden, indem sie das gesammelte Holz vor den Wall bringen und dann anzünden. Dies vereitelte Caedicius dadurch, dass er einen Mangel an Holz vortäuschte und seine Soldaten überallhin aussandte, um es zu stehlen. Dadurch erreichte er, dass die Germanen sämtliche Baumstämme wegschafften .
Die Eingeschlossenen führten einige germanische Gefangene zu den im Lager stehenden Kornspeichern und ließen sie dann anschließend frei, damit diese von den vermeintlichen Vorratsmengen berichten konnten. So erhielten die Germanen den Eindruck, die römischen Lebensmittelvorräte seien nahezu unerschöpflich. Eine Aushungerung durch Belagerung würde daher viel zu lange dauern .
Als die Germanen das Gerücht vernahmen, Tiberius rücke mit einem Entsatzheer heran, zogen sich viele von ihnen zurück. Die Römer nutzten ihre Chance, und schlugen sich mit dem Schwert in der Hand Richtung Rhein „...ad suos...“ durch. Zwei germanische Posten hatten die Legionäre bereits überlistet, als der von den die Römer begleitenden Zivilisten erzeugte Lärm den dritten warnte. Da die Germanen sich zu lange mit dem Raub der Beute aufgehalten hatten, gewannen die kräftigsten der Römer einen erheblichen Vorsprung. Mit dem Blasen der Trompeten täuschten die Römer das Herannahen ihres Entsatzheeres vor, so dass die Germanen die Verfolgung aufgaben. Wirklich ist Nonius Asprenas, der vom Ausbruch Kunde genommen hatte, wenig später vom „unteren Winterlager“ (Vetera ?) Richtung Aliso aufgebrochen, um seinen Leuten Beistand zu leisten.
Wenn auch die Glaubwürdigkeit einiger Details umstritten sein mag (Frontin. strateg. 4,7,8), fest steht, dass Aliso von den Römern erfolgreich verteidigt werden konnte. Das Lager brannte nicht!
Die Schwierigkeiten der Germanen bei dieser Belagerung erhöhen den Grad der Unwahrscheinlichkeit der Florusthese von der Eroberung von Varus´ „Sommerlager“.
Folgende Textstellen werden mit „Aliso“ in Verbindung gebracht:
Aliso ist der einzige Name eines augusteischen Kastells östlich des Rheins und nördlich des Mains (abgesehen von der Nordseeküste), der bekannt ist. Ob Tacitus noch ein anderes mit Namen gekannt hatte, muss offen bleiben.
Die Bezeichnung „Aliso“ selbst wird nur zweimal erwähnt:
1) Velleius berichtet, dass kurz nach der Varusschlacht der praefectus castrorum L. Caedicius mit seiner Besatzung in Aliso von einer gewaltigen germanischen Übermacht belagert wurde (II 120,4). Sie konnten sich aber zu ihren Kameraden durchschlagen.
2) Tacitus erzählt, dass Germanicus im Jahre 16 n. Chr. alles zwischen dem Kastell Aliso und dem Rhein durch neue Wege und Dämme befestigt hatte (Tac. ann. II 7,3). Ob dieses Kastell mit dem in Tac. ann. II 7,1 erwähnten Kastell an der Lippe identisch ist, kann sein, muss es aber keineswegs. Trifft letzteres zu, bräuchte Aliso nicht einmal an der Lippe gelegen zu haben.
Das Aliso-Problem stellt eines der meistbehandelten Fragenkomplexe der Themengebiete "Arminius" und "Varusschlacht" dar. Trotz vieler Aufsätze und Bücher ist eine endgültige Antwort bis jetzt noch ausgeblieben. Den bisherigen Forschungsstand fasst Ralf G. Jahn in seiner Doktorarbeit zusammen. Dort kommt er nach ausführlicher Diskussion unter Berücksichtigung aller Argumente zu dem Schluss, dass Aliso wahrscheinlich bei Haltern zu suchen ist. Die folgenden Fakten und Überlegungen sind seiner Arbeit entnommen.
Die gedrängte Darstellung bei Tacitus lässt zwar den Eindruck zu, als lägen das Kastell, der Altar und der Tumulus nahe beieinander, was bedeuten würde, dass auch der Ort der Varusschlacht in unmittelbarer Nähe gelegen hätte. Aber von der Sache her zwingt nichts dazu, diese drei Punkte als gleichsam nebeneinanderliegend zu betrachten. Zur Lage von Aliso lassen die Quellen keine konkreten Angaben zu; es ist nicht einmal sicher, dass dieses Kastell an der Lippe gelegen hat.
Ergebnis (nach Ralf G. Jahn):
1) Aliso war im Jahre 9 n. Chr. ein befestigtes Lager, in dem unter anderem Kornspeicher standen.
2) Legionäre und Auxiliare (Bogenschützen) bildeten die Besatzung, aber auch Frauen und vermutlich Kinder hielten sich im Lager auf.
3) Das Lager muss im Normalfall mindestens über eine Legion verfügt haben, da der Kommandant den Rang eines Praefectus castrorum bekleidete.
4) Die Belagerung scheint längere Zeit gedauert zu haben, da die Lebensmittelvorräte knapp wurden, und während dieser Zeit hat sich die Restbesatzung vermutlich in Ruhe auf den Ausbruch vorbereitet und Ordnungsmaßnahmen getroffen.
5) Heimlich hat die Besatzung Aliso geräumt, was umgekehrt bedeutet, dass die Germanen den Stützpunkt nicht regelmäßig erstürmt haben; eine Schlacht hat also in und um Aliso nicht stattgefunden. In jedem Fall wird man aber voraussetzen können, dass die Germanen Aliso anschließend geplündert und wohl auch niedergebrannt haben.
6) Die Bedeutung der Lippe als Einfallstraße der Römer in das Innere Germaniens legt es nahe, Aliso in der Nähe der Lippe anzunehmen, und zwar nicht allzu fern vom Rhein entfernt. Denn nur wenn Nonius Asprenas, der vom Rhein aus zu Hilfe kam, nachdem er vom Ausbruch der Belagerten gehört hatte, nach relativ kurzer Zeit zur Stelle war, hat der Rückzug gelingen können.
Cassius Dio nennt den Flussnamen „Elison“, der eine Namensähnlichkeit mit Aliso aufweist: Drusus legte im Jahre 11 v. Chr. am Zusammenfluss des Lupias und Elison einen Stützpunkt an. Der Flussname Elison wurde unterschiedlich gedeutet:
Bei Haltern passen die überlieferten Einzelheiten am ehesten, während die gleichfalls an der Lippe gelegenen Lager von Oberaden und Holsterhausen aus unterschiedlichen Gründen nicht Aliso sein können:
1) Oberaden ist 8/7 v. Chr. aufgegeben worden, nachdem die Hauptaufgabe des Lagers, das In-Schach-halten der Sugambrer, nach der Umsiedlung eines großen Teils des Stammes entfallen ist. Damit ist die PREIN-These von der Gleichsetzung Oberadens mit Aliso widerlegt.
2) Nach dem archäologischen Befund ist Holsterhausen als Marschlager angelegt worden, das nur „sehr kurze Zeit“ belegt war. Gegen eine längere Benutzung sprechen das Fehlen jeglicher Spuren einer Innenbebauung sowie das Nicht-vorhanden-sein einer Holz-Erde-Mauer. Die wenigen im Lagerbereich und in der näheren Umgebung des Lagers gefundenen Münzen lassen zwar an eine gleichzeitige Datierung mit Haltern denken, beweisen diese aber keineswegs.
Haltern hingegen weist eine Reihe jener Merkmale auf, die den Quellen für Aliso zu entnehmen sind :
1) Der archäologische Befund in Haltern lässt für das Hauptlager eine aus Legionsteilen und Auxilien gemischte Truppe erscheinen, die in offenbar gleicher Zusammensetzung über mindestens zehn, wenn nicht 15 Jahre dort stationiert war.
2) Die drei Materialhorte von Haltern, insbesondere die Geschützpfeilgrube, lassen auf Ordnungsarbeiten schließen, die die Legionäre getroffen haben, ehe das Lager den Germanen preisgegeben worden ist. „Man kann...aus den Materialhorten kaum eine plötzliche und chaotische Aufgabe von Haltern ableiten, sondern vielmehr einen mehr oder weniger geordneten Rückzug “. Das Hauptlager ist offensichtlich nicht im Sturmangriff erobert worden.
3) Maßnahmen zur Verteidigung gegen die Belagerung.
4) Haltern liegt in einiger Distanz vom Rhein (36 km), jedoch nicht so weit entfernt, dass der Ausbruchsversuch der eingeschlossenen Besatzung im Jahre 9 n. Chr. und der Durchbruch zum Rhein scheitern mussten.
5) Im Hauptlager sind Bogenschützen durch Pfeilspitzen und kleinere Schleudergeschosse aus Blei nachgewiesen.
6) Zumindest ein Speicherbau ist mit einiger Wahrscheinlichkeit im Hauptlager nachgewiesen.
Das Ende von Haltern wird allgemein in Zusammenhang mit der Varusniederlage des Jahres 9 n. Chr. in Verbindung gebracht. Für ein abruptes Ende des Halterner Hauptlagers könnten einige Versteckfunde aus dem Hauptlager und die Skelettfunde im Töpfereiquartier sprechen. Die eigentliche Begründung des Enddatums vom römischen Haltern fußt letztlich auf der Tatsache, dass Münzen aus der frühen Regierungszeit des Tiberius dort bisher nicht gefunden wurden. Keine einzige der circa 3.000 Münzen weist über das Jahr 9 hinaus. Dieses Argument wird dadurch relativiert, dass der Archäologie von den Germanicus-Feldzügen ebenfalls keine frühtiberischen Prägungen vorliegen.
Nach dem derzeitigen Forschungsstand kann von seiten der Archäologie eine kurze Wiederbelegung von Haltern zur Zeit der Germanicusfeldzüge zumindest nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Darauf könnte auch der Bleideckel einer Medizindose hinweisen, die ein Archäologe in Haltern gefunden hatte. Er trägt die Inschrift EX RADICE BRI-TAN(N)ICA . Diese „Britannische Wurzel“, eine Ampferart aus dem Nordseeküstenbereich, wurde von Plinius d. Ä. erstmals anlässlich der Germanicus-Feldzüge erwähnt. Da es heutzutage archäologisch und numismatisch keine eindeutige Unterscheidung zwischen dem „Haltern-Horizont“ und einem hypothetisch angenommenen „Germanicus-Horizont“ gibt (die gleiche Terra Sigillata, „coin-drift“-Problem), ist eine Datierung Halterns bis in die Zeit des Germanicus zwar nicht wahrscheinlich, aber theoretisch möglich. Damit gewinnt auch der Fund des obenerwähnten Bleideckels an Brisanz.
Siegmar von SCHNURBEIN, langjähriger Leiter der Ausgrabungen von Haltern, vermutet, „daß Germanicus Aliso nicht exakt an gleicher Stelle wiedererrichtet hat, sondern daß er an einem unbefleckten Platz in der Nähe den Nachfolge-Stützpunkt zum Aliso des Jahres 9 aufbauen ließ...Obgleich ich bislang stets abgelehnt habe, Haltern mit Aliso zu identifizieren, spricht also doch manches für eine Gleichsetzung; letzte Sicherheit wird man in dieser Frage jedoch kaum erlangen“. Beim jetzigen Stand der Forschung ist weder zu beweisen noch zu widerlegen, dass Haltern und Aliso identisch sind. So wie es zwei Lager mit dem Namen Vetera gegeben hat (Vetera I und II), so könnte es nach der Auffassung von Ralf G. JAHN auch zwei verschiedene „Alisos“ gegeben haben. Auch LEHMANN hält die Wiederbegründung einer starken Lagerfestung an der Lippe mit dem traditionsreichen Namen „Aliso“ für möglich. Schließlich war im Gegensatz zur Numerierung der Varuslegionen der Name ja nicht negativ vorbelastet. Auch nach R. WIEGELS ist der Gedanke der Übertragung des Namens Aliso auf ein – bislang im übrigen unbekanntes - Lager in der Nähe von Haltern eine theoretische Möglichkeit, zumal in den Quellen jeder Hinweis darauf fehlt, dass das im Jahr 16 n. Chr. belagerte Kastell erst von Germanicus angelegt wurde.
Beim jetzigen Stand der Forschung ist es nicht auszuschließen, dass das 1997 neuentdeckte "Ostlager" das Aliso des Germanicus gewesen sein könnte.
Aliso ist wahrscheinlich bei Haltern an der unteren Lippe zu suchen. Nach dem jetzigen Stand der Forschung ist es aber auch nicht ausgeschlossen, dass das augusteische Lager bei Anreppen Aliso gewesen sein kann. Dabei ist zu beachten, dass ein wirklich sicheres Schlussdatum bislang wohl für die ausgegrabenen Anlagen in Haltern (9 n. Chr.), nicht dagegen für das Lager von Anreppen vorliegt. Nach den neuesten numismatischen Forschungsergebnissen ist aber eine eindeutige Unterscheidung zwischen dem „Haltern-Horizont“ und einem hypothetisch angenommenen „Germanicus-Horizont“ nicht möglich. So ist eine Datierung Halterns bis in die Zeit des Germanicus zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber auch nicht ausgeschlossen.
Das Jahr 7 v.Chr. schien die Erfolge der Drususoffensive zu bestätigen; nach vierjährigem Kampf war erstmals Frieden eingekehrt. Eventuell fällt in dieses Jahr (oder etwas später) als einzige nennenswerte Maßnahme auf rechtsrheinischem Gebiet die Errichtung des Lippelagers Haltern, etwa zwei Tagesmärsche vom Rhein entfernt. An den Plätzen Haltern und Anreppen (zumindest phasenweise mit Haltern zeitgleich) haben als Stammbesetzung wie in zeitweiliger Belegung durchgehend wohl nur Vexillationseinheiten zusammen mit Auxiliarverbänden gestanden, schwerlich eine ganze Legion als reguläre Garnisonstruppe.
Die Gründung des Hauptlagers von Haltern erfolgte erst einige Jahre nach der Auflassung des Lagers Oberaden. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass das Hauptlager von Haltern erst um Christi Geburt erbaut worden ist. Die weit über den normalen Bedarf hinausgehende Zahl an Wohn- und Dienstgebäuden für hochrangige Offiziere lassen für das Hauptlager eine Funktion vermuten, die schwerpunktmäßig im Bereich der Militärverwaltung vermutet werden darf. Ist diese Annahme richtig, dann befand sich in Haltern im ersten Jahrzehnt nach Christi Geburt die vorgelagerte militärische Schaltstelle, die die verwaltungsrechtlichen Vorkehrungen für die Provinzialisierung der eroberten rechtsrheinischen Gebiete betrieb. Unmittelbar nach der Varusschlacht endete der Militärstützpunkt Haltern. Eine Wiederbesetzung des Platzes während der Feldzüge des Germanicus (14-16 n. Chr.) muss nach den bislang bekannten archäologischen und numismatischen Fakten ausgeschlossen werden.
1) „Feldlager“: Größe etwa 34,5 ha mit unregelmäßigem Umriss, Graben und wohl einfachem Erdwall, keine Innenbauten, wird zum Teil vom „Hauptlager“ überdeckt.
2) „Hauptlager“: Anlage von 16,7 ha mit unregelmäßigem Umriss, später auf 18,3 ha erweitert, Doppelgraben, Holz-Erde-Mauer, vier Toranlagen und im Innern wohl vollständig be-baut, reichhaltiges Fundmaterial der Zeit von circa 8 v. Chr. bis 9 n. Chr. (Münzen).
Das Legionslager Haltern hatte einen annähernd rechteckigen Umriss mit abgerundeten Ecken und umschloss eine Fläche von 18 ha. Nachträglich wurde es im Osten um 50 m erweitert und damit um zwei Hektar vergrößert. Die hölzernen Innenbauten sind einem Brand zum Opfer gefallen, der wohl mit der Varusniederlage (9 n.Chr.) zusammenhängt. Zu dieser Zeit hatten die Bauwerke bereits Reperaturen und Umbauten erfahren. Das Legionslager Haltern ist das älteste uns bekannte römische Militärlager, das vollständig mit solide gabauten, präzise geplanten Innenbauten versehen war. Sie unterschieden sich grundlegend von den gleichzeitigen hibernacula. Die solidere Bauweise kann als äußerer Ausdruck dafür angesehen werden, dass sich die römische Armee zu einem Berufsheer gewandelt hatte; die Heeresreform des Augustus hatte den Vorgang der Professionalisierung des Militärs zum Abschluss gebracht.
Hafenkastell und Kriegshafen. Die letzte Periode umfasste eine Uferlinie von 185 m Länge innerhalb des Kastells. Die wichtigste Bebauung besteht aus einem Komplex von Schiffshäusern. Innerhalb der Hofestatt waren die Ruderer und Segler auf der einen Seite und die (Schiffs-) Kämpfer auf der anderen Seite räumlich getrennt.
Güterhafen. Zahlreiche augusteische Funde, viel verkohltes Getreide:
Etwa dreieckige Anlage auf der Kuppe des Berges 2,5 km westlich der Stadt Haltern. Rund sieben Hektar Flächeninhalt. Spitzgraben bis zu 2,50 m breit, dahinter Palisade mit Türmen. Zwei Tore. Der gesamte Befund ist heute schwer verständlich, der Zweck dieser Anlage unbekannt.
In Dorsten-Holsterhausen befand sich ein mehrfach benutztes Marschlager von circa 900 x 550 m Größe (rund 50 ha) aus den Germanenkriegen zwischen 12 v. Chr. und 16 n. Chr., das nur sehr kurz belegt war. Augrund des geringen Fundanfalls ist diese Anlage nur allgemein in diesen zeitlichen Zusammenhang einzuordnen. 18 km westlich von Haltern am nördlichen Lippeufer auf flacher Erhebung gelegen; unregelmäßiger Umriss, einfacher Spitzgraben (vier Meter breit), drei Tore, keine Innenbauten; keine Holz-Erde-Mauer, nur sehr geringe Funde. Die wenigen Münzfunde lassen zwar eine gleichzeitige Datierung mit Haltern denken, beweisen diese aber keineswegs. Holsterhausen war vermutlich ein mit Wall und Graben befestigtes Lager, in dem das römische Militär in Zelten untergebracht war. Die Größe des Lagers bot ausreichend Platz für mindestens eine Legion und weitere Auxiliarverbände.
Bergkamen-Oberaden ist das älteste Lippelager von 54 ha Größe südlich der Lippe, unregelmäßiger Umriss (etwa 840 x 680 m), Spitzgraben (vier bis sechs Meter breit, drei Meter tief), Holz-Erde-Mauer (2,60-3,10 m breit), vier Tore, wenige Innenbauten, enorme Dimensionen des Stabsgebäudes (2.420 qm), extreme Fundarmut, gut erhaltene Holzfunde (gut geeignet für dendrochronologische Datierung), bislang ältestes Lager aus der Zeit der Germanenkriege (11-9/8 v. Chr.).
Es hatte eine Umwehrung mit polygonalem Grundriss, die eine Fläche von 54 ha einschloss. Ohne Zweifel spricht sich darin die große Bedeutung dieses Lagers als Standquartier des Drusus aus sowie die Tatsache, dass hier nicht eine, sondern mindestens zwei Legionen untergebracht waren, dazu einige Hilfstruppen, die charakteristischen Funden zufolge wohl aus Thrakien und Kleinasien stammten. Das Lager dürfte im Spätsommer des Jahres 11 v. Chr. errichtet (Fälldatum der insgesamt etwa 9.000 - 25.000 Eichenstämme, die in saftfrischem Zustand verbaut wurden) und gegen Ende des Jahres 8 v. Chr. aufgegeben worden sein. Ähnlich wie das Lager Dangstetten hat es nur wenige Jahre bestanden.
Für die Geschichte des römischen Lagerbaus ist es recht interessant. Die Römer bauten ähnlich wie in Dangstetten zunächst nur leichte, provisorische Unterkünfte (hibernacula), die nur geringe Spuren im Boden hinterließen. Als das Lager aufgegeben wurde, war die Besatzung gerade dabei, diese durch solide und präzise gebaute, dauerhafte Mannschaftsbaracken aus Holz zu ersetzen. Einige dieser Baracken waren schon fertig, bei anderen waren nur die Centurionenquartiere erneuert worden.
Neben Legionssoldaten waren auch Auxiliarverbände thrakischer und kleinasiatischer Herkunft stationiert. Ausgehend von dem erheblichen Flächenmaß des Lagers und der baulichen Disposition der principia (10.535 qm) wird man eine zeitweilige Belegungsstärke von mindestens zwei Legionen annehmen dürfen. Der Bau erfolgte durch Drusus als Bollwerk im Stammesgebiet der Sugambrer am Zusammenfluss von Lippe und Elison, um sich vor ihnen zu schützen (Cass. Dio LIV 33,4). Als Tiberius im Jahr 8 v. Chr. 40.000 Sugambrer an den Niederrhein deportieren ließ, verlor Oberaden seine Funktion. Das Lager wurde daraufhin um 8/7 v. Chr. von seinen Bewohnern planmäßig geräumt (Vergiftung der Brunnen durch Tierkadaver, Fäkalien und Küchenabfälle, Inbrandsetzen des Lagers).
2,5 km westlich von Oberaden lag unmittelbar auf dem südlichen Hochufer der Lippe direkt am Fluss das so genannte Uferkastell Lünen-Beckinghausen, wo möglicherweise damals ein Legionsdetachement oder eine Auxiliareinheit zur Sicherung des auf der Lippe transportierten Nachschubs stationiert war. Als Sicherung im Sugambrergebiet bestand das kleine Kastell (angelegt zwischen 13/11 und 9/8 v. Chr.) eventuell noch einige Zeit nach der Auflassung von Oberaden weiter. Die ovale Anlage von Beckinghausen umfasste nur 1,6 ha (ca. 190 x 95 m) und wies drei Spitzgräben auf, dahinter eine Holz-Erde-Mauer (drei Meter breit) mit einem Tor im Westen. Seine Innenbauten sind nicht erforscht; es ist auch nicht sicher, ob es gleichzeitig mit dem großen Lager (Oberaden) bestanden hat. Münzen und Keramik scheinen aber zu belegen, dass Legionslager Oberaden und Uferkastell Beckinghausen zusammengehörten und gleichzeitig bestanden hatten.Die Belagerung von Aliso
Das Aliso-Problem
Aber es steht keineswegs fest, dass alle diese Stellen auch wirklich denselben Ort meinen. Bis jetzt sind nicht weniger als vier Kastelle an der Lippe bekannt (Holsterhausen , Haltern , Oberaden und Anreppen ) und weitere könnten eines Tages entdeckt werden. Die römischen Einzelfunde von Antrup, Kreis Recklinghausen, unweit von Haltern, und Seppenrade, ehemals Kreis Lüdinghausen, rund 15 km östlich von Haltern, sind schwierig zu beurteilen. Die dort gefundenen Münzen aus augusteischer Zeit könnten entweder für die Anwesenheit römischer Soldaten an diesen Orten oder aber für das Vorhandensein aus Haltern verschleppter Funde sprechen.Elison
Die letztere Meinung hat sich durchgesetzt. Denn jüngste dendrochronologische Untersuchungen haben das absolute Gründungsdatum des Lagers Oberaden gesichert. Bei der Errichtung der Holz-Erde-Mauer wurden in saftfrischem Zustand Eichenstämme verbaut, die im Spätsommer des Jahres 11 v. Chr. gefällt worden sind. Diese Datierung steht im besten Einklang mit dem von Cassius Dio genannten Lagerbau im Stammesgebiet der Sugambrer.Oberaden und Holsterhausen können nicht Aliso sein
Ist Haltern Aliso?
Fazit (nach Ralf G. Jahn)
Die römischen Lager an der Lippe
Haltern
Haltern-Hofestatt
Wiegel
Annaberg
Holsterhausen
Oberaden
Beckinghausen