Aderlass
Der Aderlass\ (Blutentnahme) ist ein seit in der Antike bis ins 19. Jahrhundert bekanntes und verbreitet angwendetes Heilverfahren. Beim Aderlass wird dem Patienten eine teilweise nicht unerhebliche Menge Blutes entnommen. Heute wird dem Aderlass nur noch bei wenigen Krankheitsbildern eine positive Wirkung zugeschrieben, so dass er weitgehend aus dem medizinischen Alltag verschwunden ist.Die verbreitete Entnahme geringer Blutmengen zu Untersuchungszwecken wird nur umgangssprachlich als Aderlass bezeichnet.
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2 Methoden 3 Nachgewiesene Wirkungen |
Der Aderlass war seit der Zeit des Hippokrates bekannt, und wurde auch von Galen befürwortet, nachdem dieser entdeckte, dass die Adern mit Blut gefüllt waren, und nicht mit Luft, wie vielfach angenommen wurde.
Der Nutzen des Aderlass wurde aus zwei Vorstellungen begründet:
Zum einen wurde angenommen, das Blut werde vom Körper hergestellt und dann verbraucht; die Zirkulation durch das Herz war unbekannt.
Wenn das hergestellte Blut nun nicht 'verbraucht' wurde, konnte es in den Gliedern stagnieren und musste entfernt werden.
Zum anderen wurden Krankheiten des Menschen auf ein Ungleichgewicht seiner vier Säfte (Blut, gelbe Galle, schwarze Galle, Schleim, siehe Viersäftelehre) zurückgeführt. Durch Ableiten überschüssigen Blutes konnte nach dieser Vorstellung das Gleichgewicht wiederhergestellt werden.
Galen glaubte, Blut sei der dominante Saft, und müsse besonders kontrolliert werden.
Er stellte ein umfassendes System auf, das die Menge des zu entnehmenden Blutes aus dem Alter des Patienten, seinem Zustand sowie Jahreszeit und Wetterbedingungen ableitete.
Auch in der islamischen Medizin war der Aderlass bekannt.
Wahrscheinlich war er durch die griechischen Autoren dort bekannt geworden.
Die historisch wichtigen medizinischen Schriften Kitab al-Qanum und insbesondere Al-Tasrif li-man 'ajaza 'an al-ta'lif empfehlen den Aderlass.
Die Ayurvedische Medizin kannte den Aderlass ebenfalls, wie in der Susrata Samhita dargestellt ist.
Obwohl im Mittelalter die Viersäftelehre als überholt galt, war der Aderlass eine typische Heilpraktik des Baders.
Eine weite Palette von Krankheiten wurden durch den Aderlass behandelt; man kann fast von einer universellen Methode sprechen.
Insbesondere in den USA favorisierte Benjamin Rush ein extensives Aderlassen.
George Washington wurde nach einem Reitunfall mehr als 1.5 Liter Blut entnommen; dieser Verlust kann zu seinem Tode beigetragen haben.
Auch nachdem William Harvey im Jahre 1628 die Grundlagen des Aderlasses widerlegt hatte und erste Schritte zu einer auf wissenschaftlichen Methoden basierenden Medizin gemacht waren (la méthode numérique), blieb der Aderlass eine verbreitet Behandlungsmethode.
Der Nachweis Pierre Louis um 1800, dass der Aderlass bei einer Lungenentzündung und bei vielen Fiebererkrankungen unwirksam sei, hatte ebenfalls kaum Einfluss auf die allgemeine Anwendung.
Ein Grund für die verbreitete Anwendung des Aderlasses war das unzureichende Verständnis von Krankheitsursachen, trotz bedeutender Fortschritte in der Anatomie und in Operationsmethoden.
Es wurde angenommen, es sei besser, irgendetwas zu tun, als nichts zu tun.
Teilweise wird der Aderlass auch eine positive psychologische Wirkung gehabt haben (Placebo-Effekt).
Der Bader des Mittelalters verwendete Aderlass-Messer, so genannte Flieten oder ab dem 15. Jahrhundert ein Gerät, dessen spezielles Messer nach dem Anritzen der Ader zurückschnappt, den Schnepper.
Heutzutage wird Venenblut mit einer Flügelkanüle abgenommen.
Die Menge des abgenommenen Blutes liegt zwischen 50 und 150 ml.
Eine weitere Methode des Aderlasses ist der Einsatz von Blutegeln. Die spezielle Zusammensetzung des Speichels des Blutegels verhindert die Gerinnung des Blutes und die beste Ausleitung.
Eine andere Methode der Blutentziehung war das Schröpfen.
Eine direkte Folge eines Aderlasses ist die schnelle Senkung des Blutdrucks (Volumenaderlass).
Dies kann bei einem Herz- oder Schlaganfall sinnvoll sein.
Daneben vermutet man, das nach Entnahme „schlechten“ Blutes durch die Selbstreinigungskraft des Körpers neues „gutes“ Blut gebildet wird (Stoffwechseladerlass).
Deshalb wird der Aderlass bei verschiedenen Stoffwechselerkrankungen wie Gicht angewandt.Geschichte
Methoden
Nachgewiesene Wirkungen